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Zusammenfassung

Nicht die Fiktionalität wird im 12. Jahrhundert entdeckt — so die These -, sondern die Reflexion über Fiktionalität. Die höfischen Autoren, allen voran Chrétien de Troyes und sehr schnell auch Hartmann von Aue, setzen diese Reflexion in literarische Formen um; sie versuchen, ein differenziertes Bewußtsein von den Voraussetzungen und Möglichkeiten fiktionalen Erzählens zu schaffen. Diese kommunikative Dimension von Fiktionalität entwickelt der Aufsatz an den Dialogen des Erzählers (im Erec mit einem Hörer, im Iwein mit der Minne) in den Artusromanen Hartmanns von Aue. In einem zweiten Schritt wird dann der Prolog des Iwein, vor allem die dort entfaltete literarische Programmatik und Autorkonzeption, in die Analyse einbezogen.

Abstract

This article argues that the twelfth century did not so much discover fictionality as reflection on fictionality. Courtly authors — primarily Chretien de Troyes, followed quickly by Hartmann von Aue — transform this reflection into literary forms and attempt to create a more sophisticated awareness of the conditions and possibilities of fictional narratives. This article concentrates on the communicative dimension of fictionality with specific regard to the narrator’s dialogues in Hartmann von Aue’s Arthurian Romances (with the listener in Erec and with Minne in Iwein). A second stage considers the Iwein prologue, focusing primarily on its literary programme and author concept.

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Literature

  1. Vgl. Platon, Der Staat — Politeia, griechisch-deutsch, übers. Rüdiger Rufener, Einführung, Erläuterungen, Inhaltsübersicht und Literaturhinweise von Thomas Alexander Szlez’ak, Sammlung Tusculum, Düsseldorf, Zürich 2000, 10. Buch 599a; Aristoteles, Poetik, griechisch-deutsch, übers, und hrsg. Manfred Fuhrmann, Stuttgart 1994, Kap. 9.

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  2. Die bisherigen Ansätze, Fiktionalität im Artusroman zu beschreiben, referiert Gertrud Grünkorn, Die Fiktionalität des höfischen Romans um 1200, Philologische Studien und Quellen 129, Berlin 1994, 183–194.

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  3. — Zur lateinischsprachigen Theorie der erzählenden Gattungen, von der sich die poetische Praxis insbesondere des Artusromans deutlich absetzt, vgl. die Aufsatzsammlung von Fritz Peter Knapp, Historie und Fiktion in der mittelalterlichen Gattungspoetik. Sieben Studien und ein Nachwort, Beiträge zur älteren Literaturgeschichte, Heidelberg 1997.

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  4. — Die Bedeutung des Struktur-Sinn-Zusammenhangs für den fiktionalen Charakter des Artusromans, die Walter Haug in seiner Literaturtheorie im deutschen Mittelalter von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, 2. Aufl., Darmstadt 1992, eindringlich herausgearbeitet hat (vgl. insbesondere Kap. V.: „Chrétiens de Troyes ‚Erec’-Prolog und das arthurische Strukturmodell“), soll keineswegs bestritten werden. Der Fiktionalitätsbegriff des Artusromans ist allerdings durch Hinzunahme weiterer Kriterien an den volkssprachlichen Texten zu entwickeln, die vor dem Hintergrund der lateinischen Theoriebildung ein eigenes Fiktionsverständnis ausformen.

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  5. — Zu den Formen der Offenlegung von Fiktionalität im höfischen Roman vgl. Dennis H. Green, „Zum Erkennen und Verkennen von Ironie- und Fiktionssignalen in der höfischen Literatur“, in: Wolfgang Frühwald, Dietmar Peil, Michael Schilling, Peter Strohschneider (Hrsg.), Erkennen und Erinnern in Kunst und Literatur. Kolloquium Reisenburg, 4.-7. Januar 1996, Tübingen 1998, 35–56.

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  6. — Auch folgende Arbeiten liefern wichtige Beiträge zur Debatte um die Fiktionalität des höfischen Romans, konnten hier aber nicht mehr einbezogen werden: Bernd Schirok, „Ein rîter, der geler ret was. Literaturtheoretische Aspekte in den Artusromanen Hartmanns von Aue“;, in: Anna Keck, Theodor Nolte (Hrsg.), Ze hove und an der strâzen. Die deutsche Literatur des Mittelalters und ihr ‚Sitz im Leben’. Festschrift für Volker Schupp zum 65. Geburtstag, Stuttgart, Leipzig 1999, 184–211

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  7. Franz Josef Worstbrock, „Wiedererzählen und übersetzen“, in: Walter Haug (Hrsg.), Mittelalter und frühe Neuzeit. übergänge, Umbrüche und Neuansätze, Fortuna vitrea 16, Tübingen 1999, 128–142.

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  8. — Zum Problem der Autorität im Kontext der Produktion eines literarischen Werkes und der Begründung einer literarischen Tradition vgl. jetzt die Beiträge in dem Band: Jürgen Fohrmann, Ingrid Kasten, Eva Neuland (Hrsg.), Autorität der/in Sprache, Literatur, Neuen Medien. Vorträge des Bonner Germanistentages 1997, II, Bielefeld 1999.

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  9. Dem Zusammenhang von Fiktionalität und Medialität, d.h. der Inszenierung von Mündlichkeit im schriftlichen Text als Form der literarischen Reflexion von Fiktionalität, bin ich in einer eigenen Studie nachgegangen: „Fiktionalität und Medialität. Der höfische Roman zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit“, erscheint in: Peter Strohschneider, Ingrid Bennewitz, Werner Röcke (Hrsg.), Mediävistik und Neue Philologie, Akten des X. Internationalen Germanistenkongresses, Wien 2000, LVII.

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  10. Hier schließen die überlegungen an Warnings Aufsatz zum Yvain Chrétiens an, deren Tragweite für die auf Chrétien folgenden Texte bisher kaum genau ausgelotet worden ist; Rainer Warning, „Formen narrativer Identitätskonstitution im höfischen Roman“, in: Jean Frappier, Reinhold R. Grimm (Hrsg.), Le roman jusqu’à la fin du XIIIe siècle, GRLMA IV, 1, Heidelberg 1978, 25–59.

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  11. Vgl. Rainer Warning, „Der inszenierte Diskurs. Bemerkungen zur pragmatischen Relation der Fiktion“, in: Dieter Henrich, Wolfgang Iser (Hrsg.), Funktionen des Fiktiven, Poetik und Hermeneutik X, München 1983, 183–206, hier: 193.

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  12. Chrétien de Troyes, Erec et Enide, Erec und Enide, altfranzösisch und deutsch, übers, und hrsg. Albert Gier, Stuttgart 1987, v. 14.

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  13. Aus der Fülle der Forschungsliteratur zu dieser neuen poetologischen Begriffsbildung waren für die hier vorgestellten überlegungen vor allem die folgenden Arbeiten wichtig: Brigitte Burrichter, Wahrheit und Fiktion. Der Status der Fiktionalität in der Artusliteratur des 12. Jahrhunderts, Beihefte zu Poetica 21, München 1996

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  14. Thorsten Greiner, „Das Erzählen, das Abenteuer und ihre ‚sehr schöne Verbindung’. Zur Begründung fiktionalen Schreibens in Chrétiens de Troyes Erec-Prolog“, Poetica 24 (1992), 300–316

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  15. Gerold Hilty, „Zum Erec-Vrolog von Chrétien de Troyes“, in: Manfred Bambeck, Hans Helmut Christmann (Hrsg.), Philologica Romanica. Erhard Lommatzsch gewidmet, München 1975, 245–256.

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  16. Zum Erzähler in den Romanen Chrétiens vgl. insbes. Roberta L. Krueger, „The Author’s Voice: Narrators, Audiences and the Problem of Interpretation“, in: The Legacy of Chrétien de Troyes, ed. Norris J. Lacy, Douglas Kelly and Keith Busby, I, Faux titre 31, Amsterdam 1987, 115–140, hier: 118–121

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  17. Katalin Halasz, Images d’auteur dans le roman médiéval (XIIe–XIIIe siècles), Studia Romanica de Debrecen, series litteraria, fasc. XVII, Debrecen 1992. — Da es sich bei einem mündlichen Erzähler im schriftlichen Text um ein vom Autor geschaffenes literarisches Konstrukt handelt, kann „in dieser Erzählhaltung die Verbürgung der Geschichte immer auch umschlagen... in eine Thematisierung ihrer Artifizialität, ihres Geschaffenseins“; (Warning [Anm. 5], 49). Die Bedeutung des Autors als eines literarischen Arrangeurs und als eines Sinnstifters wird auf diese Weise exponiert hervorgehoben.

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  18. Zur Perspektive des Erzählens in den afrz. Antikenromanen vor Chrétien vgl. Udo Schöning, Thebenroman — Eneasroman — Trojaroman. Studien zur Rezeption der Antike in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts, Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie 235, Tübingen 1991, 97–180. Weitgehend unstrittig ist jedoch, „daß in der Konstitution einer textinternen Erzählinstanz im Zuge der Verschriftlichung volkssprachlicher Erzählungen ein zentrales Moment für den Prozeß der Etablierung von Fiktionalität zu sehen ist.

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  19. Die ambivalente Stellung des Erzählers zwischen realer Welt und Welt des Textes trägt dazu bei, die Letztere nicht mehr an den Wahrheitskriterien der Ersteren zu messen, sondern ihr einen eigenen Status... zuzuerkennen“ (Günter Butzer, „Das Gedächtnis des epischen Textes. Mündliches und schriftliches Erzählen im höfischen Roman des Mittelalters“, Euphorion 89 [1995], 151–188, hier: 174).

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  20. Zum Erzähler in den Werken Hartmanns vgl. vor allem William H. Jackson, „Some Observations on the Status of the Narrator in Hartmann von Aue’s Erec and Iwein“, in: Arthurian Romance. Seven Essays, ed. Douglas D. R. Owen, Edinburgh, London 1970, 65–82

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  21. Hans-Peter Kramer, Erzählerbemerkungen und Erzählerkommentare in Chrétiens und Hartmanns ‚Erec’ und Jwein’, Phil. Diss. Marburg 1971

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  22. Paul H. Arndt, Der Erzähler bei Hartmann von Aue. Formen und Funktionen seines Hervortretens, GAG 299, Göppingen 1980

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  23. Beate Hennig, Maere’ und ‚werc’. Zur Funktion von erzählerischem Handeln im ‚Iwein’ Hartmanns von Aue, GAG 321, Göppingen 1981, 89–141.

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  24. In der bisherigen Forschung lag der Akzent darauf, daß Hartmann in dem Dialog in erster Linie die Rezeptionssituation seines Werkes thematisiere. Pérennec erklärt die Dialogpassagen aus der „Kreativität des Adaptateurs, die sich im Konversationsstil zu erkennen gibt“; René Pérennec, „dâ heime niht erzogen — Translation und Erzählstil. ‚Rezeptive Produktion’ in Hartmanns ‚Erec’“, in: Hartmut Kugler (Hrsg.), Interregionalität der deutschen Literatur im europäischen Mittelalter, Berlin, New York 1995, 107–126, hier: 113. Hartmann stelle in bezug auf den Artusroman selbst das erste deutsche Publikum vor, literarisiere hier also seine eigene Hör-, Lese- und übersetzungserfahrung. Zudem habe er seinem Publikum etwas gänzlich Neues, einen neuen literarischen Typus, zu vermitteln: „Die Herausbildung des Konversationsstils im ‚Erec’ erscheint als eine Reaktion auf die besonderen Eigenschaften der neuen Gattung, die durch ‚interregionalen’ Kontakt in den deutschsprachigen Kulturraum transportiert wurde“ (124).

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  25. — Für Worstbrock reflektiert sich Hartmann demgegenüber im Erec im Dialog mit dem Hörer „als Subjekt fiktiven Erzählens“; er stelle als erster in Deutschland „ein Bewußtsein für literarische Fiktionalität“ heraus und bilde es aus, „indem er wie zur Einübung des Publikums gleich auch das Faszinosum gewußter Fiktion ausspielt“ (Franz Josef Worstbrock, „Dilatatio materiae. Zur Poetik des ‚Erec’ Hartmanns von Aue“, Frühmittelalterliche Studien 19 [1985], 1–30, hier: 26 f.).

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  26. — An dieser Einsicht, die Worstbrock nicht ins Zentrum seiner Interpretation der Beschreibung von Enites Pferd und dessen Sattelzeug stellt, macht Singer seine zentrale These fest: Hartmann gelinge es, „über die Doppelung von Erzähler und Autor den produktionsästhetischen Modus des Textes in den Blick zu rücken sowie über die Doppelung von fingiertem Hörer und intendiertem Leser auf die intendierte Rezeption Einfluß zu nehmen“ (Johannes Singer, „‚nû swîc, lieber Hartman: ob ich ez errate?’ Beobachtungen zum fingierten Dialog und zum Gebrauch der Fiktion in Hartmanns ‚Erec’-Roman [7493–7766]“, in: Gert Rickheit, Sigurd Wichter [Hrsg.], Dialog. Festschrift für Siegfried Grosse, Tübingen 1990, 59–74, hier: 64). An diese Forschungspositionen knüpfen die nachstehenden Ausführungen an. -Zur Pferdebeschreibung im Erec als Paradigma für die Entstehung eines Textes im ‚Zusammenspiel von Bild und Sprache’ vgl. Mireille Schnyder, „Mittelalterliche ‚Audiovisualität’“, erscheint in: Barbara Sabel, André Bucher (Hrsg.), Der unfeste Text. Perspektiven auf einen literatur- und kulturwissenschaftlichen Leitbegriff.

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  27. Walter Haug, „Gebet und Hieroglyphe. Zur Bild- und Architekturbeschreibung in der mittelalterlichen Dichtung“, in: ders., Strukturen als Schlüssel zur Welt. Kleine Schriften zur Erzählliteratur des Mittelalters, Tübingen 1989, 110–125, hier: 115.

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  28. Übersetzung von Thomas Cramer (Hrsg.), Hartmann von Aue, Erec, mittelhochdeutscher Text und übertragung, Frankfurt a.M. 1972, v. 7393: „ez enwas dâ heime niht erzogen“.

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  29. Fromm weist beispielsweise auf die Positivierung des Vergil-Bildes im 12. Jh. hin, „die jetzt von den Schulen ausgeht. Nicht nur als poeta wird er verstanden, sondern auch als philosophus, als derjenige, der menschliches Handeln recht zu verstehen lehrt.... Denn veritas erhält nun neben der alten, auf die Faktizität der res gestae... festgelegten Bedeutung eine zweite,... den ‚Sinn’ (sensus, intellectus), und dieser meint sowohl das Maß an Sinnfülle, das in der res steckt, als auch, nur in der Blickrichtung unterschieden, den Sinn, den der mittelalterliche Interpret, der poetaphilosophus in ihr findet“ (Hans Fromm, „Eneas der Verräter“, in: Johannes Janota, Paul Sappler u.a. [Hrsg.], Festschrift Walter Haug und Burghart Wachinger, I, Tübingen 1992, 139–163, hier: 160f.).

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  30. Zur erzählerischen Ausweitung des Wunderbaren im Erec Hartmanns gegenüber der Vorlage vgl. Ingrid Strasser, „Fiktion und ihre Vermittlung in Hartmanns ‚Erec’- Roman“, in: Volker Mertens, Friedrich Wolfzettel (Hrsg.), Fiktionalität im Artusroman. Dritte Tagung der Deutschen Sektion der Internationalen Artusgesellschaft in Berlin vom 13.-15. Februar 1992, Tübingen 1993, 63–83, hier: 70–72.

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  31. Zu diesem Namen vgl. Eckart C. Lutz, „Verschwiegene Bilder — geordnete Texte. Mediävistische überlegungen“, DVjs 70 (1996), 3–47, hier: 42, Anm. 117.

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  32. Vgl. Kathryn Smits, „Die Schönheit der Frau in Hartmanns ‚Erec’“, ZfdPb 101 (1982), 1–28, hier: 22. Enite repräsentiert die höfische Gesellschaft, die als eine ideelle, vor allem ästhetische Totalität aufgebaut wird. Der höfischschöne Leib bestimmt wesentlich den Grad der Zugehörigkeit zur ritterlichen Kultur.

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  33. Zur besonderen Eigenart der Ironie bei Hartmann vgl. Silvia Ranawake, „Zu Form und Funktion der Ironie bei Hartmann von Aue“, in: Werner Schröder (Hrsg.), Wolfram-Studien VII, Berlin 1982, 75–116.

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  34. Zu mhd. wân im Erec (vgl. v. 7524), verstanden als Thematisierung einer anthropologischen Prämisse von Fiktionalität, vgl. Stefan Bauer, „Nâch âventiure wâne. Zur Integration von Minne- und Ritterwân in Hartmanns Erec“, Poetica 29 (1997), 75–93.

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  35. Im Anschluß an den Dialog mit dem Hörer vermag der Erzähler die Werthaftigkeit des Sattelzeugs schließlich noch dadurch zu steigern, daß er die in das Sattelgestell eingeschnitzten bildlichen Darstellungen der Troja- und Eneasgeschichte, die in die Satteldecke eingewebten „aller werlde wunder / und swaz der himel besliuzet“ (v. 7589f.), eine Art enzyklopädisches Panorama der Welt und ihrer Lebewesen, sowie die auf dem Sattelkissen dargestellte Geschichte von Pyramus und Thisbe beschreibt. Das Sattelzeug wird damit zu einer Kristallisationsform von ästhetisch-literarischem und enzyklopädisch-gelehrtem Wissen; vgl. Barbara Haupt, „Literaturgeschichtsschreibung im höfischen Roman. Die Beschreibung von Enites Pferd und Sattelzeug im ‚Erec’ Hartmanns von Aue“, in: Klaus Matzel, Hans-Gert Roloff (Hrsg.), Festschrift für Herbert Kolb zu seinem 65. Geburtstag, Bern, Frankfurt a.M., New York, Paris 1989, 202–219.

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  36. Die im Erec und auch im Iwein zu beobachtende partielle Auffächerung der Erzählinstanz in mehrere Stimmen — auch einer Handlungsfigur (Kalogrenant) ist ja im Yvainllwein zeitweise die Erzählfunktion übertragen — korrespondiert mit der These Kuglers, daß sich das Ich des Romanhelden im Iwein auf mehrere Figuren verteilt: „Das Tun und Lassen des Helden korrespondiert und korreliert mit dem der Nebenfiguren und mit der Inszenierung der verschiedenen Episoden so eng, wie es im modernen Roman der Antagonismus von einsamem Helden und entfremdeter Welt kaum zulassen könnte“ (Hartmut Kugler, „Iwein, das gute und das schlechte Regiment“, Oxford German Studies 25 [1996], 90–118, hier: 99).

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  37. Vgl. Peter von Moos, „Gespräch, Dialogform und Dialog nach älterer Theorie“, in: Barbara Frank, Thomas Haye, Doris Tophinke (Hrsg.), Gattungen mittelalterlicher Schriftlichkeit, Script-Oralia 99, Tübingen 1997, 235–259

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  38. Peter von Moos, „Zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit: Dialogische Interaktion im lateinischen Hochmittelalter“, Frühmittelalterliche Studien 25 (1991), 300–314.

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  39. Nicht ein Artusroman, sondern ein didaktisches Minnegedicht, die Klage, ist vermutlich Hartmanns erstes Werk gewesen. Für Mertens erklärt sich dies daraus, daß sein Publikum „mit den indirekten Darstellungstechniken des höfischen Thesenromans noch nicht vertraut und wohl noch nicht in der Lage war, einen symbolisch strukturierten Roman des Chrétien-Typs zu verstehen“ (Volker Mertens, „Fastus est per clericum miles cythereus’. überlegungen zu Entstehungs- und Wirkungsbedingungen von Hartmanns Klage-Büchlein“, in: Timothy McFarland, Silvia Ranawake [Hrsg.], Hartmann von Aue. Changing Perspectives. London Hartmann Symposium 1985, GAG 486, Göppingen 1988, 1–19, hier: 18).

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  40. Vgl. Rupert Kalkofen, „Von der Notwendigkeit des überblicks. Die schriftliche Mündlichkeit des ‚self-conscious narrator’; in Iwein, Laiebuch und Tristram Shandy“, Daphnis 24 (1995), 571–601, hier: 591.

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  41. Vgl. auch Butzer (Anm. 12), 155, sowie Franz H. Bäuml, „Autorität und Performanz. Gesehene Leser, gehörte Bilder, geschriebener Text“, in: Christine Ehler, Ursula Schaefer (Hrsg.), Verschriftung und Verschriftlichung. Aspekte des Medienwechsels in verschiedenen Kulturen und Epochen, Script-Oralia 94, Tübingen 1998, 248–273.

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  42. Hartmann von Aue, Iwein, hrsg. Georg F. Benecke, Karl Lachmann, neu bearbeitet Ludwig Wolff, 7. Aufl., Berlin 1968, v. 2987 f.

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  43. Chrétien berichtet hier lediglich, daß Artus Iweins Leib mit sich fortführen konnte, nicht aber das Herz, das sich bei der zurückgelassenen Dame anklammerte (vv. 2639-2646): „Der Leib kann ohne Herz nicht weiterleben“, fährt Chrétiens Erzähler fort, „und wenn er es doch tut, so ist das ein Wunder, das noch keiner sah. Dieses Wunder ist hier geschehen“ (übersetzung von Ilse Nolting-Hauff [Hrsg.], Chrétien de Troyes, Yvain, Klassische Texte des Romanischen Mittelalters in zweisprachigen Ausgaben 2, 2. Aufl., München 1983, vv. 2647–2651).

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  44. Bei dem Begriff des Wunders („mervoille“, v. 2651) setzt Hartmanns Umformung des Bildes zur Metapher des Herzenstausches an; so auch Wolfgang Dittmann, „Dune hâst niht wâr, Hartman! Zum Begriff der wârheit in Hartmanns Iwein“, in: Werner Simon, Wolfgang Bachofer, Wolfgang Dittmann (Hrsg.), Festgabe für Ulrich Pretzel zum 65. Geburtstag, Berlin 1963, 150–161, hier: 153.

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  45. Zur Metapher des Herzenstausches vgl. die von Hans-Hugo Steinhoff (Hrsg.), Lancelot und Ginover IL Prosalancelot IL Nach der Heidelberger Handschrift Cod. Pal. germ. 147, hrsg. Reinhold Kluge, ergänzt durch die Handschrift Ms. allem. 8017–8020 der Bibliothèque de l’Arsenal Paris, Bibliothek deutscher Klassiker 123, Bibliothek des Mittelalters 15, Frankfurt a.M. 1995, 965 f. (Kommentar zu 16,32–18,2), angeführte Literatur. Zu wörtlich genommenen und narrativ entfalteten Metaphern vgl. Uwe Ruberg, „‚Wörtlich verstandene’ und ‚realisierte’ Metaphern in deutscher erzählender Dichtung von Veldeke bis Wickram“, in: Helmut Rücker, Kurt Otto Seidel (Hrsg.), „Sagen mit sinne“. Festschrift für Marie-Luise Dittrich zum 65. Geburtstag, GAG 180, Göppingen 1976, 205–220 (zum Herzenstausch 207f.). Ruberg weist auch darauf hin, daß in der Rhetorik das Verfahren, den wörtlichen und metaphorischen Gebrauch eines Wortes Dialogpartnern zuzuordnen, als ‚reflexio’ (‚anaclasis’) bezeichnet wird (215). Vgl. zu diesem Komplex jetzt auch Bruno Quast, „Literarischer Physiologismus. Zum Status symbolischer Ordnung in mittelalterlichen Erzählungen von gegessenen und getauschten Herzen“, ZfdA 129 (2000), 303–320. — Zur Szene im Iwein vgl. vor allem Dittmann (Anm. 41), 153 f.; Hennig (Anm. 16), 131–136.

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  46. Die im Dialog über den Herzenstausch entfaltete Problemstellung führt in das Sinnzentrum des Romans hinein. „Vom Minnebereich aus werden die Artusnormen gedeutet“, und von hier aus wird eine subjektzentrierte Deutungsperspektive auf den gesamten Roman entwickelt, die allerdings erst im Prozeß der Entfaltung des größeren Fiktionszusammenhangs anschaulich wird; Hedda Ragotzky, »saelde und êre und der sêle heil. Das Verhältnis von Autor und Publikum anhand der Prologe zu Hartmanns ‚Iwein’ und zum ‚Armen Heinrich’“, in: Gerhard Hahn, Hedda Ragotzky (Hrsg.), Grundlagen des Verstehens mittelalterlicher Literatur. Literarische Texte und ihr historischer Erkenntniswert, Stuttgart 1992, 33–54, hier: 45.

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  47. Der von Hartmann am Beginn der Tradition des deutschen Artusromans entworfenen Stilisierung des Autors als Ritter vermochte sich kaum einer der Nachfolgenden zu entziehen: sei es, daß man sich affirmativ, sei es, daß man sich kontrastiv darauf bezieht. Wolfram schafft dann in einer nächsten Entwicklungsstufe eine neue Qualität der Stilisierung des Autor-Erzählers, indem er der Rolle in weitaus größerem Maße Biographie-Fragmente zuschreibt und auch die Ironisierung von Erzählfiktion und Erzählerstilisierung auf eine ungemein wirkungsvolle Weise intensiviert; vgl. Klaus Ridder, „Autorbilder und Werkbewußtsein im ‚Parzival’ Wolframs von Eschenbach“, in: Joachim Heinzle, L. Peter Johnson, Gisela Vollmann-Profe (Hrsg.), Neue Wege der Mittelalter-Philologie. Landshuter Kolloquium 1996, Wolfram-Studien 15, Berlin 1998, 168–194, insbes. 185–188.

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  48. Die Stilisierung des die Vergangenheit in die Gegenwart literarisch hineinholenden Autors, der sich mit seinem Namen nennt, schiebt den Anspruch Chrétiens auf das Werk beiseite. Daß Chrétien im deutschen Raum keine direkte Konkurrenz darstellte, ist kein hinreichendes Argument gegen diese These, wenn man etwa der Theorie Harold Blooms von der Einflußangst der Späteren folgt; vgl. Harold Bloom, Einflußangst. Eine Theorie der Dichtung, Basel, Frankfurt a.M. 1995.

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  49. Vgl. Hans Blumenberg, „‚Nachahmung der Natur’. Zur Vorgeschichte der Idee des schöpferischen Menschen“, Studium Generale 10 (1957), 266–283

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  50. Hans Blumenberg, „Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des Romans“, in: Hans Robert Jauss (Hrsg.), Nachahmung und Illusion. Kolloquium Gießen Juni 1963. Vorlagen und Verhandlungen, Poetik und Hermeneutik I, 2. Aufl., München 1969, 9–27

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  51. Peter von Moos, „Poeta und Historicus im Mittelalter. Zum Mimesis-Problem am Beispiel einiger Urteile über Lucan“, PBB 98 (1976), 93–130.

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  52. Zu Mimesis als Bezeichnung eines ästhetischen Verfahrens in der Poetik des Aristoteles, die allerdings im Mittelalter wohl nur rudimentär bekannt war, vgl. Jürgen H. Petersen, „l’Mimesis’ versus ‚Nachahmung’. Die Poetik des Aristoteles — nochmals neu gelesen“, arcadia 27 (1992), 3–46

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  53. Jürgen H. Petersen, „l’Nachahmung der Natur’: Irrtümer und Korrekturen“, arcadia 29 (1994), 182–198.

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  54. Anders Karina Kellermann, „‚Exemplum’ und ‚historia’. Zu poetologischen Traditionen in Hartmanns ‚Iwein’“, GRM N.F. 42 (1992), 1–27.

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Ridder, K. Fiktionalität und Autorität Zum Artusroman des 12. Jahrhunderts. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 75, 539–560 (2001). https://doi.org/10.1007/BF03375845

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