Fragestellung und Hintergrund

In den Publikationen zur anterioren Rektumresektion gibt es eine enorme Variabilität und einen Mangel an Transparenz. Diese Untersuchung hat das Ziel, bei Patienten mit anterioren Rektumresektionen wegen eines Karzinoms die Langzeitfunktionsergebnisse qualitativ zu analysieren, die Häufigkeit dieser Ergebnisse zu beurteilen und Risikofaktoren für eine Langzeitinkontinenz zu erkennen.

Patienten und Methodik

Es wurden nur Studien berücksichtigt, die bei Erwachsenen mit einer Rektumresektion wegen Rektumkarzinom mindestens 1 Jahr Follow-up aufwiesen. Patienten mit rezidivierender oder metastasierender Erkrankung wurden ausgeschlossen. Von primär 805 Arbeiten wurden 48 Publikationen in die Beurteilung aufgenommen. Der primäre Zielparameter war Inkontinenz (für Luft, flüssigen Stuhl und geformten Stuhl).

Ergebnisse

Die Krankenakten von 3349 Patienten aus 17 Ländern wurden zusammengefasst. Die Operationen fanden zwischen 1978 und 2004 mit einem medianen Follow-up von 24 Monaten (interquartile Streuung 12,57) statt. Insgesamt 65% der Untersuchungen setzten keine validierten Beurteilungsinstrumente ein. Die berichteten Ergebnisse und Inzidenzraten waren sehr variabel. Der Anteil an Patienten mit Inkontinenz reichte von 3,2–79,3%, mit einer gepoolten Häufigkeit von 35,2% (95% Konfidenzintervall 27,9–43,3). Mittels Regressionsanalyse ließen sich als Risikofaktoren für eine Inkontinenz eine präoperative Radiatio (p=0,009), im speziellen eine Kurzzeitradiatio (p=0,006), und die Studienqualität (RCT: p=0,004, Beobachtungsstudien: p=0,006) ermitteln. Diese Ergebnisse sind vor dem Hintergrund einer enormen Heterogenität der Primärdaten zu beurteilen.

Schlussfolgerung

Die Funktionsergebnisse werden nur unvollständig erfasst und berichtet. Sie erfordern eine allgemein gültige Definition. Ebenso ist der routinemäßige Einsatz von validierten Scores zu fordern. Eine präoperative Radiatio, insbesondere eine Kurzzeitbestrahlung, ist ein Risikofaktor für die anale Inkontinenz, jedoch sind weitere Studien erforderlich.

Kommentar

Wie die Autoren selbst schon diskutieren, liegen diesem Review erhebliche Limitationen zu Grunde: Neben einer heterogenen Beweisführung mit unterschiedlicher Methodik und Definitionen bezüglich des Outcomes, verschiedenen postoperativen Zeitpunkten der Analysen, wurden in den analysierten Studien nur wenig validierte Inkontinenz-Fragebögen verwendet (Wexner 19%/Kirwan 8%). Die daraus resultierende Heterogenität der erhobenen Daten kann nur Vermutungen zulassen.

Ein erheblicher Risikofaktor scheint die präoperative Radiatio darzustellen, insbesondere die Kurzzeitbestrahlung.

Interessant ist, dass die Änderung der Operationstechnik mit dem heutigen Standard der TME (1993) keinen Einfluss auf die Inkontinenzraten zu haben scheint.

Die Daten sind jedoch aufgrund der Heterogenität mit äußerster Vorsicht zu genießen. Man muss den Autoren bei diesem v. a. für die Patienten so wichtigen Thema beipflichten: Wir brauchen weitere Studien mit einheitlichen Definitionen und validierten Scores, um Risikofaktoren für die Entstehung eines Postresektionssyndroms oder einer Inkontinenz nach Rektumresektion aufzuzeigen. Dann kann vielleicht individuell für den Patienten ein Risikoprofil erstellt werden im Widerstreit zwischen onkologischer Aggressivität gegen langfristige Funktionalität, d. h. Lebensqualität.