Abstract
Diagrams are two-dimensional semantic structures, in narrative texts ›story‹ and ›narration‹ are kinds of movements that can give them a third dimension, so that the interplay of diagram and story may be essential to the notion of what narratologists call the diegesis. This Paper takes the Middle High German Kudrun and its notorious difficult concept of space as an example for these presumptions. It tries to show that the aggregative way of narrating leads to diagrammatic concepts of places and scenic pictures, which mirror the way of storytelling itself. The text is therefore not yet interested in a realistic fiction of space, because it creates a poetic map of storytelling along its semantic requirements.
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Literatur
Vgl. den ikonischen Diagrammbegriff nach Peirce, Charles S.: Semiotische Schriften. Bd. 1. Hg. Christian J. W. Kloesel/ Helmut Pape. Frankfurt a. M. 2000, S. 204–206
seine Entwicklung als Grundlage diagrammatischer Analysen bei Bauer, Matthias/ Ernst, Christoph (Hg.): Diagrammatik. Einführung in ein kultur- und medienwissenschaftliches Forschungsfeld. Bielefeld 2010, S. 40–49. Zur Formalisierung und Abstraktion in der Geschichte symbolischer Formen, die in der semantischen Wirkung transzendentaler Schemata in der modernen Physik endet und sich demnach auch zur Geschichte des Diagramms erweitern ließe, zusammenfassend das Abschlusskapitel »›Symbol‹ und ›Schema‹ im System der modernen Physik« bei Cassirer, Ernst: Philosophie der symbolischen Formen. Dritter Teil. Phänomenologie der Erkenntnis. 10., unveränderte Aufl. Darmstadt 1994, S. 524–560.
Kuhn, Hugo: »Über nordische und deutsche Szenenregie in der Nibelungendichtungtgart 1969, S. 196–219 u. 277–283, hier S. 205, 219 u. 207.
Zur Bilddebatte der germanistischen Mediävistik zusammenfassend Koch, Susanne: Wilde und verweigerte Bilder. Untersuchungen zur literarischen Medialität der Figur um 1200. Göttingen 2014, S. 10–34 u. 44–47.
Wenzel, Horst: »Szene und Gebärde. Zur visuellen Imagination im ›Nibelungenlied‹«. In: Ders.: Höfische Repräsentation. Symbolische Kommunikation und Literatur im Mittelalter. Darmstadt 2005, S. 97–119, hier S. 105.
Zuletzt zusammenfassend Wenzel, Horst: Spiegelungen. Zur Kultur der Visualität im Mittelalter. Exempel einer Geschichte der Wahrnehmung. Berlin 2009, S. 214 u. ö.
Vgl. Czerwinski, Peter: Der Glanz der Abstraktion. Frühe Formen von Reflexivität im Mittelalter. Frankfurt a. M./New York 1989.
Vgl. Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft. Nach der ersten und zweiten Originalausgabe hg. Jens Timmermann. Hamburg 1998, S. 239–247 (A137/B176–A147/B187).
Die Begriffe des Aggregat- und Systemraumes nach Panofsky, Erwin: »Perspektive als ›symbolische Form‹«. In: Ders.: Deutschsprachige Aufsätze II. Hg. Karen Michels/ Martin Warnke. Berlin 1998, S. 664–757.
Dazu ausdrücklich erst Czerwinski, Peter: Gegenwärtigkeit. Simultane Räume und zyklische Zeiten, Formen von Regeneration und Genealogie im Mittelalter. Exempel einer Geschichte der Wahrnehmung II. München 1993, S. 57 zu System- und Aggregatraum, zur Kartographie S. 153–189.
Gruenter, Rainer: »Zum Problem der Landschaftsdarstellung im höfischen Versroman«. In: Alexander Ritter (Hg.): Landschaft und Raum in der Erzählkunst. Darmstadt 1975, S. 293–335, hier S. 294 u. 302.
Vgl. Störmer-Caysa, Uta: Grundstrukturen mittelalterlicher Erzählungen. Raum und Zeit im höfischen Roman. Berlin/New York 2007, S. 22–34.
Vgl. Lotman, Jurij M.: Die Innenwelt des Denkens. Eine semiotische Theorie der Kultur. Hg. und mit einem Nachwort von Susi K. Frank/Cornelia Ruhe/Alexander Schmitz. Berlin 2010, S. 163–290, hier S. 165 zum Begriff der ›Semiosphäre‹, S. 203–219 zu seiner Verbindung mit dem für die Interpretation narrativer Texte viel beachteten Begriff des Sujets und die abschließende Exemplifizierung seiner Leistung anhand von mittelalterlicher Raumsymbolik und mittelalterlichem Geographieverständnis, mit dem Fazit: »Die Geschichte der geographischen Karten ist das Notizbuch der historischen Semiotik« (ebd., S. 243).
Vgl. Scheuer, Hans Jürgen: »Bildintensität. Eine imaginationstheoretische Lektüre des Strickerschen Artusromans ›Daniel von dem blühenden Tal‹«. In: ZfdPh 124 (2005), S. 23–46.
Vgl. Müller, Jan Dirk: Spielregeln für den Untergang. Die Welt des Nibelungenliedes. Tübingen 1998, S. 137.
Vgl. Siebert, Barbara: Rezeption und Produktion. Bezugssysteme in der »Kudrun«. Göppingen 1988, S. 179–182.
Die Differenzen stellen die vielzitierte These von Hoffmann, Werner: Kudrun. Ein Beitrag zur Deutung der nachnibelungischen Heldendichtung. Stuttgart 1967, S. 250–288, die Kudrun sei eine »Antwort auf das Nibelungenlied« (ebd., S. 277), nicht in Frage.
Kuhn, Hugo: »Kudrun«. In: Heinz Rupp (Hg.): Nibelungenlied und Kudrun. Darmstadt 1976, S. 502–514, hier S. 503.
Vgl. zum Problem zuletzt grundsätzlich Störmer-Caysa, Uta: »Wege und Irrwege, Wissen und heroische Geographie in der ›Kudrun‹. Kleine Studie über das Entstehen von Plausibilität in der Heldendichtung«. In: Matthias Däumer u. a. (Hg.): Irrwege. Zu Ästhetik und Hermeneutik des Fehlgehens. Heidelberg 2010, S. 93–111, hier bes. S. 93–97.
Für das Problem der geographischen Unstimmigkeiten in der frühen Forschung besonders die Zusammenstellung bei Panzer, Friedrich: Hilde-Gudrun. Eine sagen- und literaturgeschichtliche Untersuchung. Halle a.S. 1901, S. 101–110.
An der älteren Sicht hielt insbesondere fest: Wisniewski, Roswitha: Kudrun. 2., überarbeitete und erweiterte Aufl. Stuttgart 1969, S. 50–60. Spätere Geographisierungsversuche in der historischen Realität sind Maisack, Helmut: ›Kudrun‹ zwischen Spanien und Byzanz. 5.-13. Jahrhundert. Berlin 1978
Voorwinden, Norbert: »›Er was ze Friesen herre‹. Zum Verhältnis zwischen Friesen und Dänen in der ›Kudrun‹«. In: Klaus Zatloukal (Hg.): Mittelhochdeutsche Heldendichtung außerhalb des Nibelungen- und Dietrichkreises (Kudrun, Ortnit, Waltharius, Wolfdietriche). 7. Pöchlarner Heldenliedgespräch. Wien 2003, S. 213–229.
Vgl. schon die kompositorische Begründung bei Neumann, Friedrich: Art. »Kudrun«. In: VL 2 (1936), Sp. 961–983, hier Sp. 970 f.; auf die Spezifik mündlicher Kompositionen verweist z. B. Karl Stackmann in seiner Einleitung zur Ausgabe von Bartsch, Karl (Hg.): Kudrun. Neue ergänzte Ausgabe der fünften Aufl. überarbeitet und eingeleitet von Karl Stackmann. Wiesbaden 1980, S. VII-CI, hier S. XVII f. So auch Ders.: Art. »Kudrun«. In: 2VL 5 (1985), Sp. 410–426, hier Sp. 421.
Vgl. Haug, Walter: »Schriftlichkeit und Reflexion. Zur Entstehung und Entwicklung eines deutschsprachigen Schrifttums im Mittelalter«. In: Ders.: Strukturen als Schlüssel zur Welt. Kleine Schriften zur Erzählliteratur des Mittelalters. Tübingen 1989, S. 51–66.
Vgl. Schmid-Cadalbert, Christian: Der Ortnit AW als Brautwerbungsdichtung. Ein Beitrag zum Verständnis mittelhochdeutscher Schemaliteratur. Bern 1985, S. 40–100, mit der älteren Literatur, zur Variabilität des Musters in der Schriftlichkeit bes. S. 56 f., zur ›Raumstruktur‹ S. 83 f.
Zum Plotbegriff zwischen Kartierung und narrativer Dynamik der Beitrag von Matthias Bauer in diesem Heft. Vgl. zur Rezeptionsdynamik des Plots Brooks, Peter: Reading for the Plot. Design and Intention in Narrative. New York 1984.
Zuletzt Seeber, Stefan: »Totlachen. Komik und Ironie im ›Nibelungenlied‹ und in der ›Kudrun‹«. In: PBB 136 (2014), S. 230–253, hier S. 243–249 mit der These von dabei auftretenden komischen Kippeffekten.
Auf der Figurenebene zum Übergang: Schmitt, Kerstin: »Alte Kämpen, junge Ritter. Heroische Männlichkeitsentwürfe in der ›Kudrun‹«. In: Zatloukal (wie Anm. 19), S. 191–212. Programmatisch die Interpretation als Konzeptkorrelation zwischen höfischen und heldenepischen Erzählinhalten durch Müller, Jan-Dirk: Höfische Kompromisse. Acht Kapitel zur Höfischen Epik. Tübingen 2007, S. 364–373.
Vgl. zu den Grundtypen für die Kudrun zuerst ausführlich Siefken, Heinrich: Überindividuelle Formen und der Aufbau des Kudrunepos. München 1967, bes. S. 21–35, zusammenfassend S. 164, zur ›typischen Geographie‹ in Folge des Schematismus S. 34 f.
Restriktiv gegenüber der Vorstellung der Schemavariation Schmitt, Kerstin: Poetik der Montage. Figurenkonzeption und Intertextualität in der ›Kudrun‹. Berlin 2002
Dimpel, Friedrich Michael: »Hartmut–Liebling des Dichters? Sympathiesteuerung in der ›Kudrun‹«. In: ZfdA 141 (2012), S. 335–353, S. 339.
Variabilität und semantische Akzentuierung zeigt dagegen Wenzel, Franziska: »Die Geschichte des gefährlichen Brautvaters. Ein strukturalistisch-anthropologisches Experiment zur Kudrun«. In: Euphorion 99 (2005), S. 395–423
dazu die Interpretation der abschließenden Schemaauflösung durch Dörrich, Corinna: »Die Schönste dem Nachbarn. Die Verabschiedung des Brautwerbungsschemas in der ›Kudrun‹«. In: PBB 133 (2011), S. 32–55, zum Grundgedanken bes. S. 35 u. 49 f.
vgl. zuvor der ähnliche Hinweis bei Müller, Jan-Dirk: »Verabschiedung des Mythos. Zur Hagen-Episode der Kudrun«. In: Udo Friedrich/ Bruno Quast (Hg.): Präsenz des Mythos. Konfigurationen einer Denkform in Mittelalter und Früher Neuzeit. Berlin/New York 2004, S. 197–217, hier S. 207.
Versuche, dies pauschal aus einem mythischen Raum- bzw. einem mythomorphen Erzählkonzept zu erklären, bieten–jeweils in Anlehnung an Cassirer–Seeber, Stefan: »Vor dem holen steine erstuonden aber diu sunderbaeren maere (84,4). Zu den Raumstrukturen der ›Kudrun‹«. In: Burkhard Hasebrink u. a. (Hg.): Innenräume in der Literatur des deutschen Mittelalters. XIX. Anglo-German Colloquium Oxford 2005. Tübingen 2008, S. 125–146, und Müller (wie Anm. 27), S. 201 f.
Vgl. zum Heldenlebenschema de Vries, Jan: Heldenlied und Heldensage. Bern/München 1961, S. 281–301, bes. S. 284, 286 u. 288. Mit anderer Begrifflichkeit Müller (wie Anm. 27), S. 209.
Vgl. zur Metapher Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. 6. Aufl. Bern/München 1967, S. 138–141.
Zum Allegoriebegriff im Rahmen der Rhetorik Lausberg, Heinrich: Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. 3. Aufl. Mit einem Vorwort von Arnold Arens. Stuttgart 1990, S. 442.
Zur Auslegung Blumenberg, Hans: Schiffbruch mit Zuschauer. Paradigma einer Daseinsmetapher. Frankfurt a. M. 1979.
Dass diese konkret aus dem Tristan stamme, ist eine alte These (Schneider, Hermann: »Tristan und Kudrun«. In: ZfdA 64 [1927], S. 298–300), die aber der Konventionalität des Erzählelements nicht gerecht wird. Vgl. Schmid-Cadalbert (wie Anm. 24), S. 155 f., und unter dem Begriff der ›Kaufmannsformel‹ weiteres Material bei Geißler, Friedmar: Brautwerbung in der Weltliteratur. Halle a.S. 1955, S. 161 u. 167.
Siebert (wie Anm. 15), S. 104–107, hat von einer ›Tageliedstruktur‹ gesprochen. Fortmann, Patrick: »… und sanc ir sîniu liet. Der Auftritt des Sängers in der Epik«. In: ZfdPh 125 (2006), S. 342–367, zur Kudrun S. 355–362, mit dem Hinweis auf die sanglich konstituierte Räumlichkeit S. 357.
Vgl. dazu besonders Strohschneider, Peter: »Einfache Regeln - komplexe Strukturen. Ein strukturanalytisches Experiment zum ›Nibelungenlied‹«. In: Wolfgang Harms/ Jan-Dirk Müller (Hg.): Mediävistische Komparatistik. Festschrift für Franz Josef Worstbrock zum 60. Geburtstag. Stuttgart/Leipzig 1997, S. 43–74. Vgl. die These von Fortmann (wie Anm. 41), S. 361.
Vgl. zusammenfassend zur Erzähltradition und -varianten, mit den Nachweisen der Forschung zur Kudrun: Landolt, Christoph: Art. »Hildedichtung und Hildesage«. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 14 (1999), S. 561–565.
Zuletzt speziell mit Blick auf die Kudrun vgl. Millet, Victor: Germanische Heldendichtung im Mittelalter. Eine Einführung. Berlin/ New York 2008, S. 242–247. Übersetzung: Die Edda des Snorri Sturluson. Ausgewählt, übersetzt und kommentiert von Arnulf Krause. Stuttgart 1997, S. 182–185, Skáldskaparmál 49 und die dort zitierten Strophen von Bragis Ragnarsdrápa ebd. Nr. 250–254. Vgl. Snorri Sturluson: Edda. Udgiven Finnur Jónsson. Anden Udgave. Københaven 1926.
Zu den in diese Figur gespiegelten Konfliktkonstellationen besonders Hoffmann (wie Anm. 15), S. 105–124; Campbell, Ian R.: Kudrun. A Critical Appreciation. London/NewYork/Melbourne 1978, S. 201–215. Die Formel von der ›Lieblingsfigur des Dichters‹ stammt von Beck, Adolf: »Die Rache als Motiv und Problem in der ›Kudrun‹. Interpretation und geschichtlicher Ausblick«. In: Rupp (wie Anm. 16), S. 454–501, hier S. 465. Zuletzt zum Wertungsproblem der Figur, mit der Relativierung seiner positiven Akzentuierung durch die ältere Forschung, Dimpel (wie Anm. 27).
Vgl. Bulang, Tobias: »Visualisierung als Strategie literarischer Problembehandlung. Beobachtungen zu Nibelungenlied, Kudrun und (Hg.)Prosa-Lancelot«. In: Horst Wezel/ C. Stehen Jaeger (Hg.): Visualisierungsstrategien in mittelalterlichen Bildern und Texten. Berlin 2006, S. 188–212, hier S. 193–198, der in der Visualisierung ein Indiz für den neuen, letztlich höfischen Status der Figur sieht.
Vgl. die Bestandsaufnahme bei Sahm, Heike: »Wer sieht wen? Zum Erzählverfahren in der ›Kudrun‹«. In: Christiane Ackermann u. a. (Hg.): »Texte zum Sprechen bringen«. Philologie und Interpretation. Festschrift für Paul Sappler. Tübingen 2009, S. 131–141.
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Bleumer, H. Diagramm und Dimension. Z Literaturwiss Linguistik 44, 93–126 (2014). https://doi.org/10.1007/BF03379716
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