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Die Czernowitzer Gemeinschaft (1928–1930) Zur Bestandaufnahme des „kulturellen Feldes“ deutscher Sprache in der Bukowina der Zwischenkriegszeit

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Die Zeitschrift Die Gemeinschaft, die 1928–1930 im seit 1918 rumänischen Czernowitz erschien, gehört zu den wichtigsten Publikationen, die jenen deutschsprachigen kulturellen Hintergrund in der posthabsburgischen Bukowina gestaltet und geprägt haben, aus dem eine originelle, von dem heutigen Kanon der deutschen Literaturgeschichte als Ausgangspunkt der Lyrik eines Paul Celan anerkannte „Regionalliteratur“ erwuchs.

Abstract

The Journal Die Gemeinschaft published between 1928–1930 in the city of Czernowitz, belonging to Romania since 1918, is one the most important periodicals responsible for creating and shaping the German-speaking cultural background of the post-Habsburgic Bukovina. From this particular background emerged an original “regional literature“, which is recognized by the present canon of the German history of literature as the starting point for the poetry of Paul Celan.

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Literature

  1. Vgl. Wilfried Barner (Hrsg.), Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis zur Gegenwart, München 1994; das Unterkapitel mit dem Titel „Dichtung aus der Bukowina“ (237–238) verfaßte Alexander von Bormann.

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  2. Ein Satz Paul Celans aus der 1958 gehaltenen Bremer Rede thematisiert sehr früh die wegen des Eisernen Vorhangs bestehende „Entfremdung“ zwischen seiner alten Heimat Bukowina und Westeuropa: „Die Landschaft, aus der ichauf welchen Umwegen! aber gibt es das denn: Umwege? -, die Landschaft, aus der ich zu Ihnen komme, dürfte den meisten von Ihnen unbekannt sein“, vgl. Paul Celan, Ansprache anläßlich der Entgegennahme des Literaturpreises der Freien Hansestadt Bremen, in: ders., Gesammelte Werke in sieben Bänden, hrsg. Beda Allemann, Stefan Reichert unter Mitwirkung von Rolf Bücher, Frankfurt a.M. 2000, III, 185–186, hier: 185.

  3. Nach 1990 erschienen die ersten Sammelbände, die sich mit den verschiedenen kulturund literaturhistorischen Aspekten dieses Phänomens auseinandersetzten: Dietmar Goltschnigg, Anton Schwob (Hrsg.), Die Bukowina. Studien zu einer versunkenen Literaturlandschaft, Tübingen 1990

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  4. Andrei Corbea-Hoisie, Michael Astner (Hrsg.), Kulturlandschaft Bukowina. Studien zur deutschsprachigen Literatur des Buchenlandes nach 1918, Iasi, Konstanz 1990.

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  5. Vgl. u.a. auch Harmut Merkt, Poesie in der Isolation, Wiesbaden 1999

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  6. Andrei Corbea-Hoisie, Czernowitzer Geschichten. Über eine städtische Kultur in Mittel(Ost)europa, Wien, Köln, Weimar 2003

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  7. Klaus Werner, Erfahrungsgeschichte und Zeugenschaft. Studien zur deutsch-jüdischen Literatur aus Galizien und der Bukowina, München 2003.

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  8. Vgl. Mariana Hausleitner, Die Rumänisierung der Bukowina. Die Durchsetzung des nationalstaatlichen Anspruchs Großrumäniens 1918–1944, München 2001.

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  9. M. [Salus Markus], „Die Geschichte eines Grubenhundes“, in: Der Nerv, 14 (12. September 1919), 128.

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  10. Vgl. die entsprechenden Kapitel in: u.a. M. Rusenescu, I. Saizu, Viata politica in Romania 1922–1928, Bucuresti 1979

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  11. Mircea Musat, Ion Ardeleanu, Romania dupa Marea Unire, II/l, Bucuresti 1986

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  12. Nicolae Jurca, Istoria social-democratiei din Romania, Bucuresti 1994.

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  13. Vgl. z.B. in der Nummer 1 der Gemeinschaft (weiterhin: Sigle G) die Aufzählung dieser Aktivitäten, die in Czernowitz und in der Bukowiner Provinz, sogar in Dörfern, durchgeführt wurden. Auf dem Parteitag der Sozialdemokraten im Jahre 1930 wurde die „Bildungsgemeinschaft“ als eine der effektivsten ideologischen Einrichtungen der Partei lobend erwähnt, vgl. Jurca ([Anm. 11], 197). Albert Maurüber zieht in dem Artikel „Die Bildungsgemeinschaft ist legalisiert“, in: G 30 (15. Februar 1930), 7–8, eine positive Bilanz ihrer dreijährigen Geschichte: 1927 gegründet, mußte sie sich sowohl gegen die polizeilichen Schikanen als auch gegen die kommunistischen Störenfriede wehren, dennoch zählte sie nach nur einem Jahr dank der erfolgreichen „volksbildnerischen“ Arbeit über 2500 Mitglieder. Unter den aktivsten Rednern in der „Bildungsgemeinschaft“ befanden sich Maurüber und die Mitarbeiter der Zeitschrift, aber zugleich nahmen an den Veranstaltungen auch lokale Persönlichkeiten oder hohe Funktionäre der Sozialdemokratischen Partei teil; in: G 22 (15. Oktober 1929), 6, wird sogar von dem ehrgeizigen Projekt berichtet, Berühmtheiten der Kultur und Politik, von Kurt Tucholsky bis Max Adler, Robert Dannenberg oder Kurt Rosenfeld, nach Czernowitz einzuladen. Derartige Unternehmen mit großem Erfolg besonders bei den jüdischen Jugendlichen wie z.B. das von Rose Ausländer besuchte Ethische Seminar, wo die Werke Spinozas und Constantin Brunners gelesen und interpretiert wurden, der „Jüdische Schulverein“, wo die Pädagogik Elieser Steinbargs zu wirken schien, oder die zionistisch gefärbten Veranstaltungen in der Toynbee-Halle haben zum Ruf Czernowitz ‘als „Stadt der Schwärmer und Anhänger“, wie sie Rose Ausländer (in ihrem Essay Czernowitz, Heine und die Folgen, in: Rose Ausländer, Gesammelte Werke in sieben Bänden, hrsg. Helmut Braun, Frankfurt a.M. 1990, III, 289–290) nannte, entscheidend beigetragen.

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  14. Vgl. u.a. Jan Berg, Sozialgeschichte der deutschen Literatur von 1918 bis zur Gegenwart, Frankfurt a.M. 1981

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  15. Rüdiger Safranski, Walter Fahnders, „Proletarisch-revolutionäre Literatur“, in: Bernhard Weyergraf (Hrsg.), Literatur der Weimarer Republik 1918–1933, München 1995, 174–231 usw.

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  16. Vgl. Mariana Hausleitner, Die nationale Frage in der rumänischen Arbeiterbewegung vor 1924, Berlin 1988.

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  17. Joseph Kissmann, „Zur Geschichte der jüdischen Arbeiterbewegung ‚Bund ‘in der Bukowina“, in: Hugo Gold (Hrsg.), Geschichte der Juden in der Bukowina, I, Tel Aviv 1958, 129–144.

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  18. Paul Langhans, Die rumänische Staatsbevölkerung der Gegenwart, Gotha 1939.

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  19. Albert Maurüber, „RedaktionsWechsel“, G 36 (1. Juni 1930), 8.

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  20. Vgl. die Vortragsankündigung von G 2 (15. Dezember 1928), 8; vgl. auch Amy Colin, „Karl Kraus und die Bukowina“, in: Joseph Strelka (Hrsg.), Karl Kraus. Diener der Sprache, Meister des Ethos, Tübingen 1990, 333–346; Corbea-Hoisie (Anm.5).

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  21. Albert Maurüber, „Was sich voraussehen läßt“, in: G 2 (15. Dezember 1928), 1–2.

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  22. Wie z.B. aus Karl Kautskys Historischen Materialismus unter dem Titel „Die Kraft des Willens“ in: G 29 (1. Februar 1930), 2, oder aus einem Text von Otto Bauerohne die Quelle anzugeben! — unter dem Titel „Das grosse Geschehen“ in: G 30 (15. Februar 1930), 2.

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  23. Artur Oberländer, „Der Sozialismus in den rückständigen Ländern“, in: G 21 (1. Oktober 1929), 1–2.

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  24. Vgl. u.a. Ewald Ehrenkranz, „Leninismus, Trotzkismus, Stalinismus“, G 30 (15. Februar 1930), 4.

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  25. Albert Maurüber, „Die Tätigkeit der Unitarier“, in: G 9 (1. April 1929); vgl. auch den Artikel „Die Bildungsgemeinschaft ist legalisiert“ (Anm. 12).

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  26. Im Vergleich zu manchen bürgerlichen Organen, wo eine gewisse Nostalgie für die habsburgische Vergangenheit der Bukowina gepflegt wurde, nimmt das Interesse für die österreichischen Verhältnisse keinen bevorzugten Platz in der Zeitschrift ein, während die nach 1918 bestehenden Grenzen von keinem der Autoren ausdrücklich in Frage gestellt werden. Dagegen wird mehrmals die internationalistische Haltung der Gemeinschaft im Gegensatz zur „patriotischen“ Rhetorik der bürgerlichen Parteien betont — vgl. u.a. Albert Maurüber, „Erziehung zum »Patriotismus«. Die sogenannten Gedanken des Bürgers Maniu“, in: G 12 (15. Mai 1929), 1–2.

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  27. Die Celan-Interpreten, die in dem zwischen 1962–1965 entstandenen Gedicht Coagula aus dem Band Atemwende (vgl. Paul Celan, Atemwende, Tübinger Ausgabe, hrsg. Heino Schmull, Christiane Wittkop, Frankfurt a.M. 2000, 138–139), einen deutlichen Bezug — „Auch deine/ Wunde, Rosa,/ Und das Hörnerlicht deiner/ rumänischen Büffel/“ usw. — auf ein Fragment eines der Briefe Rosa Luxemburgs aus dem Gefängnis, wo sie während des 1. Weltkriegs interniert war, identifiziert haben, konnten die direkte Quelle, die den Dichter inspirierte, nicht eruieren, denn er habe erst 1968 eine Edition dieser Briefe erhalten (vgl. Barbara Wiedemanns Kommentar zu dem Gedicht in der von ihr herausgegebenen Kommentierten Gesamtausgabe der Werke Celans, Frankfurt a.M. 2003, 741 f.). Wäre es unter diesen Umständen ganz abwegig, die „anonyme“ Lesespur als eine entfernte „Flaschenpost“ der Czernowitzer Gemeinschaft zu betrachten, wo in der Nummer 4 (15. Januar 1929), 4, der besagte Brief von Rosa Luxemburg an Sonja Liebknecht, mit dem Bild der gequälten, aus Rumänien als „Kriegstrophäen“ erbeuteten Büffel, unter der Überschrift „Zum Andenken an die am 15. Jänner 1919 ermordeten Führer des Proletariats Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg“ in extenso veröffentlicht wurde? Die Möglichkeit, daß der junge Paul Antschel das Fragment in einer Sammlung der Gemeinschaft in einer öffentlichen oder auch privaten Bibliothek in den späten 30er Jahren oder während der sowjetischen Besatzung 1940–1941 in Czernowitz gelesen habe, ist — auch in der Abwesenheit konkreter Belegegar nicht ausgeschlossen.

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  28. Albert Maurüber, „Sozialistische Kultur“, in: G 23 (1. November 1929), 2–3.

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  29. Dr. H. Hieber, „Käthe Kollwitz“, in: G 4 (15. Januar 1929), 4.

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  30. Fritz Rosenfeld, „Franz Masereel“, in: G 5 (1. Februar 1929), 5.

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  31. Otto Nagel, „Heinrich Zille ist tot“, in: G 19 (1. September 1929), 4.

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  32. Boris Lämmel, „Der bürgerliche Film als seelisches Rauschgift“, in: G 2 (15. Dezember 1929), 2–3 (übernommen aus der Zeitschrift Urania); in: G 6 (15. Februar 1929), 7, wird ein Artikel aus der tschechoslowakischen Zeitschrift Der freie Gedanke übernommen, wo man das Einfuhrverbot für amerikanische Filme forderte, während in: G 13 (1. Juni 1929), 6, eine sehr kritische Reportage von Egon Erwin Kisch mit dem Titel „Hollywood ohne Schminke“ nachgedruckt wird.

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  33. Ein zweiter Wettbewerb dieser Art ist beinah gescheitert, vgl. G 15 (1. Juli 1929), 5. Im Rahmen dieses Wettbewerbs wurde angeblich auch der Beitrag des Rumänen Aurel Negru aus Bukarest (unter dem Titel „Meine Arbeit macht andere arbeitslos“) veröffentlicht in: G 17 (1. August 1929), 3–4.

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  34. Sargnagel, „Kulturkritik des Tages“, in: G 1 (1. Dezember 1928), 6.

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  35. Vgl. Sargnagel, „Kulturkritik des Tages“, in: G 3 (1. Januar 1929), 5.

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  36. Es ist interessant, daß derselbe Arnold Schwarz, nachdem er die Czernowitzer Allgemeine verlassen und 1932 die Tageszeitung Der Tag gegründet hat, sich als Freund und Gönner linksgerichteter jüdischer Literatenkreise zeigte, denen auch Rose Ausländer angehörte — die übrigens in dem Tag eine Reihe ihrer Gedichte veröffentlichen durfte (vgl. Andrei Corbea-Hoisie, „Der Tag: Rose Ausländers Publikationsorgan in Czernowitz“, in: Akten des Berliner Rose Ausländer-Colloquiums, hrsg. Helmut Braun, im Druck).

  37. Sargnagel, „Kulturkritik des Tages“, in: G 2 (15. Dezember 1928), 5.; und darum sei auch „erlaubt, auf die Strasse zu spucken“, vgl. Sargnagel (Anm. 86), 7.

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  38. Alfred Margul Sperber, Gleichnisse der Landschaft. Gedichte, Storojineti 1934.

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  39. Vgl. Peter Motzan, „Alfred Margul-Sperber (1898–1967). Eine Portraitskizze“, in: Andrei Corbea-Hoisie, George Gutu, Martin A. Hainz (Hrsg.), Stundenwechsel. Neue Perspektiven zu Alfred Margul-Sperber, Rose Ausländer, Paul Celan, Immanuel Weissglas, Iasi, Bukarest, Konstanz 2002, 10–42

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  40. In der von Johann Pitsch herausgegebenen Wandlung, „wissenschaftlich-literarischen Monatsschrift“ linksmarxistischer Kreise aus Czernowitz, von der nur zwei Nummern im Frühjahr 1932 erschienen sind, wo man ebenfalls zum „sozialen und kulturellen Aufstieg“ und zur „freien, gemeinschaftlichen Kultur“ aufrief (vgl. H. 1, 3), hatte man dagegen keine Bedenken, eine belletristisch anspruchsvolle Rubrik mit dem Titel „Moderne Lyrik“ einzuführen und dort Gedichte von Rose Ausländer (New York bei Nacht) und Camillo Harth (Erdenlied) - der trotz seiner zwielichtigen Haltung in der transnistrischen Deportation (vgl. Isak Weissglas, Steinbruch am Bug. Bericht einer Deportation in Transnistrien, Berlin 1995

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  41. und Alfred Kittner, Erinnerungen 1906–1991, Aachen 1996) unter dem Pseudonym Peter Duhr eine übrigens bescheidene literarische Karriere in der DDR gemacht hat — zu veröffentlichen.

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  42. Vgl. Andrei Corbea-Hoisie, „Ein Literatenstreit in Czernowitz (1939–1940)“, Études germaniques 58/2 (2003), 363–377; Andrei Corbea-Hoisie (Anm. 88).

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Corbea-Hoisie, A. Die Czernowitzer Gemeinschaft (1928–1930) Zur Bestandaufnahme des „kulturellen Feldes“ deutscher Sprache in der Bukowina der Zwischenkriegszeit. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 79, 634–652 (2005). https://doi.org/10.1007/BF03374608

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