Zusammenfassung
Stevia rebaudiana und die daraus isolierten Steviolglykoside haben u. a. durch die Bestrebungen der US-amerikanischen Firmen Cargill Inc. sowie Coca-Cola Company und Pepsi-Cola Inc., eine endgültige positive Stellungnahme durch den JEFCA-Ausschuß der FAO/WHO zu erlangen, weltweit größere Beachtung gefunden. S. rebaudiana kann grundsätzlich in 120 der 192 Staaten der Welt angebaut werden, allerdings nördlich des 45°N aus klimatischen Gründen mit nicht sicherem Erfolg. Derzeit wird diese Pflanze hauptsächlich in China und Paraguay angebaut, wobei gewaltige Steigerungen des Anbaus geplant sind, allein in China von derzeit ca. 20.000 ha bis Ende 2010 auf ca. 45.000 ha und in Paraguay bis auf über 10.000 ha bis zum Jahr 2011. Wird S. rebaudiana unter tropischen Anbaubedingungen jeweils kurz vor der Blüte geerntet, können sich 5-6 solche Schnitttermine pro Jahr ergeben. In Abhängigkeit von den klimatischen und Anbaubedingungen liegen die Süßstofferträge je nach Blattertrag und Süßstoffgehalt bei 200 bis ca. 700 kg pro Hektar. Bei Angaben zur Süßstoffbildung ist jedoch darauf zu achten, ob es sich um herkömmliche Stevia-Pflanzen mit überwiegender Bildung von Steviosid oder um neuere Stevia-Züchtungen mit überwiegender Bildung von Rebaudiosiden handelt. Nach Neuzüchtungen (u. a. auch nach gentechnischer Transformation) haben insbesondere Stevia-Sorten, die das Steviolglykosid „Rebaudioside F“ in hoher Rate produzieren, an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen und zahlreiche Patentanmeldungen erfahren. Die Steviolglykoside werden in einem mehrstufigen Verfahren (Trocknung, Mazeration, Fällung und Entfärbung, Ionenaustausch und mehrfache Kritallisierung) aus den geernteten Stevia-Blättern isoliert, wobei – in Rahmen der JEFCA-Spezifikation – eine Reinheit der Steviolglykoside von mindestens 95% erreicht werden soll. In Anbetracht dieses Aufarbeitungsverfahrens mit der möglichen Bildung von Artefakten und Isomeren ist die Bezeichnung der Endprodukte als „Bio-Steviolglykoside“ nicht nachvollziehbar. Auf die Problematik der Produkt-Spezifikation im Hinblick auf Zulassung nach Novel Food VO (u. a. toxikologische Untersuchungen) und im Hinblick auf den möglichen Einsatz der Steviolglykoside durch die Lebensmittelindustrie wird eingegangen. Es ist hervorzuheben, dass derzeit in großem Umfang mit Stevia rebaudiana und ihren Eigenschaften geworben wird, der Verbraucher aber etwas ganz anderes bekommt – nämlich Steviolglykoside. Der Nachweis des deutlichen Zusatznutzes (insbesondere der gesundheitlichen Unbedenklichkeit) der Produkte mit Steviolglykosiden für den Verbraucher steht noch aus.
Notes
Vergleiche hierzu das neueste Patent von Morita: „High Rebaudioside-A Plant“ US Patent Application Publication US 2009/0214753 veröffentlicht am 27. August 2009.
Method for Producing Steviol Synthesase Gene and Steviol; US Patent Application Publication US 2008/0271205 veröffentlicht am 30. Oktober 2008.
Als Beispiel soll hier dienen die Beschreibung aus der japanischen Patentschrift JP520005800 vom 17.1.1977 der japanischen Firma Sanyo Kokusaku Pulp Co.
Vergleiche die Patentanmeldung der Stevian Biotechnology Corporation US2007/0082103 vom 11.10.2005.
GRN 253 REBIANA GRAS NOTIFICATION: Cargill, Incorporated May 14,2008 siehe Seite 14.
GRN 253 REBIANA GRAS NOTIFICATION: Cargill, Incorporated May 14,2008 siehe Seite 8–19.
GRN 252 GRAS NOTICE FOR REBAUDIOSIDE A (REB A); Whole Earth Sweetener Company LLC, April 28, 2008. Kapitel III. Reb A Stability.
CTA 2007: „STEVIOL GLYCOSIDES Chemical and Technical Assessment“ Final; Fundstelle: http://www.fao.org/ag/agn/agns/files/jecfa68/CTA%20Steviol%20glycosides%20-%20Final%202007.pdf.
Monograph 1 Steviolglykosides: http://www.fao.org/ag/agn/jecfa-additives/details.html?id=898.
Monograph 5 Steviolglykosides: http://www.fao.org/ag/agn/jecfa-additives/details.html?id=898.
Ruffolo: Status of the HFCS Industry; aus dem Internet herunter geladen am 14.12.2009: http://www.sweetenerusers.org/Status%20of%20HFCS%20Industry_Final%20-%20Ruffolo.ppt.
Börsenprospekt zur Ausgabe neuer Aktien: GLG LIFE TECH CORPORATION Common Shares; November 5, 2009.
Literatur
Brandle JE et al (1998) Stevia Plant named “RSIT 95-166-13” US Patent No. Plant 10563 erteilt am 18. August 1998
Humphrey TV, Richman AS, Menassa R, Brandle JE (2006) Spatial organisation of four enzymes from Stevia rebaudiana that are involved in steviol glycoside synthesis. Plant Mol Biol 61:47–62
Pocs R, Brandle J (2005) Functional genomics uncovers three glucosyltransferases involved in the synthesis of the major sweet glucosides of Stevia rebaudiana. Plant J 41:56–67
Prakash I, DuBois GE, Clos JF, Wilkens KL, Fosdick LE (2008) Development of rebiana, a natural, non-caloric sweetener. Food Chem Toxicol 46:75–82 (Supplement)
Starrat AN, Kirby CW, Pocs R, Brandle JE (2002) Rebaudioside F, a diterpene glycoside from Stevia rebaudiana. Phytochemistry 59:367–370
Tadhani M, Subash R (2006) Preliminary studies on Stevia rebaudiana leaves: proximal composition, mineral analysis and phytochemical screening. J Med Sci 6:321–326
Thompson AL, Michalik A, Nash RJ, Wilson FX, van Well R, Johnson P, Fleet GWJ, Yu C-Y, Hu X-G, Cooper RI, Watkin DJ (2009) Steviamine, a new class of indolizidine alkaloid [(1R, 2S, 3R, 5R, 8aR)-3-hydroxymethyl-5-methyloctahydroindolizine-1,2-diol hydrobromide]. Acta Crystallogr Sect E 65:o2904–o2905
Toyoda K, Matsui H, Shoda T, Uneyama C, Takahashi M (1997) Assessment of the carcinogenicity of stevioside in F344 rats. Food Chem Toxicol 35:597–603
VO (EG) Nr. 834/2007 DES RATES vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91
Walker M, Dir SK (2005) Electroporation mediated gene transfer in Stevia rebaudiana protoplasts. Fort Valley State University; Poster beim “2005 In Vitro Biology Meeting” der Society for In Vitro Biology vom 5.–7. Juni 2005 in Baltimore, MD, USA
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Kienle, U. Welches Stevia hätten Sie denn gerne? Anbau und Herstellung – Perspektiven weltweit. J. Verbr. Lebensm. 5, 241–250 (2010). https://doi.org/10.1007/s00003-010-0558-2
Received:
Accepted:
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00003-010-0558-2