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Zusammenfassung

Die um 1910 geschriebenen Texte der klasssischen Moderne sind keineswegs als vollständiger Bruch mit der Tradition zu lesen. Vielmehr entstehen sie durch die Kombination von romantischer Subjektvorstellung, symbolistischer Sprachskepsis und Nietzsches Erkenntniskritik. Diese Kombinatorik wird durch die Reflexion des an der sprachlichen Materialität orientierten Zusammensetzens spezifisch modern.

Abstract

Modern literature–written around the year 1910–does not mark a radical break with tradition. It rather rests on a mixture of romanticism’s concepts of subjectivity, symbolism’s scepticism about language and Nietzsche’s epistemological critique. This combination becomes specifically modernist by reflecting on the act of composition as an aspect of the materiality of language.

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Literature

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  24. Döblins Rezeption des Symbolismus ist kaum durch seine eigenen Äuβerungen belegbar. Andererseits ist der Einfluβ des Symbolismus in den Erzählungen aus dem Band Die Ermordung einer Butterblume unübersehbar. Erst in Berlin Alexanderplatz erscheint–kurioserweise inmitten halb pornographischer Ratgeberliteratur–explizit d’Annunzios Roman Lust, über dessen unrealistische Frauen-Darstellung Franz Biberkopf sich wundert (Alfred Döblin, Berlin Alexanderplatz. Die Geschichte von Franz Biberkopf, hrsg. Werner Stauffacher, Zürich, Düsseldorf 1996, 72f.). In den frühen Erzählungen werden stattdessen Motive zitiert, die dem Fin de Siècle entstammen, aber nicht immer einem bestimmten Autor zuzurechnen sind. So taucht etwa in Der Ritter Blaubart der Schleiertanz auf, der durch die verschiedenen Salomé-Bearbeitungen (Moreaus Bilder, Huysmanns Beschreibungen dieser Bilder, Wilde, Mallarmé und Maeterlinck) inspiriert ist, ohne daβ eine dieser Varianten eindeutig als Vorlage bestimmbar ist.

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Kyora, S. Kombinatorische Moderne. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 73, 665–691 (1999). https://doi.org/10.1007/BF03374589

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