Mechanisch fixiert werden Patienten etwa, um sie daran zu hindern, Beatmungsschläuche oder Infusionen herauszuziehen. Dabei versagen solche Zwangsmaßnahmen — wie Studien belegen — in diesem Punkt meist kläglich und gefährden darüber hinaus die physische und psychische Gesundheit der Patienten. Trotzdem ist die Fixierung Alltag auf Intensivstationen, wie die aktuelle SLEAP-Studie für Amerika und Kanada ergab. Demnach wurden 328 der 430 künstlich beatmeten Patienten mindestens einmal im Durchschnitt für vier Tage fixiert. Dabei machte es keinen Unterschied, ob die protokollierte Sedierung der Patienten einmal am Tag unterbrochen worden war oder nicht. 16% der Patienten blieben sogar nach der Extubation angebunden. Die Intensivmedizinerin Louise Rose vom Sunnybrook Health Sciences Centre in Toronto und ihre Kollegen nahmen das Ergebnis zum Anlass, um in den Daten der SLEAP-Studie nach Faktoren zu fahnden, die mit Zwangsmaßnahmen während einer künstlichen Beatmung im Zusammenhang stehen.

Nacht- oder Tagschicht hatten demnach keinen Einfluss, ebenso wenig das Sedierungsregime. Die fixierten Patienten waren aber im Durchschnitt weniger schwer erkrankt als die nicht fixierten (APACHE-II-Score 23 vs. 28, p < 0,001) und waren seltener komatös (25% vs. 58%, p < 0,001). Entsprechend bekamen fixierte Patienten deutlich mehr Sedativa: So waren nicht nur die durchschnittlichen Benzodiazepin- und Opioiddosen pro Tag höher (105 mg vs. 41 mg Midazolam-Äquivalent, p < 0,0001, bzw. 1524 μg vs. 919 μg Fentanyl-Äquivalent, p < 0,0001), auch die Medikationsdauer war länger (Benzodiazepin-Infusionen an sechs vs. vier Tagen, p < 0,0001; Opioid-Infusionen an seiben vs. fünf Tagen, p < 0,02). Außerdem registrierten die Studienautoren im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen mehr Benzodiazepin-Bolusinjektionen pro Tag (0,2 vs. 0,1, p < 0,0001) sowie einen häufigeren Einsatz von Haloperidol (23% vs. 12% der Patienten, p = 0,02) und atypischen Antipsychotika (17% vs. 4%, p = 0,003). Bei mechanisch fixierten Patienten kam es öfter, insgesamt 142-mal, zum unabsichtlichen Entfernen medizinischer Gerätschaften. Bemerkenswert war dabei, dass in 117 Fällen die Patienten bereits am Bett festgebunden waren.

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Ohne Grund zu oft fixiert?

© Oliver Berg / dpa/Inw

Zwangsmaßnahmen seien bei künstlich beatmeten Patienten offenbar gängige Praxis, unabhängig vom Sedierungsregime, resümieren die Studienautoren. Dabei gebe es weder Patientencharakteristika noch therapiebedingte Faktoren, die sich mit Zwangsmaßnahmen im Zusammenhang bringen lassen. Die lange Fixationsdauer und die am Tag und in der Nacht gleichen Anwendungsmuster lassen die Studienautoren allerdings die Vermutung anstellen, dass künstlich beatmete Patienten oftmals unnötigerweise mechanisch fixiert werden.