Dass die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Professionen im Gesundheitswesen weiter verbessert werden muss, zeigen zahlreiche Studien, die belegen: Sowohl ein beträchtlicher Anteil von Todesfällen im Krankenhaus als auch rund 20% der berichteten kritischen Fehler (CIRS) sind auf Kommunikationsprobleme zurückzuführen. Das vorliegende Literaturreview widmete sich diesem Thema und stellte folgende Forschungsfragen: „Welche Herausforderungen und Chancen bestehen im interprofessionellen Dialog zwischen pflegerischen und ärztlichen Kollegen im Krankenhaus?“ und „Welche Auswirkungen hat der interprofessionelle Dialog auf die Patientensicherheit?“. Für die Untersuchung generierten die beiden Autorinnen 13 Suchbegriffe, mit denen sie in verschiedenen Kombinationen die drei Datenbanken pubmed, cinahl und cochrane durchsuchten. Eingeschlossen wurden Studien in englischer und deutscher Sprache seit 2012, die sich mit dem interprofessionellen Dialog zwischen Pflegenden und Ärzten auseinandergesetzt hatten. Durch einige Ausschlusskriterien wurden schließlich 18 Volltexte in die Literaturstudie eingeschlossen (vier quantitative, sechs qualitative Studien, zwei Studien im Mixed Methods Design, ein integratives Review und fünf narrative Reviews) — mit folgenden Ergebnissen:

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Gespräche auf Augenhöhe sind in einem interprofessionellen Team entscheidend für die Zufriedenheit der Mitarbeiter.

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Zu Frustrationen zwischen den Berufsgruppen führt unter anderem, dass Pflegende in der Ausbildung lernen, ausführlich zu beschreiben, was sie beobachten, während angehende Ärzte lernen, wie sie kurz und prägnant Informationen weitergeben. In der ärztlichen Literatur wird die unklare Auftragslage vonseiten der Pflegenden bei gleichzeitig hoher Arbeitsdichte kritisiert. Pflegende hingegen beklagen vor allem mangelnden Respekt gegenüber ihrer Arbeit. Weitere Barrieren sind die Hierarchie zwischen beiden Professionen und die historische Entwicklung der Zusammenarbeit. Pflegende haben in der Vergangenheit in einer untergeordneten Position gearbeitet. Das führte zu fehlendem Vertrauen der Profession Pflege in sich selbst und ebenso zu einem mangelnden Vertrauen vonseiten des ärztlichen Fachpersonals in die Kompetenzen der Pflegenden. Störendes Verhalten bezüglich der Kommunikation ist auf beiden Seiten zu finden. Zu den am häufigsten genannten Faktoren gehören Schreien, respektlose Interaktion und eine abfällige Sprache.

Die Autorinnen zitierten außerdem eine Studie, in der berichtet wird, dass akademisierte Pflegende aus Sicht des Pflegeteams die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Berufsgruppen im Krankenhaus positiv beeinflussen. Unumstritten sind die Notwendigkeit interprofessioneller Kommunikationsschulungen und der Hierarchieabbau zur Steigerung der effektiven Interprofessionalität.

Abschließend wurden für einige Ausnahmesituationen wie Notfallsituationen zwei Instrumente vorgestellt — zum einen das „Rapid-Response-System“ und zum anderen das „Time out for patient safety“ — die in kritischen Situationen deeskalierend wirken sollen und eine sehr strukturierte Maßnahme zur Patientensicherung sind.

Kommentar

Die Studie ist sowohl transparent als auch nachvollziehbar geschrieben. Limitationen sind allerdings die kleine Auswahl an Datenbanken, die Tatsache, dass nur Studien der letzten fünf Jahre verwendet wurden, und die vielen Ausschlusskriterien, so dass letztlich nur 18 Volltexte in diese Literaturstudie eingeschlossen wurden. Trotzdem ist die wissenschaftliche Arbeitsweise von einer hohen Qualität geprägt.

Interprofessionelle Kommunikationsschulungen und Hierarchieabbau, wie es die Autorinnen empfehlen, sind zwar durchaus wünschenswert — in der aktuellen Lage (Pflegenotstand, Ärztemangel, Zeitdruck) aber wohl eher Wunschdenken als umsetzbare Vorschläge. Daher ist es wahrscheinlich einfacher, sich innovative Ausbildungsstrukturen in der Pflege und der Medizin einmal genauer anzuschauen. So gibt es bereits Kooperationen zwischen Ausbildungsstätten für Pflegende und medizinischen Fakultäten für gemeinsame (Lehr-)Module. Solche Programme unterstützen den Hierachieabbau und fördern den gegenseitigen Respekt voreinander. Auch eine höhere Anzahl von akademisierten Pflegekräften, die nicht nur die Kommunikation im Krankenhaus positiv beeinflusst, sondern auch zu einer höheren Pflegequalität beiträgt, sollte unbedingt angestrebt werden.

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Oliver Ludwig