FormalPara Originalpublikation

Francisco Javier Pérez Lara et al (2019) Can Perianal Fistula Be Treated Non-surgically with Platelet-Rich Fibrin Sealant? J Gastrointest Surg. 23(5):1030–1036. https://doi.org/10.1007/s11605-018-3932-5. Epub 2018 Sep 5

FormalPara Einleitung.

Zur Behandlung von perianalen Fisteln wird eine Vielzahl unterschiedlich invasiver Therapieoptionen mit mehr oder weniger Kontinenzstörung und Erfolg durchgeführt. Seit 2011 werden im Antequera Krankenhaus in Malaga, Spanien, PatientInnen Analfisteln mittels plättchenreicher Fibrinversiegelung (PRF) behandelt.

FormalPara Materialien und Methoden.

Ingesamt 102 PatientInnen mit singulärer trans- oder suprasphinktärer Analfistel (und ohne chronisch-entzündlicher Erkrankung) wurden retrospektiv im Zeitraum von November 2011 bis November 2017 beurteilt. Alle PatientInnen wurden mit der PRF-Technik therapiert und in 3 Gruppen eingeteilt. Gruppe A wurde unter Spinalanästhesie, nach Aufsuchen des Fistelganges und nach Resektion der fibrösen Fistelöffnungen einer Kürettage des Fistelganges, Spülung desselben mit Wasserstoffperoxid, Verschluss des Ganges mit plättchenreichem Fibrin (PRF) und Verschluss der inneren Fistelöffnung unterzogen. Gruppe B erfuhr die gleiche PRF-Therapie, aber eine Gangreinigung mit einem Satz von speziell gefertigten zylindrischen Küretten. Der Fistelgang von Gruppe C (ohne Anästhesie) wurde mit Wasserstoffperoxid gespült, mittels PRF verschlossen und ein antibiotischer Wundverband aufgetragen. Alle PatientInnen wurden 3, 6, 9, 12 und 24 Monate postinterventionell kontrolliert. Die einzelnen Gruppen wurden bezüglich Geschlecht, Alter, ASA-Klassifikation, Fisteldrainage und -lokalisation, Fistelverschluss, prä- und postoperativen Wexner-Score sowie Follow-up-Zeit miteinander verglichen.

FormalPara Ergebnisse.

Kein signifikanter Unterschied insbesondere der postoperativen Morbidität und dem postoperativen Wexner-Inkontinenz-Score wird beschrieben. Gruppe B zeigte das beste Ergebnis bezüglich der Fistelheilung mit 80,7 % (p = 0,03), im Vergleich zu Gruppe A mit 52,9 % und Gruppe C mit 54 %.

FormalPara Diskussion.

In der Diskussion heben die Autoren ihr selbstentwickeltes zylindrisches Kürettage-Set mit Dicken bis zu 5 mm und Verbesserung der Heilungsrate in Gruppe B hervor. Des Weiteren wird beschrieben, dass die PRF-Therapie ohne Narkose eine Heilung in bis zu 54 % der PatientInnen zeigt und mehrfach wiederholt werden kann; dies würde Nebenwirkungen und Kosten reduzieren.

Kommentar

Die AutorInnen stellen hier eine Studie zur „minimal-invasiven“ Therapie von Analfisteln mittels autologem und mit Thrombozyten angereichertem Fibrin vor. Bei der vorausgehenden Studie 2014 wurden 60 PatientInnen mit singulärem inter- bzw. transsphinktärem Fistelgang in drei verschiedenen spanischen Krankenhäusern behandelt: Nach der ersten interventionellen Behandlung zeigten etwa 50 % der PatientInnen einen Fistelverschluss, nach zusätzlicher 2‑ und 3‑maliger Behandlung insgesamt 68 %.

Es handelt sich nun um eine retrospektive Studie, eine Single center analyse, welche das PRF-Verfahren wiederum ausschließlich bei intra-, trans- oder suprasphinktären Analfisteln ohne Fistelästen beurteilt. Zur Therapie dieser Fisteltypen gibt es bekannterweise einige chirurgische Verfahren (z. B. Fistelspaltung, Muskel-Mukosaflap, Sphinkterrekonstruktion) mit guten funktionellen Ergebnissen und Heilungsraten, vor allem bei Fisteln mit geringerer Sphinkterbeteiligung. Aufgrund der fehlenden Definition der Fistelheilung ist die Beurteilung der Aussagekraft dieser Studie eingeschränkt. Darüber hinaus wurden alle PatientInnen präoperativ mittels Magnetresonanztomographie untersucht, allerdings gibt es keine postoperativen Vergleichsbilder. Anhand dieser Beurteilung könnte man sich ein objektivierbares Bild betreffend Heilungsrate und Sphinkterbeteiligung in dieser Studie machen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kostenreduktion des Verfahrens in Gruppe C – ohne Anästhesie – im Vergleich zu den Gruppen mit Anästhesie. Dies könnte für die tägliche Routine relevant sein, da der Eingriff schnell und einfach durchführbar ist und wiederholt werden kann. Die AutorInnen erwähnen die Reduktion der Kosten durch eine ambulante Behandlung ohne Narkose im Vergleich zu jener im OP vor, allerdings werden die Kosten für das PRF-Verfahren selbst nicht erwähnt. Es bleibt zu hinterfragen, wie groß die Kostendifferenz bei mehrmaliger ambulanter Behandlung tatsächlich ist. Richtigerweise betonen die AutorInnen aber, dass eine Operation so bei 54 % der PatientInnen vermieden werden konnte.

Das speziell gefertigte Kürettage-Set und die Anwendung desselben sollte in einer weiteren Publikation und mit Bildmaterial genauer beschrieben werden, da es eine gute Option zu bisherigen Kürettage-Optionen sein könnte.

Im Besonderen muss man anmerken, dass dieses Verfahren eine geringe Komplikationsrate zeigt und ohne signifikante Kontinenzeinschränkungen einhergeht.

Mit einer Heilungsrate von 50 bis zu 80 % kann des PRF-Verfahren als Option in dem Pool der vielfältigen Fisteltherapie zukünftig eine Rolle spielen. Dieses muss allerdings zuerst in weiteren prospektiven Studien mit entsprechender Vergleichsgruppe und genau definiertem primärem Endpunkt analysiert werden. Falls sich die Ergebnisse bestätigen, wäre diese Therapieoption u. a. für Morbus-Crohn-assoziierte und damit auch komplexere Analfisteln bedeutend.

Fazit für die Praxis

Das PRF-Verfahren (PRF: plättchenreicher Fibrinversiegelung) könnte sich als zusätzliche Therapieoption bei der Fisteltherapie erweisen. Hierzu bedarf es allerdings noch weiterer Studien mit größeren PatientInnenzahlen, um eine bessere Aussage zu den verwendeten Materialien und den Heilungsraten erhalten zu können.