Fragestellung und Hintergrund

Der allgemeinen Meinung nach sind große Rektozelen (> 2 cm) assoziiert mit Schwierigkeiten bei der Entleerung, mit Obstipation, rektalen Schmerzen und rektalen Blutungen. Ziel dieser Studie war die Untersuchung, ob sich die Größe der Rektozele auf die Symptome des Patienten oder die Entleerungsparameter auswirkt.

Patienten und Methodik

Eine retrospektive Studie wurde durchgeführt mit den Daten von Patienten, die wegen Entleerungsproblemen untersucht wurden. Alle Patienten wurden befragt zu Obstipation, Stuhlinkontinenz und Reizdarmsyndrom und mit dynamischem perinealem Ultraschall und konventioneller anorektaler Manometrie untersucht.

Ergebnisse

Insgesamt 487 Frauen wurden in die Studie aufgenommen. Eine Rektozele wurde bei 106 (22 %) Frauen diagnostiziert und ein Rektozelendurchmesser > 2 cm bei 93 (87 %) Frauen festgestellt. Die Größe der Rektozele stand in keinem signifikanten Bezug zu den demographischen Daten, der Parität oder den Symptomen der Patienten. Die Schwere der Symptome war nicht korreliert mit Größe oder der Lage der Rektozele. Die Diagnose eines Reizdarmsyndroms hatte ebenfalls keinen Bezug zur Größe der Rektozele. Lage der Rektozele, Auftreten von Enterozele sowie Intussuszeption waren nicht abhängig von der Rektozelengröße. Eine vollständige Entleerung der Rektozele war bei kleinen Rektozelen häufiger (79 % vs. 24 %; p = 0,0001) und keine Entleerung war häufiger bei großen Rektozelen (37 % vs. 0; p = 0,01). Rektale Hyposensitivität und Anismus hatten keinen Bezug zur Rektozelengröße.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend war nur die Entleerung der Rektozele mit der Rektozelengröße korreliert; dies hatte jedoch keine klinische Signifikanz. Andere klinische, anatomische Faktoren waren nicht mit der Rektozelengröße assoziiert. Die Größe der Rektozele allein kann somit keine Indikation zur Operation darstellen.

Kommentar

Die umfangreiche Analyse der Kollegen aus dem Sheba Medical Center in Ramat Gan in Israel unternimmt den Versuch, die funktionellen Beckenbodenstörungen Inkontinenz, Obstipation, Reizdarmsyndrom und obstruktive Stuhlentleerungsstörung mit morphologischen Aspekten des Beckenbodens zu korrelieren. Dabei benutzen die Autoren die sehr häufig verwendeten Scoringsysteme wie etwa den Agachan-Wexner-Score für die Stuhlentleerungsstörung oder den Jorge-Wexner-Score für die Stuhlinkontinenz. Das morphologische Korrelat der Rektozele wurde mittels transperinealer Ultraschalluntersuchung bestimmt. In der Studie fand sich in einer sehr großen Anzahl untersuchter Frauen keine Korrelation zwischen der Größe der Rektozele und den funktionellen Störungen.

Bei der Untersuchung ergab sich die methodische Problematik, dass die Größe der Rektozele mittels transperinealem Ultraschall gemessen wurde. Dabei ist hinlänglich bekannt, dass eine Sonographie sehr untersucherabhängig – und noch schwerer reproduzierbar ist. Auch die Reproduzierbarkeit der Sphinktermanometrie – hier mittels 7-Kanal-Messung ermittelt – wurde in der Studie deutlich hinterfragt. Die verwendeten Scoringsysteme, obgleich validiert, beinhalten zusätzlich das methodische Problem, dass nicht zwingend das gemessen wird, was an funktionellen Störungen vorliegt.

Die Ergebnisse dieser Studie überraschen nicht und spiegeln die Schwierigkeit wider, eine sicher messbare morphologische Veränderung für die funktionellen Störungen des Beckenbodens zu finden. Die Tatsache, dass sich die Funktionsstörungen des Anorektums nur eingeschränkt mittels Bildmorphologie evaluieren lassen, wird in dieser Untersuchung eindrucksvoll bestätigt.

Es ist das Verdienst der Autoren an einer großen Patientengruppe, den Eindruck zu erhärten, dass die alleinige bildmorphologische Bewertung bei funktionellen Beckenbodenstörungen keinen wesentlichen Aussagewert hat. Die Defäkographie, beispielsweise mittels MRT, wird ihre Bedeutung dennoch zur Darstellung wichtiger ggf. operationsrelevanter Befunde, wie etwa einer tiefen Enterozele oder eines Anismus, behalten.