Viele Operationsmethoden haben sich in den letzten Jahrzehnten zur transsphinktären Fisteltherapie entwickelt – umso weniger klar ist nun aber, welche Methode für welchen Fisteltyp am besten geeignet ist. Darüber hinaus mangelt es auch an sorgfältiger Einteilung der transsphinktären Fistelungen, die sich von distal bis nahe dem Beckenboden und mit oder ohne Fistelästen oder chronischen Retentionshöhlen präsentieren können. Weniger invasive Operationstechniken werden mit geringerem Inkontinenzrisiko, aber einem höheren Rezidivrisiko beschrieben. Andererseits erscheint die Störung der analen Kontinenz häufiger bei invasiveren Eingriffen, die in Studien allerdings eine höhere Heilungsrate im Vergleich aufweisen.

Welche Methoden werden angewendet?

Die moderne (peri)anale Fisteltherapie zielt auf die bestmögliche Lebensqualität für den betroffenen Patienten ab. Eine permanente Fistelheilung sowie die erhaltene anale Kontinenz sind dabei die ideale Zielsetzung. Hierzu haben sich über die Jahre viele Methoden entwickelt, mit einer kleineren Variabilität an Erfolgsraten im Vergleich dieser Techniken, aber einer teilweise erschreckend unterschiedlichen Heilungsrate von Studien zur gleichen Technik. Noch immer werden klinische Studien zu analen Fistelungen größtenteils ohne Analyse der Fisteltypen, objektive Bildgebung, systematische Inkontinenzbefragung und „patient-reported outcomes“ im Langzeitverlauf durchgeführt. Die technisch anspruchsvolleren analen Fistelungen haben ihren transsphinktären Verlauf am proximalen bzw. mittleren Anteil des Analkanals, sind nicht selten mit Verästelungen vergesellschaftet oder entsprechen Rezidivfisteln.

In einer aktuellen internationalen Online-Umfrage zu technischen Aspekten der Analfistelchirurgie, an der hauptsächlich Koloproktologen der American Society of Colon and Rectal Surgeons (ASCRS) und der European Society of Coloproctology (ESCP) teilnahmen, waren die Fistulotomie und Fistulektomie (mit über 20 Eingriffen im Jahr) die am häufigsten angewandten Operationstechniken. Weniger als die Hälfte der Befragten führen routinemäßig entweder eine Marsupialisation oder eine sofortige Schließmuskelrekonstruktion (primäre Schließmuskelplastik) nach Fistulotomie bei intersphinktären (32 % bzw. 9 %) und transsphinktären Fisteln (24 % bzw. 19 %) durch. Etwa 4 von 5 Chirurgen gaben an, über Erfahrungen mit der Advancement-flap-Technik und 3 von 5 über Erfahrung mit dem LIFT-Verfahren zu verfügen, aber weniger als 15 bzw. 14 % der Befragten führen mehr als 10-mal pro Jahr eines dieser Verfahren durch. Auf die Frage nach der Komplexität angesprochen, fanden mehr als die Hälfte der Befragten ein Flap-Verfahren technisch anspruchsvoll und etwa ein Drittel führt eine abgeänderte Variante des LIFT-Verfahrens („ligation of the intersphincteric fistula tract“) durch [7]. Bei einer Umfrage der Teilnehmer am ESCP Jahrestreffen 2017 in einer Veranstaltung zu dem Thema Analfistel haben nur 20 % der Koloproktologen im Saal angegeben, die LIFT-Prozedur ein- oder mehrmals angewendet zu haben.

Bei invasiveren Therapieansätzen sinkt die Rezidivrate, aber das Risiko einer Inkontinenz steigt

Rezente Metaanalysen zeigen, dass für die kryptoglanduläre Fistelung die Gesamterfolgsraten des Advancement-flap- und LIFT-Verfahren ähnlich (74,6 vs. 69 %) sind, aber auch, dass die LIFT-Technik bezüglich der Rezidivraten unterlegen ist. Techniken mit Plug-Anwendung scheinen weniger erfolgreich und werden seltener angewendet. Die Inkontinenzraten sind nach Advancement-flap-Technik höher als beim LIFT-Verfahren (7,8 [3,3–12,4] vs. 1,6 [0,4–2,8] %;[4, 12]). Bei invasiveren Therapieansätzen sinkt demnach die Rezidivrate, aber das Risiko einer Inkontinenz steigt.

Operationstechnik

Die Beschreibung der Spaltung des muskulären Apparats am Analkanal zur besseren Darstellung bei der Operation von Pathologien am unteren Rektum stammt von Mason im Jahr 1970 [5]. Ideengebend war wohl zuvor Dr. A.E. Bevan, welcher die Entfernung des Steißbeins sowie die Teilung der Analschließmuskeln und der Rektalwand in der posterioren Mittellinie befürwortete, um den Zugang zur lokalen Exzision eines Rektumkarzinoms zu ermöglichen. Die Einzelheiten dieser Operation wurden in den Chirurgischen Kliniken Nordamerikas I, 1917 veröffentlicht. 1995 wurde die Technik der Fistelspaltung, -exzision und Sphinkterrekonstruktion an 9 dänischen Patienten bei Rezidivfistelungen und 31 spanischen Patienten mit zumeist hoch transsphinktären oder suprasphinktären Fisteln mit guten Erfolgen bezüglich Fistelheilung und Kontinenz beschrieben [2, 9].

Im Jahr 2006 veröffentlichten Perez und Kollegen eine randomisierte Studie zur Fistelexzision mit sofortiger Sphinkterrekonstruktion vs. Advancement-flap-Technik bei hoch- oder suprasphinktärer Fistulierung und fanden keine Unterschiede bei postoperativer Kontinenz und Rezidivrate.

Die operative Fisteltherapie mittels Fistelexzision und primärer Sphinkterrekonstruktion wurde in den nächsten 10 Jahren in mehreren Publikationen – und hier fast ausschließlich an hoch transsphinktär oder suprasphinktär liegenden sowie rezidivierenden Fisteln – mit durchaus gleichbleibend guten Ergebnissen beschrieben. In einem Review von 2015 wird sie mit einer Erfolgsrate von 93 % und Kontinenzstörung bei 12 % sowie mit Besserung der Lebensqualität aller Patienten diskutiert [8]. Trotzdem erlangt die Technik in koloproktologischen Kreisen keine große Popularität, was nicht zuletzt der Schnittführung und dadurch suspizierten späteren Muskelschädigung sowie dem widersprüchlich scheinenden Credo einer sphinkterschonenden Fisteltherapie schuldet.

Welche Patienten profitieren von dieser Technik?

In den letzten 1,5 Jahren wurden größere retrospektive Fallserien mit hunderten Patienten durchgeführt und die Operationstechnik als sicheres chirurgisches Verfahren mit hoher primärer Heilungsrate und niedrigem Rezidiv- oder Inkontinenzrisiko beschrieben [3, 11]. Beide Publikationen weisen auf eine jahrzehntelange Erfahrung der Zentren mit dieser Technik hin. Auch in unserem eigenen Patientengut konnte die Rezidivrate der transsphinktären Fistelerkrankung nach Einführung der Technik mittels Fistelspaltung, präziser Fistelgewebeexzision und primärer Sphinkteradaptation in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. Die postoperative Kontinenzstörung scheint vergleichbar mit der nach Advancement-flap-Technik zu sein und tritt – meist in Form einer erstgradigen Stuhlinkontinenz – in 3–23 % der Fälle auf [3, 6, 8, 10].

Ein Fistelpatient wird sehr wahrscheinlich durch die steigende Anzahl von (Rezidiv‑)Operationen am meisten von einer iatrogenen Kontinenzstörung bedroht. Insbesondere Flap-Techniken verursachen eine größere Narbe, als von außen sichtbar, sowie eine vermehrte endoanale Gewebespannung und damit einen postoperativ erhöhten analen Druck. Umso interessanter ist, dass genau dieses Patientengut (mit Rezidivfistelungen) bereits in einer der ersten Studien von Christiansen und Ronholt hinsichtlich der Heilungsrate nach Sphinkterrepair profitiert [2], aber in späteren Studien darüber hinaus eine Besserung bei vorbestehender Inkontinenz nach Fistelexzision und Repair zeigt [1, 8, 11]. Die Technik der Fistelspaltung, -exzision und anschließenden Rekonstruktion scheint also für Patienten, die bereits ein Rezidiv und eine Inkontinenzstörung haben, durchaus empfehlenswert.

Die Autoren aus Mannheim mit der bisher größten Serie von 424 Patienten machen durch ihre Erfahrung auf eine Limitation der Technik aufmerksam: Die Höhe der Spaltung des Analkanals und damit der größere Anteil an Muskel hin zur Fistelung sei mit Zunahme des Rezidivrisikos und einer postoperativen Nahtdehiszenz vergesellschaftet [11].

Leider zeigt keine der bisherigen Studien die Patientensubgruppe mit komplexen Fistulierungen durch zusätzliche Ästelungen bis auf Levatorebene oder Retentionshöhlen auf, wobei genau diese Gruppe durch die bessere Darstellungsoption und damit Erreichbarkeit von langstreckigen Entzündungsarealen profitieren kann. Vielmehr werden in den Studien vornehmlich singuläre transsphinktäre Fisteln inkludiert.

Vorteile des Verfahrens

Nach Spaltung kann also bei der hier diskutierten Technik eine genaue(re) Identifizierung von Fistel- und Muskelgewebe als auch Blutgefäßen gelingen. Der augenscheinlichste Vorteil der Operationstechnik kann in der akkuraten Resektion des Fibrose- und Fistelgewebes unter gleichzeitiger Schonung des umliegenden Muskelgewebes und bei der Blutstillung durch übersichtlicheres Arbeiten gesehen werden. Andererseits kann die Adaptation des zylindrisch angeordneten unterschiedlichen Muskel- und Binde- und Schleimhautgewebes auch für geübte Koloproktologen eine Herausforderung darstellen. Nur die korrekt gesetzte Naht und exakte Annäherung der Analkanalschichten erreicht eine physiologische und zufriedenstellende Funktionalität. Hilfreich können hier auch Markierungsnähte zur exakten Wiederannäherung sein.

Bei genauer Durchsicht der bisherigen Publikationen wenden aber nicht alle Autoren eine idente Technik der Fisteloperation mit primärer Sphinkterrekonstruktion an – trotzdem finden sich sehr ähnliche Erfahrungen und Erfolgsraten. Gemein ist allen Publikationen der Gedanke der Wiederherstellung der physiologischen Schichten nach vollständiger Fistelexzision.

Eine Veranschaulichung zu der Technik an unserer Abteilung ist in Abb. 1 dargestellt: Bei Abszessdrainage wird die hier oberflächlich erscheinende Fistelung mit einem Seton versorgt und selbiges für mindestens 6 Wochen belassen. Nach entsprechender Abklärung (Endosonographie oder MRT präoperativ und klinische Untersuchung) wird die Indikation gemeinsam mit dem Patienten besprochen und die Operation in Allgemeinnarkose und Steinschnittlage geplant. Bei der Operation wird die Fistelung nach Entfernen des Setons (Abb. 1a) mittels Methylenblau angefärbt (Abb. 1b) und über der Sondierung (Fistelsonde) gespalten (Abb. 1c). Das gut sichtbare Fistelgewebe (Abb. 1d) wird exzidiert (Abb. 1e). Je nach Verlauf verbleibt eine kleinere (Abb. 1f) bis größere Muskellücke, welche mittels Sphinkterrepair (Abb. 1g) und resorbierbarer Naht der Schleimhaut bzw. des Anoderms verschlossen und mit Lokalanästhetikum infiltriert wird (Abb. 1h). Die Patienten dürfen noch am gleichen Tag essen und erhalten am 1. postoperativen Tag eine milde Stuhlregulierung. Unabhängig der Länge des betroffenen Muskelanteils erfahren alle Patienten eine Einschulung in ein spezialisiertes Beckenbodentraining in der Zeit vor der Operation.

Abb. 1
figure 1

Fistelung mit Seton, 6:00 h Steinschnittlage. b Einbringen von Methylenblau in die Fistel. c Spaltung der Fistelung. d Freiliegendes (blau gefärbtes) Fistelgewebe. e Exzision des Fistelgewebes mittels Colorado-Nadel. f Muskellücke nach Fistelexzision, g Sphinkterrepair der Muskellücke. h Verschlossene Wunde und lokale Injektion eines Lokalanästhetikums. (Mit freundl. Genehmigung, © I.E. Kronberger, alle Rechte vorbehalten)

Wundverschluss bei kurzen distalen Fistelungen

Nach Spaltung von distal gelegenen und intersphinktären Fisteln entstehen nicht selten nach offener Wundheilung kleinere Deformitäten mit anschließender störender Sekretion von Stuhlresten oder Schleim (keine eigentliche Inkontinenz) tagsüber. Eine kleine Narbenbildung mit großer Wirkung für den Patienten im Alltag. Die Autoren dieses Beitrags sind deswegen dazu übergegangen, zumeist auch kleinere Schließmuskeldefekte nach Spaltung und Fistelexzision wieder zu verschließen. In der aktuellen Auswertung unserer Fisteldaten sind diese Patienten nicht berücksichtigt, jedoch erscheint der Versuch eines Repairs über kurze distale Muskelstrecken kein Nachteil für die proktologischen Fistelpatienten. Darüber hinaus ist die Rolle der Rekonstruktion auch kleinerer Schließmuskeldefekte derzeit unklar.

Fazit für die Praxis

  • Aktuell gibt es eine breite Methodenanwendung in der Fistelchirurgie.

  • Die Fistelspaltung und -exzision mit primärer Sphinkterrekonstruktion wird seit den 1970er Jahren beschrieben.

  • In den Studien wurde die Technik vor allem an komplexen transsphinktären Fisteln angewendet.

  • Das Verfahren bedarf einer ausreichenden Erfahrung mit Operationen am Analkanal und (peri)analen Fisteln.

  • Anhand der Studienlage findet sich eine gute Heilungs- und eine dem Flap-Verfahren vergleichbare Inkontinenzrate.

  • Eine vorbestehende Inkontinenz bei Rezidivfisteln kann sich postoperativ verbessern.