Zusammenfassung
Hintergrund
Das bunte Bild des frühkindlichen Schielsyndroms beschäftigt Strabologen seit seiner zusammenfassenden Erstbeschreibung durch Lang 1967. Dazu gehört neben dem frühen Schielbeginn der Nystagmus vom Latenstyp, 2 Formen von Höhenabweichungen — die DVD und die Obliquusmotilitätsstörung —, eine Kopfschiefhaltung, die Rollbewegung ..., also eine Reihe von Symptomen, auf die im Einzelnen eingegangen wird. Auffallend in allen bisherigen Arbeiten über das frühkindliche Schielsyndrom ist die Tatsache, dass eine schlüssige Darstellung pathogenetischer Zusammenhänge fehlt.
Methode
Nach der ausführlichen Darstellung der Einzelsymptome werde ich — auf Basis von Literaturangaben und eigenen klinischen Beobachtungen — folgende funktionelle Fragen in den Mittelpunkt meiner Betrachtungen stellen: Wie können wir die einzelnen Symptome miteinander in Beziehung setzen? Was wissen wir über die pathogenetischen Zusammenhänge?
Ergebnisse
Es lassen sich die meisten Symptome aus dem frühen Schielbeginn und der dadurch verhinderten Reifung binokularer Zusammenarbeit erklären. Die sensorischen Defizite können gut die „motorische Verwilderung“ in allen drei Bewegungsebenen erklären. In der horizontalen Bewegungsebene erscheint das meiste geklärt: Ein zu hoher Adduktionstonus lässt die parallele Augenstellung entgleisen. Die Beziehungen zum schwankenden großen Schielwinkel und zum Nystagmus vom Latenstyp werden erklärt. Die Entgleisung der Motilität in vertikaler und torsionaler Ebene tritt erst nach monatebis jahrelanger Latenz auf. Es scheint sich um Sekundärphänomene zu handeln, deren Entstehen zwar verständlich ist; der konkrete Auslösungsmechanismus liegt aber noch im Dunkeln.
Schlussfolgerung
Insgesamt lassen sich die Symptome des frühkindlichen Schielsyndroms wie ein Puzzle zu einem pathogenetisch in sich geschlossenen Ganzen zusammenfügen. Nur einzelne kleine Bausteine zur restlosen Klärung der Zusammenhänge fehlen noch.
Summary
Background
The complex of congenital esotropia is under permanent research since its first description by Lang 1967. Beside the early onset of squint it consists of the typical latent nystagmus, 2 types of vertical deviations — DVD and oblique muscle disorders —, an abnormal head posture and a rotatory motility disturbance, ... a summary of symptoms I shall deal with in detail. If you screen the literature it gets obvious that there is a deficit in the complete understanding of the pathogenesis.
Methods
After a detailed description of the different symptoms the main concern of my reflections will deal with the following functional considerations:
How are the symptoms related to each other? What do we know about the pathogenesis of congenital squint?
Results
Most of the symptoms can be explained by the early onset of squint and therefore the lack in binocular development. The sensory deficiency may explain the disturbances of the motor control in all the three directions of ocular motility. In the horizontal dimension the majority of symptoms can be explained: The abnormally high innervation of the medial rectus muscles causes decompensation to convergent squint. Its relationship to the great inconstant angle of squint and to the latent nystagmus get explained. After a latency of months or a few years decompensation in vertical and rotatory dimensions joins the esotropic deviation. We deal with secondary epiphenomena. Their development can be expected, but we do not know details of their origin.
Conclusion
In total we may add the symptoms together like in a puzzle to form a complete entity. We are lacking in a few more small pieces to complete the understanding of the pathogenesis of congenital esoptropia.
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Literatur
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Pelz, R. Funktionelle Betrachtungen zum frühkindlichen Schielsyndrom. Spektrum Augeheilkd 17, 254–259 (2003). https://doi.org/10.1007/BF03163249
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF03163249