Liebe Leserinnen und Leser,

„primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare“ (deutsch: „erstens nicht schaden, zweitens vorsichtig sein, drittens heilen“) ist ein zentraler Grundsatz der hippokratischen Tradition und definiert das „Grundgesetz“ für das ethisch-moralische ärztliche Handeln. Der schonende Zugang zu Körperhöhlen und die Möglichkeit von Operationen über kleine Trokarinzisionen entsprechen den hippokratischen Grundsätzen, woraus die Pflicht erwächst, dies auch zu tun!

„Primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare“ definiert das ethisch-moralische ärztliche Handeln

Während in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorwiegend diagnostische Laparoskopien, ggf. mit Biopsien, erfolgten, war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg von der Transformation in die operative Laparoskopie geprägt. Wichtige technische Entwicklungen gab es in den 1960er Jahren mit der Einführung der Stablinsenoptik durch John Hopkins und die Entwicklung einer Kaltlichtquelle in Kooperation mit der Fa. Karl Storz. Kurt Semm, Gynäkologe und Ordinarius in Kiel, war zweifellos der Pionier der modernen operativen Laparoskopie. Ihm haben wir eine Reihe von technischen Entwicklungen zu verdanken, aber auch die Einführung von Schulungsangeboten in Form des Pelvitrainers. Ibrahim Alkatout hat diese Historie sehr eindrucksvoll zusammengefasst.

Ebenso wie Kurt Semm hat Gerhard Bueß die Notwendigkeit einer Trainingsmöglichkeit bei der von ihm im Jahr 1985 vorgestellten transanalen endoskopischen Mikrochirurgie (TEM) erkannt. In vielen nationalen und internationalen Schulungskursen hat er mit seinen Kolleginnen und Kollegen die TEM-Technik adäquat und vorbildlich implementiert. Die TEM-Historie und die TEM-Kurs-Organisation werden von den Autoren Manncke und Mailänder/Kunert beschrieben.

Martin Hatzinger aus Mannheim beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit den historischen Entwicklungen der urologischen Laparoskopie. Eindrucksvoll beschreibt er die Stationen der minimal-invasiven urologischen Operationsgebiete einschließlich der Weiterentwicklung zur robotischen Laparoskopie.

Der durch das Standardwerk „Operationsatlas Laparoskopische Chirurgie“ wohlbekannte Autor Thomas Carus hat den Stellenwert der laparoskopischen kolorektalen Chirurgie in Deutschland recherchiert und die Ausbildungskonzepte in Deutschland beleuchtet. Interessant sind die beschriebenen pandemiebedingten Auswirkungen auf die laparoskopische Chirurgie. Hermann Kessler verdanken wir den Blick in die USA und die interessante Historie der sehr frühen kolorektalen laparoskopischen Operationen, wodurch die innovative Instrumentenentwicklung stimuliert wurde.

Dem Dresdner Georg Kelling (1866–1945) gebührt der Ruhm der Erstbeschreibung der Laparoskopie. Im Jahr 1901 beschrieb er die Attribute der Laparoskopie in Form eines Operationstrokars, einer Luftinsufflation in die Bauchhöhle und einer Lichtquelle. Er begründete das laparoskopische Vorgehen mit dem Argument eines „verminderten Zugangstraumas, einer schnelleren Rekonvaleszenz und mit geringeren Behandlungskosten“. Über diese visionäre Kraft kann man nur staunen!

Prof. Dr. Alois Fürst, Regensburg