Zusammenfassung
Kafkas Urteil soll als Beitrag zur modernen jüdischen Literatur betrachtet werden. Kafka verwendet Motive und literarische Gattungen des Judentums, um neuzeitliche Probleme zu gestalten. Obwohl Kafka keinen religiösen Glauben mehr hat, legt er der Geschichte die historischen, rechtlichen und kultischen Traditionen um Jom Kippur zu Grundé.
Abstract
Kafka’s Judgement is to be considered as a contribution to modern Jewish literature. He makes use of motives and literary genres of Judaism in order to present problems central to modern times. Although Kafka does no longer believe in any religious creed he conjures up the historical, legal and ritual traditions connected with the Jom Kippur.
Literatur
Franz Kafka, Sämtliche Erzählungen, hrsg. Paul Raabe, Frankfurt/M. 1970, 32.
Vgl. Franz Kafka, Der Proceß in der Fassung der Handschrift, hrsg. von Malcolm Pasley, Frankfurt/M. 1990, 22.
Franz Kafka, Briefe an Felice, hrsg. Erich Heller und Jürgen Born, Frankfurt/M. 1976
Vgl. Klaus Berger, Formgeschichte des Neuen Testaments, Heidelberg 1984, 52f.
Vgl. Franz Kafka, Tagebücher in der Fassung der Handschrift, hrsg. Hans-Gerd Koch, Michael Müller und Malcolm Pasley, Frankfurt am Main 1967, 753.
Vgl. Erwin R. Steinberg, “The Judgement in Kafkas The Judgement’”, Modern Fiction Studies 8 (1962), 23–30.
Vgl. Engelbert Kirschbaum (Hrsg.), Lexikon der christlichen lkonographie, Bd. VI, Rom, Freiburg, Basel, Wien 1971, 383 f.
Walter H. Sokel, Franz Kafka. Tragik und Ironie, Frankfurt/M. 1983, 52–55.
Vgl. Jürgen C.H. Lebram, “Jakob segnet Josefs Söhne. Darstellungen von Gen 48 in der Überlieferung und bei Rembrandt”, in: Oudtestamentische Studien 15, Leiden 1969, 145–170.
Vgl. Bernd Janowski, Stihne als Heilsgescheben. Studien zur Sühnetbeologie der Priesterschrift und zur Wurzel KPR im Alten Orient und im Alten Testament, Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament Bd. 55, Neunkirchen-Vluyn 1982, 211–222.
Vgl. Ulrich Gerhardt, Judisches Leben im judischen Ritual. Studien und Beobacbtungen 1902–1933, Heidelberg 1980, Abb. 22 und 24.
Vgl. Aharon (Ronald E.) Agus, The Binding oflsaak and Messiah. Law, Martyrdom and Deliverance in Early Rabbinic Religiosity, New York 1988, 63–69.
Vgl. Kafka (Anm. 1), 26f. Vgl. Kurt Weinberg, Kafkas Dichtungen. Die Travestien des Mythos, Bern und München 1963, 326f.
vgl. 2. Chronik 3 mit der Skizze bei Gerhard Neumann, Franz Kafka. “Das Urteil”. Text, Materialien, Kommentar, München, Wien 1981, 35.
Vgl. Gerd Heinz-Mohr, Lexikon der Symbole. Bilder und Zeichen der christlichen Kunst, 10. Aufl., München 1988, 165f.
Kafka demontiert das jüdische Vaterbild. Im Unterschied zu Ägypten, wo der Vater nur der Vertreter des Gesetzes ist, vermittelt er im Judentum auch den Segen. Vgl. Jan Assmann, Stein und Zeit. Mensch und Gesellschaft im alten Ägypten, München 1991, 96–115.
Vgl. Mordechai Breuer, Jüdische Orthodoxie im Deutschen Reich 1871–1918. Die Sozialgeschichte einer religiösen Minderheit, Frankfurt/M. 1986, 32–34.
Zit. n. Hartmut Binder, Kafka-Kommentar zu sämtlichen Erzählungen, München 1975, 142.
Franz Kafka, Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande und andere Prosa aus dem Nachlafí, hrsg. Max Brod, Frankfurt/M. 1986, 33.
Gerschom Scholem, Von der mystischen Gestalt der Gottheit. Studien zu Grundbegriffen der Kabbala, Frankfurt/M. 1977, 58–65.
Zu Kafkas Exegese des Sündenfallmythos vgl. Rainer J. Goebel, Kritik und Revision. Kafkas Rezeption mythologischer, biblischer und historischer Traditionen, Frankfurt/M. 1986, 63–74.
Die Aufnahme des Zorn-Gottes-Motivs bei Kafka zeigt Hans Walther, Franz Kafkas Forderung der Transzendenz, Bonn 1977, 54–56, 68f.
Belege bei Hermann L. Strack, Paul Billerbeck (Hrsg.), Kommentár zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. III, München 1954, 92f.
Franz Kafka, Briefe 1902–1924, Frankfurt/M. 1975, 267.
Vgl. auch Walter H. Sokel, “Zwischen Gnosis und Jehovah. Zur Religionsproblematik Kafkas”, in: Wilhelm Emrich, Bernd Goldmann (Hrsg.), Franz Kafka Symposium 1983, Mainzer Reihe Bd. 62, Mainz 1983, 53 f. Sokel spricht hier von zwei einander widerstreitenden Gottesbildern im Judentum: dem immanenten und dem transzendenten. Kafka transformiere das letztere im Absolutheitsanspruch seines Schreibens zur Kunstreligion. Es geht aber eher um zwei Formen des Gottesverhältnisses: entweder durch Gesetz und Geschichte von Gott getrennt vor Ihm zu stehen oder im Augenblick des Martyriums unmittelbar bei Ihm zu sein.
Vgl. Friedrich Weinreb, Die jüdischen Wurzeln des Matthäus-Evangeliums, Bd. I, Weiler im Allgäu 1991, 47f.
Vgl. Gerschom Scholem, Über einige Grundbegriffe des Judentums, Frankfurt/M. 1970, 107f.
Zit. n. Ritchie Robertson, Kafka. Judentum, Gesellschaft, Literatur, Stuttgart 1988, 15.
Vgl. Gerschom Scholem, Die jüdische Mystik in ibren Hauptströmungen, Frankfurt/M. 1980, 314–355.
Gerschom Scholem, Judaica 3, Frankfurt/M. 1970, 198–219. Vgl. bes. 207.
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Die entscheidende Anregung für die vorliegende Untersuchung ging von Herrn Dr. Peter Pfaff (Heidelberg) aus. Für wichtige Gespräche danke ich Herrn Prof. Dr. Jan Assmann, Frau Dr. Aleida Assmann (Heidelberg) und Herrn Dr. Ronald Agus (Tel Aviv).
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Hartwich, WD. Böser Trieb, Märtyrer und Sündenbock Religiöse Metaphorik in Franz Kafkas Urteil. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 67, 521–540 (1993). https://doi.org/10.1007/BF03396218
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF03396218