Zusammenfassung
Koeppen nutzt die praktisch zweckgerichteten Vorgaben der Gebrauchsform Reisebe¬richt, um ein weitreichendes erfahrungs- und zeitkritisches Konzept der Wirklichkeitsan¬eignung zu entwerfen. Es drängt zur ästhetischen Form und läßt sich in der Analyse der Redeinstanzen und Aussagefunktionen sowie des rhetorischen Zusammenspiels pragmati¬scher und ästhetischer Intentionen nachweisen.
Abstract
Koeppen uses the practical, informing structure of travel accounts to create a culturecritical concept for experiencing reality. The analysis of narrative perspective and function as well as of the rhetorical interaction of pragmatic and aesthetic intentions show this concept to have taken on aesthetic form.
Literature
Klaus R. Scherpe, „Erzwungener Alltag: Wahrgenommene und gedachte Wirklichkeit in der Reportageliteratur der Nachkriegszeit,“ Nachkriegsliteratur in Westdeutschland 1945–49: Schreibweisen, Gattungen, Institutionen, hrsg. Jost Hermand, Helmut Peitsch, Klaus R. Scherpe, Argument-Sonderband, AS 83 (1982), S. 35–102.
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Vgl. auch Helmut Kreutzer, „Zum Literaturbegriff der sechziger Jahre,“ ders., Veränderungen des Literaturbegriffs: Fun/Beiträge zu aktuellen Problemen der Literaturwissenschaft (1975), S. 64–75
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Karl Krolow, „Minutennotiz und Vision: Wolfgang Koeppen, Amerikafahrt,“ Zeitwende 30 (1959), 634.
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Manfred Koch, „Wolfgang Koeppens Amerikafahrt,“ Deutschlands literarisches Amerikabild: Neuere Forschungen zur Amerikarezeption der deutschen Literatur, hrsg. Alexander Ritter (1977), S. 495–524. Über eine paraphrasierende Rezeption deutlich hinaus geht inzwischen Hans-Ulrich Treichel in seiner Arbeit Fragment ohne Ende: Eine Studie über Wolfgang Koeppen (1984). Sie hat mir leider erst nach Drucklegung des Aufsatzes vorgelegen. Treichel fuhrt im Kapitel ‚Reisebeschreibungen ‘eine Reihe von Beobachtungen auf, die auch im vorliegenden Aufsatz angesprochen werden, bewertet sie aber überwiegend anders. Seine Interpretation kann hier nicht mehr sinnvoll in die Erörterung einbezogen werden. Wichtige Divergenzen bestehen in der Einschätzung der Textfunktionen von Erzähler und Autor (vgl. S. 149 ff, Treichel, S. 142ff), der Beziehung von Abbild und Erfahrung (vgl. S. 152 ff., Treichel, S. 140, S. 150), sowie daraus folgend in der Einschätzung des ästhetischen Konzepts der Reiseberichte insgesamt (vgl. S. 156, S. 161 f., S. 163 ff., Treichel, S. 140, S. 150, S. 157 ff).
Walter Jens, „Melancholie und Moral: Wolfgang Koeppen. Rede, gehalten am 20. 10. 1962 anläßlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises an Wolfgang Koeppen,“ Walter Jens, Von deutscher Rede (1969), S. 204.
Einen — kursorisch bleibenden — Ansatz dazu macht Dietmar Voss, Wahrheit und Erfahrung im ästhetischen Diskurs: Studien zu Hegel, Benjamin, Koeppen (1983), S. 274 ff.
Vgl. grundsätzlich zu dieser Fragestellung: Hans-Joachim Possin, Reisen und Literatur: Das Thema des Reisens in der englischen Literatur des 18. Jahrhunderts (1972).
Wilhelm Heinrich Pott, „Autonomie und Heteronomie: Anmerkungen zur literatur¬ wissenschaftlichen Problematik der Gebrauchstextdiskussion,“ Gebrauchsliteratur: Methodisehe Überlegungen und Beispielanalysen, hrsg. Ludwig Fischer, Knut Hickethier und Karl Riha (1976), S. 19–37.
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Jan Mukafovsky, „Der Standort der ästhetischen Funktion unter den übrigen Funktio¬ nen,“ ders., Kapitel aus der Ästhetik (1970), S. 120ff
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Vgl. hierzu Ralph-Rainer Wuthenow, Die erfahrene Welt: Europäische Reiseliteratur im Zeitalter der Aufklärung. Mit zeitgenössischen Illustrationen (1980).
Vgl. hierzu Friedrich Sengle, Biedermeierzeit: Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwi¬ schen Restauration und Revolution 1815–1848. Bd. II: Die Formenwelt (1972), S. 238–277.
Vgl. hierzu Wolfgang Preisendanz, „Der Funktionsübergang von Dichtung und Pu¬ blizistik,“ ders., Heinrich Heine: Werkstrukturen und Epochenbezüge, 2. verm. Aufl. (1983), S. 21–68.
Vgl. hierzu Erhard Schütz, Kritik der literarischen Reportage: Reportagen und Reiseberichte aus der Weimarer Republik über die USA und die Sowjetunion (1977).
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Vgl. auch Alfred Andersch, „Lyrische Demoskopie,“ Marbacher Magazin 17/1980ßr Alfred Andersch: ‚Texte und Zeichen‘, bearb. v. Thomas Scheuffelen (1980), S. 26–28.
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Vgl. Nikolaus Miller, Prolegomena zu einer Poetik der Dokumentarliteratur (1982), S. 207.
Vgl. Klaus-Detlef Müller, Autobiographie und Roman: Studien zur literarischen Autobio¬ graphie der Goethezeit (1976), S. 54 ff. u. a.
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Christian Linder, „Schreiben als Zustand: Ein Gespräch mit Wolfgang Koeppen,“ Text und Kritik, 34 (1972), 23.
Wolfgang Koeppen, „Flauberts Orientreise,“ Gustave Flaubert, Reisetagebuch aus Ägyp¬ten (1963), S. 218.
Hans Mayer, „Max Frischs Romane,“ Zur deutschen Literatur der Zeit: Zusammenhänge, Schrifisteller, Bücher (1967), S. 191 ff.
Vgl. Kathrin Hoffmann-Curtius, „Alle Wege fuhren nach Rom,“ Mit dem Auge des Touristen: Zur Geschichte des Reisebildes. Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Instituts der Universität Tübingen in der Kunsthalle Tübingen vom 22. August bis 20. September 1981 (1981), S. 19ff.
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Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Zweite Fassung, ders., Gesammelte Schrifien, Bd. 1.2, hrsg. Rolf Tiedemann und Herman Schweppenhäuser (1974), S. 479 und S. 475.
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Vgl. hierzu auch Hans Vilmar Geppert, „Roman und Wirklichkeit,“ in Arbeitsbuch Romananalyse, hrsg. Hans-Werner Ludwig (1982), S. 208–243.
Georg Trakl, Dichtungen und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe, hrsg. Walter Killy und Hans Szklenar (1969), Bd. I, Nachlaß, S. 367.
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Ernst-Peter Wieckenberg, „Der Erzähler Wolfgang Koeppen,“ Geschichte der deutschen Literatur aus Methoden: Westdeutsche Literatur von 1945–1971, hrsg. Heinz Ludwig Arnold, Bd. I (1972), S. 199.
Wolfgang Koeppen, „Gedanken und Gedenken,“ Arno Schmidt Preis 1984ßr Wolfgang Koeppen. Arno Schmidt Stiftung Bargfeld (1984).
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Todorow, A. Publizistische Reiseprosa als Kunstform: Wolfgang Koeppen. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 60, 136–165 (1986). https://doi.org/10.1007/BF03375904
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