_ Während der Ausbildung hatten wir ein Sterbeseminar, dass uns bei der Verarbeitung von Todeserfahrungen helfen sollte. Wir haben gelernt, wie man die Patienten im Sterbeprozess begleitet und die Angehörigen unterstützt. Außerdem haben wir Phasen und Modelle, über den Umgang mit dem Tod eines versorgten Patienten, behandelt. Weiter wurde uns erklärt, wie sich die verschiedener Kulturen und Religionen mit dem Tod auseinandersetzen. Es ging darum zu verstehen, wie unterschiedlich sich der Prozess des Sterbens abspielen kann.

Wie wir selbst mit dem Tod umgehen sollen, hat uns keiner gesagt. Gerade auf geriatrischen, onkologischen, palliativen und intensivmedizinischen Stationen werden wir häufig mit sterbenden Menschen konfrontiert. Jeder geht damit anders um. Bei uns auf der Station herrscht der Aberglaube, dass immer drei, sechs oder neun Patienten nacheinander sterben. Wie verhalte ich mich als Pflegekraft am Sterbebett, wenn keine Angehörigen vor Ort sind? Eine Kollegin von mir bleibt immer beim Patienten und hält seine Hand, wenn er verstirbt. Sie vertritt die Meinung, dass kein Mensch allein sterben sollte. Wenn es vorbei ist, muss sie meistens weinen. Ich bin kein Typ, der Tränen vergießt. Für meine Patienten scheint der Tod oft eine Erlösung nach langem Leiden zu sein. Trotzdem nimmt die Verarbeitung Kraft in Anspruch. Schwierig wird es für mich dann, wenn Patienten unerwartet oder einfach viel zu früh versterben. Gerade in den letzten Wochen hatten wir besonders viele Todesfälle und ich konnte die Gesichter und Namen der Patienten nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Auch nach der Arbeit konnte ich diese Gedanken nicht verdrängen. Wie geht man damit um? Mir persönlich hat Sport an der frischen Luft ungemein geholfen. Inzwischen gehe ich regelmäßig joggen oder Inliner fahren, um den Kopf frei zu bekommen und von der Arbeit abzuschalten. Oft ziehe ich mir sogar direkt nach dem Nachtdienst Laufschuhe an und renne los. Danach geht es mir besser.

Ich denke, jeder muss für sich selbst einen Weg finden, um den Tod zu verarbeiten. Ob man nun weint, Sport treibt oder darüber spricht. Generell kann ich sagen, dass für mich die meisten Tipps gegen Stress auch gegen Bilder oder Namen im Kopf geholfen haben.

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