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Von der Fee nur der Fuß Körper als Allegorien des Erzählens im Peter von Staufenberg

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Der Ritter von Staufenberg stellt die strukturellen Probleme des Erzähltypus der ›gestörten Mahrtenehe‹ als Aporie aus. Die Körper-Konstruktionen zeigen, dass sich der Text systematisch allen Versuchen entzieht, eine kohärente Ordnung im Verhältnis von Natur und Kultur, Körper und erzählter Figur zu rekonstruieren. Insbesondere der nackte Feenfuß am Textende erweist sich als übercodiertes Zeichen, das komplexe Vieldeutigkeit planvoll inszeniert: eine mise en abyme der Erzählung selbst und damit der prekären Textsorte ›Feenmärchen‹.

Abstract

Der Ritter von Staufenberg exposes the structural problems in narratives exploring disturbed marriages with supernatural partners (›gestörte Mahrtenehe‹) as an aporia. The constructions of body in this text demonstrate the extent to which the narrative systematically rejects all attempts to reconstruct a coherent order in the relationship between nature and culture, body and narrated figure. In particular, the naked foot of the fairy at the close of the text proves a heavily coded sign, a strategy by means of which complex ambiguity is moved into the limelight as a mise-en-abime of both the narrative itself and the unstable category of ›fairy tale‹.

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Literature

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Fuchs-Jolie, S. Von der Fee nur der Fuß Körper als Allegorien des Erzählens im Peter von Staufenberg. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 83, 53–69 (2009). https://doi.org/10.1007/BF03374717

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