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Einschreibesysteme 1836/1980 Allegorien des Schreibens bei Eduard Mörike und Hermann Burger

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Die Analysen von zwei Gedichten aus verschiedenen historischen Paradigmen–Eduard Mörikes An eine Lieblingsbuche meines Gartens (1836) und Hermann Burgers Turmhahn (1980)–zeigen exemplarisch auf, wie diese Autoren ihre eigene Dichteridentität durch (intertextuelle) Einschreibungsakte allererst konstituieren und insofern Allegorien des Schreibens vorlegen, welche die Paradoxic von Subjektivität performativ inszenieren.

Abstract

The essay analyses two poems taken from different historical contexts–namely Eduard Mörike’s An eine Lieblingsbuche meines Gartens (1836) and Hermann Burger’s Turmhahn (1980)–in order to demonstrate, how these authors both constitute their identities as poets by means of (intertextual) acts of inscription and therefore present allegories of writing performatively staging the paradox of subjectivity.

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Literature

  1. Hermann Burger, „Schreiben Sie, trotz Germanistik?“, Zürcher Student (4. Juli 1967). Wiederabgedruckt in und zitiert nach: Ders., Ein Mann aus Wörtern, Frankfurt a.M. 1983, 242–247, hier: 242.

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  2. Harold Bloom, Eine Topographie des Fehllesens [1975], Frankfurt a.M. 1997, 81. Für eine kurze Diskussion (und Kritik) von Blooms Theorie, die eine (partielle) Rückkehr des Autors ‘impliziert, vgl. Verf., „Playgiarism Rules. Hermann Burgers Poetologie“, in: Thomas Fries, Peter Hughes, Monika Kaspers (Hrsg.), Schreibprozesse, München 2006 (im Erscheinen).

  3. ‚Poetologische Lyrik ‘hat folgende Merkmale: Sie thematisiert Aspekte der Dichtungstheorie, wobei diese dichtungstheoretischen Inhalte nicht von ihrer ästhetischen Gestalt abstrahiert werden können, und sie zeichnet sich durch ein selbstreflexives Moment aus (vgl. Olaf Hildebrand, „Einleitung“, in: Ders. [Hrsg.], Poetologische Lyrik von Klopstock bis Grünbein. Gedichte und Interpretationen, Köln, Weimar, Wien 2003, 1–15, hier: 6f.).

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  4. Vgl. dazu generell: Markus Fauser, Intertextualität als Poetik des Epigonalen: Immermann-Studien, München 1999, 13–33

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  5. Burkhard Meyer-Sickendiek, Die Ästhetik der Epigonalität: Theorie und Praxis wiederholenden Schreibens im 19. Jahrhundert; Immermann–Keller–Stifter–Nietzsche, Tübingen, Basel 2001, 61–93

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  6. Marcus Hahn, Geschichte und Epigonen. ‚19. Jahrhundert ‘/ ‚Postmoderne‘, Stifter / Bernhard, Freiburg i.Br. 2003, 133–292.

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  7. Zitiert nach: Hans-Henrik Krummacher, „Mitteilungen zur Chronologie und Textgeschichte von Mörikes Gedichten“, Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft 6 (1962), 253–310, hier: 259.

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  8. Eduard Mörike, An eine Lieblingsbuche meines Gartens, in deren Stamm ich Hölty’s Namen schnitt, Werke und Briefe. Historisch Kritische Gesamtausgabe, hrsg. Hans-Henrik Krummacher, Stuttgart 1967ff., I (2003), 131 (Versnachweise fortan mit der Sigle LB direkt im Text).

  9. Die Idyllen Theokrits–ihn hat Mörike nicht nur begeistert gelesen, sondern auch übersetzt (vgl. dazu Katharina Meyer-Guyer, Eduard Mörikes Idyllendichtung, Zürich 1977, 149–175)–stellen den historischen Ursprung dieser Gattung dar (vgl.

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  10. Renate Böschenstein-Schäfer, Idylle, 2. Aufl., Stuttgart 1977, 7), an die Mörike anschließt: „Mörike thematisiert die Idylle als Dichtungs-Beschwörung, als Bann-Raum der Kunst: und das ist urbukolischer, theokritischer Geist.“ (Helmut J. Schneider, „Dingwelt und Arkadien. Mörikes Idylle vom Bodensee und sein Anschluß an die bukolische Tradition“, Zeitschrift für Deutsche Philologie 97/Sonderheft [1978], 24-51, hier: 27). Zu Mörikes Idyllenkonzeption vgl.

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  11. Birgit Mayer, Eduard Mörike, Stuttgart 1987, 71–73 und

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  12. Matthias Luserke-Jaqui, Eduard Mörike. Ein Kommentar, Tübingen, Basel 2004, 128–132.

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  13. L. Bloch, „Nymphen“, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, hrsg. Wilhelm Heinrich Röscher, Leipzig 1897–1909, III [1902], 500–567, hier: 518. Schon bei Theokrit lehren die Dryaden „die Hirten Gesang und Spiel“ (518). Zur Verwandtschaft von Nymphen und Musen vgl. auch

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  14. Eike Barmeyer, Die Musen. Ein Beitrag zur Inspirationstheorie, München 1968, 39f., 51, 68.

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  15. Jacob Grimm, Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854–1960, II [1860], 467. Der Buchstabe schuldet seinen Namen ebenfalls diesem Umstand: „auf die büchnen stäbe wurden die züge geritzt“ (480).

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  16. Ausführlicher zur Buche vgl. Doris Laudert, Mythos Baum. Geschichte–Brauchtum–40 Baumporträts, 5. Aufl., München 2003, 70–79, v.a. 72f. Zur keineswegs zufälligen Verbindung von Buche und Kreativität bei Mörike vgl.

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  17. Theodore Ziolkowski, „Mörike’s Die schöne Buche: An Arboreal Meditation“, The German Quarterly 56 (1983), 4–13, v.a. 10–12, der den genius loci der Buche als „muse of poetry“ (12) deutet. Widersprochen wird damit zugleich Gert Sautermeisters Kritik an Ziolkowski, der dessen Pointe als „enttäuschende Schlußfolgerung“ bezeichnet (Gert Sautermeister, „Natur, Kultur und kultische Handlung in Eduard Mörikes Die schöne Buche“, in: Andrea Hübener, Erich Unglaub [Hrsg.], Kuriosum als Erkenntnis. Festschrift für Ludwig Albertsen, Flensburg 2002, 141–157, hier: 157).

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  18. Es wird sich zeigen lassen, wie viel fruchtbarer es ist, in der anthropomorphen Logik von Mörikes Bild der Baumnymphe zu bleiben und entsprechend das Theoriepotential der Tätowierung (vgl. dazu Frances E. Mascia-Lees, Patricia Sharpe [Hrsg.], Tattoo, Torture, Mutilation, and Adornment. The Denaturalization of the Body in Culture and Text, New York 1992

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  19. Jane Caplan [Hrsg.], Written on the Body: The Tattoo in European and American History, London 2000

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  20. Ulrike Landfester, „Tertium datur. ‚Schrift und Bild und Körper ‘als kulturtheoretische Denkfigur“, in: Dies. [Hrsg.], Schrift und Bild und Körper, Bielefeld 2002, 9–41, v.a. 28–41) auszuschöpfen, anstatt bloß von Epigraphie auszugehen.

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  21. Vgl. Barmeyer (Anm. 9), 97–100. Für sich genommen hat freilich auch die Metapher der Inskription eine lange Tradition: „Das Bild von der Inschrift in die Seele oder in das Herz des Menschen gehört zum Urbestand der abendländischen Metaphorologie“ (Albrecht Koschorke, „Seeleneinschreibeverfahren. Die Theorie der Imagination als Schnittstelle zwischen Anthropologie und Literatur“, in: Rudolf Behrens, Roland Galle [Hrsg.], Historische Anthropologie und Literatur. Romanistische Beiträge zu einem neuen Paradigma der Literaturwissenschaft, Würzburg 1995, 135–154, hier: 135). So spricht zum Beispiel schon Piaton vom Hineinschreiben in die Seele (vgl. Phaidros 278a).

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  22. Zur identitätsbildenden Funktion von Körperinschriften vgl. Stephan Oettermann, Zeichen auf der Haut. Die Geschichte der Tätowierung in Europa [1979], 4. Aufl., Hamburg 1994, 12, 17. Da Tätowierungen–man hat sie, oder man hat sie nicht–Verhältnisse von Inklusion und Exklusion etablieren, ist es entscheidend, ob es sich um Autopoiesis (freiwillige Tätowierung) oder–wie hier–um Heteropoiesis (unfreiwillige Tätowierung) handelt (vgl.

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  23. Alois Hahn, „Handschrift und Tätowierung“, in: Hans Ulrich Gumbrecht, K. Ludwig Pfeiffer [Hrsg.], Schrift, München 1993, 201–217, hier: 209 resp.214f. und

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  24. Claudia Benthien, Haut. Literaturgeschichte–Körperbilder–Grenzdiskurse [1999], 2. Aufl., Reinbek bei Hamburg 2001, 72).

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  25. Urs Urban, „Topeaugraphien. Auf die Haut geschrieben“, in: Christine Hanke, Regina Nössler (Hrsg.), Haut, Tübingen 2003, 27–41, hier: 30.

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  26. Vgl. Das Herkunftswörterbuch (= Der Duden; 7), 2. Aufl., Mannheim, Wien, Zürich 1989, 584. Dass ‚schreiben ‘in seinem metaphorischen Kern nichts anderes bedeutetals ‚einritzen‘, ‚einschneiden’ usw., hebt auch Derrida hervor (vgl.

  27. Jacques Derrida, Grammatologie [1967], 6. Aufl., Frankfurt a.M. 1996, 216).

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  28. Diese Gleichzeitigkeit von Schmerz und Lust ist charakteristisch für die Einschreibung: „La souffrance d’être écrit par la loi du groupe se double étrangement d’une jouissance, celle d’être reconnu […], de devenir un mot identifiable et lisible dans une langue sociale“ (Michel de Certeau, „Des outils pour écrire le corps“, Traverses 14/15 [1979], 3–14, hier: 4). Was nach de Certeau für das Gesetz der Gruppe gilt, nimmt hier offen sichtlich auch das lyrische Ich für sein Gesetz des Vaters in Anspruch. Zu dieser Ambivalenz von Erotik und Pein vgl. auch Benthien (Anm. 16), 141 f. (mit Rekurs auf Didier Anzieu, Das Haut-Ich, Frankfurt a.M. 1991, 64).

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  29. Auch Derrida erwähnt–mit Rekurs auf Melanie Klein–die Analogie von Schreib und Geschlechtsakt (vgl. Derrida [Anm. 19], 159). Mörikes Gedicht in diese Richtung gelesen hat bereits Gregor Marianus Mayer: „Mit einem nicht genannten Instrument dringt der Name des Dichters Hölty […] in sie ein, und zwar wohl zum ersten Mal, denn ‚Es schmerzet‘, wenn auch ‚nur wenig‘.” (Gregor Marianus Mayer, Eduard Mörike–der „aufgelegte Schweinigel“ mit schöner Seele–Reinheit und Obszönität im Spannungsfeld von sinnlicher und poetischer Erfüllung: Studien zur Entwicklung der Liebeskonzeptionen in Mörikes Lyrik von 1819 bist 869–mit dem Versuch einer literaturtheoretischen Fundierung von Liebe, Erotik und Sexualität in fiktionalen Texten, Kaufering 1989, 283f.). Meyer-Guyer verweist ebenfalls auf das „stark erotische Element“ der Handlung (Meyer-Guyer [Anm. 8], 67).

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  30. Vgl. Sigrid Weigel, „‚Das Weibliche als Metapher des Metonymischen ‘–Kritische Überlegungen zur Konstitution des Weiblichen als Verfahren oder Schreibweise“, in: Dies., Die Stimme der Medusa. Schreibweisen in der Gegenwartsliteratur von Frauen [1987], Reinbek bei Hamburg 1989, 196–213, hier: 197.

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  31. Vgl. Inge Stephan, Musen & Medusen. Mythos und Geschlecht in der Literatur des 20. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 1997, 55f.

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  32. Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau [1949], Reinbek bei Hamburg 1992, 240. Zur Tradition und Funktion dieses Mythologems vgl. auch

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  33. Don Fowler, Efrossini Spentzou (Hrsg.), Cultivating the Muse. Struggles for Power and Inspiration in Classical Literature, Oxford 2002 (darin v.a. die Beiträge von Don Fowler [„Masculinity under Threat? The Poetics and Politics of Inspiration in Latin Poetry“, 141–159] und Ismene Lada-Richards [„Reinscribing the Muse: Greek Drama and the Discourse of Inspired Creativity“, 69–91]).

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  34. Frances E. Mascia-Lees, Patricia Sharpe, „The Marked and the Un(re)marked: Tattoo and Gender in Theory and Narrative“, in: Dies. (Anm. 12), 145–169, hier: 152f. Auch Susan Gubar spricht von diesem Zusammenhang: ‚[C]ultural forms of [female] creativity“, schreibt sie, „are often experienced as a painful wounding“, und fährt fort: „[W]oman have had to experience cultural scripts in their lives by suffering them in their bodies” (Susan Gubar, „‚The Blank Page ‘and the Issues of Female Creativity“, in: Elizabeth Abel [Hrsg.], Writing and Sexual Difference, Chicago 1982, 73–93, hier: 78 resp. 81).

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  35. Vgl. Siegfried J. Schmidt, Die Selbstorganisation des Sozialsystems Literatur im 18. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1989, 280–380 und

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  36. Niklas Luhmann, Die Kunst der Ge sellschaft, Frankfurt a.M. 1995, 215–300.

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  37. Vgl. Michel Foucault, „Was ist ein Autor?“ [1969], in: Ders., Schriften zur Literatur, Frankfurt a.M. 1988, 7–31, hier: 18

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  38. Heinrich Bosse, Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit, Paderborn, München, Wien, Zürich 1981

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  39. Gerhard Plumpe, „Eigentum–Eigentümlichkeit. Über den Zusammenhang ästhetischer und juristischer Begriffe im 18. Jahrhundert“, Archiv für Begriffsgeschichte 23 (1979), 175–196. In den Zeiten heutiger Körperkunst beginnen übrigens auch Tätowierungen unter das Urheberrecht zu fallen (vgl.

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  40. J. Philipp A. Duvigneau, „Urheberrechtlicher Schutz von Tätowierungen“, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht 7 [1998], 535–546).

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  41. Genau diese Problematik benennt ja Harold Blooms Begriff ‚Einfluss-Angst’ (vgl. Harold Bloom, Einfluß-Angst. Eine Theorie der Dichtung [1973], Basel, Frankfurt a.M. 1995).

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  42. Die Implikation des Komparativs ist freilich, dass die „Natur wohl auch noch andere Namen genannt [hat]“, nur eben „keinen lieberen“ (Meyer-Guyer [Anm. 8], 68). Gregor Marianus Mayers Befund, es handle sich bei Hölty um eine „Antonomasie der Dichtung” (Mayer [Anm. 22], 284), lässt sich folglich nicht halten. ‚Hölty’ fungiert eher als Metonymie seiner Dichtung, was übrigens auch biographisch nicht ohne Belang ist: Hölty war für Mörike von zentraler Bedeutung (vgl. Inge Wild, Reiner Wild [Hrsg.], Mörike-Handbuch. Leben–Werk–Wirkung, Stuttgart, Weimar 2004, 36).

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  43. Analog argumentiert–ebenfalls auf der Basis von Blooms Psychopoetik, aber in Bezug auf Mörikes Verhältnis zu Goethe–Jeffrey T. Adams, „The Scene of Instruction. Mörike’s Reception of Goethe in Besuch in Urach“, DVjs 62 (1988), 476–513; Ders., „Affiliation, Denial, Reconciliation. Mörike’s Creative Life Cycle in Relation to Goethe“, in: Ders. (Hrsg.), Mörike’s Muses. Critical Essays on Eduard Mörike, Columbia 1990, 60–87.

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  44. Gert Mattenklott, „Epigonalität“, in: Ders., Blindgänger. Physiognomische Essais, Frankfurt a.M. 1986, 72–100, hier: 76. Vgl. auch Ders., „Das Epigonale–eine Form der Phantasie“, Merkur 38 (1984), 410–421, hier: 411: „Worin lag die Stärke der Epigonen? Es ist empörend: sie lag allein in ihrer Folgsamkeit, mit der sie sich in der Spur der Väter hielten.” Obwohl Mattenklott Bloom nirgends erwähnt, deckt sich seine Argumentation durchaus mit dessen sechster revisionärer Ratio „apophrades oder Die Wiederkehr der Vorläufer“ (vgl. Bloom [Anm. 30], 123–137). Damit zeigt sich aber auch, dass sich Jeffrey T. Adams’ reibungslose Beschreibung von Mörikes kreativem Lebenszyklus auf der Folie von Bloom nur einer selektiven Lektüre verdankt: „Reconciliation“–oder mit Bloom: apophrades - lässt sich schon 1836 und also nicht erst beim späten Mörike nachweisen (vs. Adams 1990 [Anm. 32], 86f.).

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  45. Vgl. Meyer-Guyer (Anm. 8), 67: „Mörike kopiert in seinem Gedicht nicht die Dichter des Göttinger Hains, er lehnt sich behutsam an sie an, um Hölty zu huldigen. Nicht ein epigonales Nachschaffen, sondern ein bewusstes Komponieren von leisen Anklängen an die Lyrik nach Klopstock liegt vor.” Meyer-Guyer argumentiert damit gleich wie (ihr Doktorvater) Emil Staiger (vgl. Emil Staiger, Die Kunst der Interpretation. Studien zur deutschen Literaturgeschichte [1955], 4. Aufl., München 1977, 22f.). Weitere Parallelen zu Hölty werden noch Erwähnung finden.

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  46. Cornelia Blasberg, „Werkstatt am ‚Strom’ oder: Das Dädalus-Syndrom. Produktionsphantasien im Göttinger Hain“, in: Christian Begemann, David E. Wellbery (Hrsg.), Kunst–Zeugung–Geburt: Theorien und Metaphern ästhetischer Produktion in der Neuzeit, Freiburg i. Br. 2002, 151–175, hier: 169.

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  47. Judith Butler, Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung [1997], Frankfurt a.M. 2001, 8.

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  48. Zu dieser Ambivalenz im Kern der Handlungsfähigkeit vgl. Butler (Anm. 40), 15–22, hier: 22: „Das Subjekt läßt sich durchaus so denken, daß es seine Handlungsfähigkeit von ebender Macht bezieht, gegen die es sich stellt“. Vgl. auch Lars Näcke, Erik Park, „Subjektivität und Subjektivierung–Zwischen Einschreibung und Selbstführung“, Psychologie & Gesellschaftskritik 94/2 (2000), 9–35, v.a. 16f. sowie de Certeau (Anm. 20), 12, wo ebenfalls von dieser „curieuse circularité” von Einschreibesystemen die Rede ist.

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  49. Als Säkularisierung des Mythologems hat diese Figur der Geliebten als Muse seit dem 18. Jahrhundert selbst topologische Qualität erlangt (vgl. Peter von Matt, Literaturwissenschaft und Psychoanalyse [1973], Stuttgart 2001, 97f.), was freilich dieselbe gendertheoretische Problematik birgt, die oben beschrieben wurde.

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  50. Vgl. Brigitte Peucker, „Mörike, Nature Poetry, and the Problem of Belatedness“, in: Adams 1990 (Anm. 32), 47–59, hier: 51, laut der sich in diesem Gedicht gar Mörikes „most urgent feelings about his relationship with nature and with earlier poets” nieder schlagen.

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  51. Meyer-Guyer zieht den Vergleich zum „antiken Priester im Heiligtum einer Gottheit” und gibt ein Beispiel aus der griechischen Literatur (vgl. Meyer-Guyer [Anm. 8], 69). Sprachmagische Handlungen–wie Zaubersprüche etc.–haben aber generell performativen Charakter (vgl. Monika Schulz, Magie oder Die Wiederherstellung der Ordnung, Frankfurt a.M. et al. 2000, 175–224).

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  52. Frei nach Hans von Bülow, der über eine Komposition von Nietzsche meinte, „das sei Nothzucht an der Euterpe“ (Friedrich Nietzsche, Ecce homo. Wie man wird, was man ist, Kritische Studienausgabe in 15 Bänden, hrsg. Giorgio Colli, Mazzino Montinari, München 1988, VI, 255–356, hier: 287).

  53. Die vom Gedicht dargestellte Subjektkonzeption ist somit raffinierter als jene, die für die postmoderne Theorie zum locus classicus geworden ist: „C’est faux de dire: je pense. On devrait dire: on me pense. Je est un autre” (Arthur Rimbaud, Seherbriefe, Sämtliche Dichtungen [Zweisprachige Ausgabe], hrsg. Walter Küchler, München 1997, 367).

  54. Günter Blamberger, Das Geheimnis des Schöpferischen oder: Ingenium est ineffabile? Studien zur Literaturgeschichte der Kreativität zwischen Goethezeit und Moderne, Stuttgart 1991, 191 (vgl. darin auch das Kapitel zu Mörike, 130–149). Zu „Mörikes Schöpfungstheorie“ vgl. auch

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  55. Gabriele Brandstetter, Gerhard Neumann, „Biedermeier und Postmoderne. Zur Melancholie des schöpferischen Augenblicks: Mörikes Novelle Mozart auf der Reise nach Prag und Shaffers Amadeusau“, in: Günter Blamberger, Manfred Engel, Monika Ritzer (Hrsg.), Studien zur Literatur des Frührealismus, Frankfurt a.M. et al. 1991, 306–337, v.a. 336: „Mörike gestaltet […] die Paradoxic eines Subjekts, dessen Unzerstörbarkeit gerade in der Spontaneität des Schöpfungsaugenblicks, des nie berechenbaren Geschenks der Phantasie besteht.“

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  56. Christian Kohlroß, „Lyrische Geistergespräche. Mörike und einige seiner modernen Nachfahren“, in: Albrecht Bergold, Reiner Wild (Hrsg.), Mörike-Rezeption im 20. Jahrhundert: Vorträge des internationalen Kongresses zur Wirkungsgeschichte in Literatur, Musik und bildender Kunst, 8.–11. September 2004, Tübingen 2005, 11–27, hier: 16. Der ‚moderne Nachfahre’ Hermann Burger, um den es gleich gehen wird, findet leider keine Erwähnung.

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  57. Friedrich Kittler, Aufschreibesysteme 1800/1900 [1985], 4. Aufl., München 2003, 501.

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  58. Vgl. Gisela Ecker, „‚Human memo board‘: Körperbeschriftungen als inszenierte Erinnerung“, in: Erika Fischer-Lichte, Gertrud Lehnert (Hrsg.), Inszenierungen des Erinnerns, Berlin 2000, 155–171, hier: 158, 167 sowie Ulrike Landfester, „Pathographien des Schreibens. Zur poetologischen Funktion von Tätowierungen in Johann Wolfgang von Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre und Franz Kafkas In der Strafkolonie“, Poetica 33 (2001), 159–189, hier: 175.

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  59. Hermann Burger, Turmhahn, in: Ders., Kirchberger Idyllen, Frankfurt a.M. 1980, 38f.

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  60. Eduard Mörike, Der alte Turmhahn. Idylle, Werke und Briefe (Anm. 7), I [2003], 228–236 (Versnachweise fortan mit der Sigle AT direkt im Text). Auch hier liegt eine konkrete Begebenheit zugrunde. Mörike legte mit Aus Gelegenheit der Kirch thurm-Renovation im Juni 1840 eine erste Fassung (von 40 Versen) vor, die er später in Der alte Turmhahn einarbeitete (vgl. Krummacher [Anm. 6], 296f.). Zur Textgeschichte vgl. auch

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  61. Dagmar Barnouw, Entzückte Anschauung. Sprache und Realität in der Lyrik Eduard Mörikes, München 1971, 175 f.

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  62. Renate Lachmann weist darauf hin, dass eine „intertextuelle […] Lektüre den Referenten aus [treibt], indem sie den Text auf einen Abgrund/Ungrund von Prätexten zutreibt“ und so „die Wirklichkeitsreferenz […] durch die textuelle Referenz überlagert“ (Renate Lachmann, Gedächtnis und Literatur. Intertextualität in der russischen Moderne, Frankfurt a.M. 1990, 49, 359 [Kursivierung, SZ]). Mit dem Begriff der Überlagerung (des Referenten durch die Prä texte) ist aber angedeutet, dass es diesen–sei er die Buche resp. der Turmhahn in Cleversulzbach, oder sei er der Küttiger Turmhahn–dennoch gibt. Er steht hier lediglich nicht primär zur Debatte, da in dieser Szene der Instruktion die Einfluss-Angst den „genius of place“ überwiegt (vgl.

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  63. Harold Bloom, Poetry and Repression. Revisionism from Blake to Stevens, New Haven, London 1976, 80): Es sind die topoi und weniger die loci, um die es geht (vgl.

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  64. Graham Allen, Harold Bloom. A Poetics of Conflict, New York 1994, 89). Burger formuliert das bezeichnenderweise so: „[D]ie Welt als Sprache zu sehen […] ist der Entschluß, der einen Haut eine zweite, textuelle überzuziehen“

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  65. (Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik-Vorlesung, Frankfurt a.M. 1986, 15 [Kursivierung, SZ]).

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  66. Diese Kurzinterpretation, die Mörikes Gedicht das Attribut ‚biedermeierlich ‘abspricht, ist durchaus im Einklang mit der neueren Mörike-Forschung, die generell Kritik an der „Biedermeier-Legende“ übt (vgl. Luserke-Jaqui [Anm. 8], 16–24) und die althergebrachte Lesart von Der alte Turmhahn als Inbegriff der biedermeierlichen Idylle verwirft (vgl. 127, 131; Barnouw [Anm. 66], 169; Veronica Beci, Eduard Mörike. Die gestörte Idylle. Biographie, München 2004, 207, 309

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  67. Renate von Heydebrand, Eduard Mörikes Gedichtwerk. Beschreibung und Deutung der Formenvielfalt und ihrer Entwicklung, Stuttgart 1972, 225f.). Der autobiographische Hintergrund spielt allerdings - obwohl Mörike wirklich Pfarrer „zu Cleversulzbach im Unterland” war–(höchstens) eine untergeordnete Rolle (vgl.

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  68. Gerhard Storz, Eduard Mörike, Stuttgart 1967, 367; Barnouw [Anm. 66], 176; Meyer-Guyer [Anm. 8], 105; Luserke-Jaqui [Anm. 8], 134).

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  69. Burger entnimmt diese Informationen jener historischen Untersuchung, die ihm bei der Verfassung der Kirchherger Idyllen als Quelle diente: Alfred Lüthi, Küttigen. Geschichte einer Vorortsgemeinde, Aarau 1976, 138f., 58, 247. Auch eine Photographie der beschriebenen Neubedachung ist dort zu finden, welche die „mutigen Kerle” auf der (goldenen) Kugel, die sich zwischen der Helmspitze und dem Turmhahn befindet, zeigt (vgl. 96/97). Zur Baugeschichte der Kirche vgl. zudem die (allerdings erst später entstan dene) Studie

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  70. Erwin Wullschleger, Geschichte der Kirchgemeinde Kirchberg. Küttigen und Biberstein, Aarau 1987, 119–130, v.a. 123–126.

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  71. Zu Mörikes „Strategien der Idyllisierung” vgl. Andreas Böhn, „‚Die Sonne im Dintenfaß sich spiegeln will‘. Idylle und Geschichte in Mörikes Der alte Turmhahn“, in: Reiner Wild (Hrsg.), ‚Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüthe offen’: neue Studien zum Werk Eduard Mörikes, St. Ingbert 1997, 133–147, hier: 137. Der Referent Cleversulzbach kann daher durchaus „ohne idyllischen Reiz” sein, versteht man ‚idyllisch’ im Sinne jener Trivialisierung, die dieser Begriff in der Umgangssprache erfahren hat (vgl.

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  72. Renate Böschenstein, „Idyllisch/Idylle“, Ästhetische Grundbegriffe: historisches Wörterbuch in sieben Bänden, hrsg. Karlheinz Barck, Stuttgart 2000–2005, III [2001], 119–138, hier: 120). Auf diese Differenz zwischen Umgangssprache und literaturtheoretischer Terminologie macht Burger selbst aufmerksam: „‚Idyllenhaft ‘sollte indessen nicht mit ‚idyllisch’ verwechselt werden. Die Beschränkung auf das Kleine, Ueberschaubare […] sollte nicht mit harmloser Behaglichkeit und Verklärung gleichgesetzt werden“ (Hermann Burger, „Notizen über die KIRCHBERGER IDYLLEN“, 2, in: SLA. Nachlass Burger, B 146; B–4–6: Briefe zu Literatur + Kunst).

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  73. Frei nach Wolfgang Weyrauch, „Mein Gedicht ist mein Messer“, in: Hans Bender (Hrsg.), Mein Gedicht ist mein Messer. Lyriker zu ihren Gedichten, München 1961, 25–36, v.a. 29. Diesen Band hat Burger gekannt. Er führt ihn in seiner Dissertation als Sekundärliteratur auf

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  74. (Hermann Burger, Paul Celan. Auf der Suche nach der verlorenen Sprache [1974], Frankfurt a.M. 1989, 143) und erwähnt Paul Celans Beitrag (in: Bender, 86f.) in seiner Frankfurter Poetik-Vorlesung (Burger [Anm. 67], 104). Zum Motiv der Tätowierung bei Celan vgl.

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  75. Monika Schmitz-Emans, Poesie als Dialog. Vergleichende Studien zu Paul Celan und seinem Umfeld, Heidelberg 1993, 161–179.

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  76. Zur „Gewalttätigkeit des Zitats“ vgl. Hans-Jost Frey, Der unendliche Text, Frankfurt a.M. 1990, 51.

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  77. Dass dabei die hehre antike Versform zuweilen Schaden nimmt (vgl. z.B.V 10), ist offenbar im Sinne des Erfinders: „Ich habe versucht,” schreibt Burger seinem Förderer Reich-Ranicki, „die Distichen durch gelegentliche Holprigkeiten zu ironisieren“ (Hermann Burger, „Brief an Marcel Reich-Ranicki, 2. Juli 1980“, in: SLA. Nachlass Burger, B146; B–4–6: Briefe zu Literatur + Kunst). Zur Funktion dieser „Holprigkeiten” vgl. auch: Monika Großpietsch, Zwischen Arena und Totenacker. Kunst und Selbstverlust im Lehen und Werk Hermann Burgers, Würzburg 1994, 148.

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  78. Selektion und Transformation gehören zu jenen zentralen Funktionen des Autorkonzepts, die als Argumente für dessen Comeback ins Feld geführt werden (vgl. Fotis Jannidis, „Der nützliche Autor. Möglichkeiten eines Begriffs zwischen Text und historischem Kontext“, in: Ders., Gerhard Lauer, Matias Martinez, Simone Winko [Hrsg.], Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs, Tübingen 1999, 353–389, hier: 366f., 378f.).

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  79. Der Hahn auf dem Kirchturm hatte seit jeher Schutz- und Abwehrfunktionen (gegen Blitz und Hagel) und wurde dann im christlichen Sinne Symbol der Wachsamkeit (vgl. Leopold Kretzenbacher, „Der Hahn auf dem Kirchturm“, Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 9 [1958], 194–206).

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  80. Es ist folglich nicht nur „Mörikes Lebensverzicht” (V. 6), den das Gedicht darstellt, sondern neben der „christliche[n] Ideologie der Entsagung und Selbstbescheidung“ (Böhn [Anm.72], 139) schwingt auch eine politische Dimension mit: „Im alten Turmhahn hat Eduard Mörike die politischen Hoffnungen der Revolution von 1848/49 zu Grabe getragen” (Fredy Meyer, „Eduard Mörike als politischer Dichter“, DVjs 75 [2001], 387–421, hier: 421).

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  81. Theodor W. Adorno, „Rede über Lyrik und Gesellschaft“ [1957], in: Ders., Noten zur Literatur, Frankfurt a.M. 1974, 49–68, hier: 60.

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  82. Vgl. Marie-Luise Wünsche, BriefCollagen und Dekonstruktionen. ‚Grus ‘- Das artistische Schreibverfahren Hermann Burgers, Bielefeld 2000, die Burgers Texte im Sinne des Dekonstruktivismus so liest (v.a. 193, 288).

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  83. Vgl. Uwe Japp, „Der Ort des Autors in der Ordnung des Diskurses“, in: Jürgen Fohrmann, Harro Müller (Hrsg.), Diskurstheorien und Literaturwissenschaft, Frankfurt a.M. 1988, 223–234, hier: 232f., wo darauf hingewiesen wird, dass auch Foucault die „Funktion des Autors in der Ordnung des Diskurses [beschreibt], nicht das Verschwinden des Autors aus dieser Ordnung.“

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  84. Anton Krättli, „Ein anderer Turmhahn“, Schweizer Monatshefte 60 (1980), 1034–1036, hier: 1036.

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  85. Ulrich Diersch, „Erster und letzter Arbeitsschritt–Fotokopieren im Büro. Zur Produktivkraft taktiler Schnittstellen“, in: Herbert Lachmayer (Hrsg.), Work@Culture. Büro. Inszenierung von Arbeit, Klagenfurt 1998, 69–79, hier: 75. Dass auch der bricoleur dem agonistischen Prinzip unterliegt, streicht Derrida heraus: ‚‚[D]ie Brikole war wahrscheinlich in erster Linie eine Kriegs- oder Jagdwaffe, konstruiert zum Zwecke der Zerstörung; wie kann man da noch dem Bild des friedlichen Bastlers trauen?” (Derrida [Anm.19], 242).

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  86. Zu dieser „Ambivalenz der Schrift“, die durch Tätowierungen vergegenwärtigt wird, vgl. Gerhard Neumann, „Schreibschrein und Strafapparat. Erwägungen zur Topographie des Schreibens“, in: Günter Schmitz (Hrsg.), Bild und Gedanke. Festschrift für Gerhard Baumann, München 1980, 385–401, hier: 398; Landfester (Anm.62), 160; Landfester (Anm. 12), 29.

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  87. In Die Künstliche Mutter hält Burgers Protagonist Schöllkopf entsprechend über Albert Camus’ Noces fest: „Als ich das Buch mit zwanzig nicht gelesen, als es sich mir eingeschrieben hatte […] ich hatte sie subkutan aufgenommen, diese großartige Botschaft“ (Hermann Burger, Die Künstliche Mutter. Roman, Frankfurt a.M. 1982, 200f. [Kursivierungen, SZ]).

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  88. Wilhelm Pape, Griechisch-Deutsches Handwörterbuch, 2 Bde., 3. Aufl., Graz 1954, II, 1256. Die Wortwahl geschieht bewusst, weil die Polysemie von Pharmakon die angesprochene Ambivalenz zum Ausdruck bringt (vgl.

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  89. Jacques Derrida, „Platons Pharmazie” [1968], in: Ders., Dissemination [1972], Wien 1995, 69–190, hier: 80) und obwohl sich im Falle von Turmhahn der griechische Begriff alexipharmakon geradezu aufdrängen würde. Das erste Glied dieses Kompositums, das die Bedeutungen ‚Gegenmittel‘, ‚Gegengift‘, ‚Schutzmittel ‘umfasst, ist vom Verb alexo abgeleitet, das im Aktiv ‚abwehren‘, ‚verteidigen ‘resp. im Medium ‚jmd. Gleiches mit Gleichem vergelten ‘bedeutet und überdies die Grundlage von alektor (poetische Bezeichnung für ‚Hahn‘, also eigentlich: ‚Abwehrer‘) bildet.

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  90. Was Rüdiger Görner (unter anderem mit Blick auf Burger) für die (post)moderne Idylle konstatiert, gilt deshalb auch für Turmhahn: „Nein, diese Idylle stiftet keine Ruhe; sie verhöhnt sich selbst” (Rüdiger Görner, „Spuren der Idylle. Über ein Motiv der Moderne“, Schweizer Monatshefte [für Politik, Wirtschaft, Kultur] 77/3 [1997], 28–32, hier: 31).

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  91. Beatrice von Matt, „Dichters Schutzbezirk. Hermann Burgers Kirchherger Idyllen“, Neue Zürcher Zeitung, 5. Dezember 1980, 35.

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  92. Hermann Burger, „Kirchberger Idyllen“ (ohne Datum), in: SLA. Nachlass Burger, A 40; A-02-02: „Kirchberger Idyllen“: Manuskripte + Typoskripte. Mörikes Bilder aus Bebenhausen (1863) hatten für die Kirchberger Idyllen generell Vorbildfunktion: „Mir standen Mörikes ‚Bilder aus Bebenhausen’ besonders nah” (ebd.). Burger folgt mit sei nem Hinweis auf Mörikes Spätgeborenheit argumentativ seinem Doktorvater Emil Staiger (vgl. Staiger [Anm. 34], 25).

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  93. Vgl. Jürgen Fohrmann, „Dichter heißen so gerne Schöpfer. Über Genies und andere Epigonen“, Merkur 39 (1985), 980–989, hier: 988.

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  94. Wünsche (Anm. 90), 288. Wünsche entwickelt den Begriff ‚artistisch’, der in ihrem Untertitel firmiert, in Anlehnung an Gottfried Benn (vgl. 12f.), der damit auf Nietzsche rekurriert: „Artistik ist der Versuch der Kunst, innerhalb des allgemeinen Verfalls der In halte sich selber als Inhalt zu erleben und aus diesem Erlebnis einen neuen Stil zu bilden“ (Gottfried Benn, Probleme der Lyrik, Sämtliche Werke, hrsg. Gerhard Schuster, Stuttgart 1986–2003, IV [2001], 9–44, hier: 14). Dass die Artistik bei Burger aber nur scheinbar dem Eskamotieren des Subjekts dient, behaupten erstmals auch

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  95. Heinz-Peter Preußer, „Artisten des Abgrunds. Schweizer Moralisten und der Wille zum Stil. Burger–Muschg - Dürrenmatt“, in: Ders., Letzte Welten. Deutschsprachige Gegenwartsliteratur diesseits und jenseits der Apokalypse, Heidelberg 2003, 165–187, hier: 187 und

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  96. Monika Schmitz-Emans, „Wort-Zaubereien bei Hermann Burger. Zur Artistik der Sprachenmischung in der Moderne“, in: Christa Baumberger, Sonja Kolberg, Arno Renken (Hrsg.), Literarische Polyphonien in der Schweiz / Polyphonies littéraires en Suisse, Bern et al. 2004, 41–70, v.a. 66–69.

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  97. Vgl. Harold Bloom, Kabbala. Poesie und Kritik [1975], Basel, Frankfurt a.M. 1997, 105–108.

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  98. Eine derart positive Wendung des Einfluss-Begriffs, welche–jenseits von Kausali tät und Chronologie–die Möglichkeit einer Veränderung des Früheren durch das Späte re einkalkuliert, wird in der Intertextualitätstheorie (wieder) als fruchtbar erachtet (vgl. Frey [Anm. 77], 19–21 und Mary Orr, Intertextuality. Debates and Contexts, Cambridge 2003, 85). Orr, die damit gerade Kritik an Bloom (vgl. 68–83) übt, entgeht aber, dass dessen revisionäre Ratio apophrades genau diesen Vorgang beschreibt.

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Zumsteg, S. Einschreibesysteme 1836/1980 Allegorien des Schreibens bei Eduard Mörike und Hermann Burger. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 80, 486–513 (2006). https://doi.org/10.1007/BF03375666

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