Über Pupillenstörungen bei neuralen Muskelatrophien.

Zusammenfassung

Es wurde ein Fall von neuraler Muskelatrophie, und zwar der Unterform der hypertrophischen NeuritisDéjérine-Sottas beschrieben, der diesen Symptomenkomplex in voll ausgebildeter Form zeigte und der als Besonderheit eine Pupillenstörung im Sinne einer Pupillotonie bot.

Eine in diesem Zusammenhang durchgeführte kritische Untersuchung der im Schrifttum niedergelegten Fälle von neuraler Muskelatrophie (unter Einschluß der hypertrophischen Neuritis) mit Pupillenstörungen ergab hinsichtlich der Art der beschriebenen Pupillenstörungen, daß eine Einordnung in die bekannten Formen der reflektorischen, der absoluten bzw. unvollkommen absoluten Pupillenstarre, sowie der Pupillotonie in einer großen Zahl von Fällen mangels eingehender Untersuchungsbefunde nicht mit Sicherheit möglich war. Die von den einzelnen Autoren vorgenommene Zuweisung der Pupillenstörungen zu bestimmten Formen konnte teils neueren differentialdiagnostischen Forderungen nicht genügen, teils sind auch offensichtliche Fehler unterlaufen.

Die meisten der im Schrifttum der neuralen Muskelatrophie beschriebenen Pupillenstörungen gehören ins Gebiet der unvollkommenen absoluten Starre. Diese können ebenso wie andere, die möglicherweise der pseudoreflektorischen Starre zuzurechnen sind, in einer Affektion des Oculomotorius ihre Erklärung finden. Ob daneben in anderen Fällen wirklich eine echte reflektorische Starre vorlag, konnte bei Anlegung strenger Maßstäbe nicht mit völliger Sicherheit entschieden werden.

Außer dem von uns beschriebenen Fall ließ sich lediglich in einem der Fälle des Schrifttums (Slauck) eine Pupillenstörung aufweisen, die —obgleich von dem betreffenden Autor anders gedeutet — doch mit größter Wahrscheinlichkeit der Pupillotonie zuzurechnen ist.

Diese bisher zwar nur vereinzelten Beobachtungen eines Zusammentreffens von Muskelatrophien und Pupillotonie erweisen die Notwendigkeit, alle Fälle aus dem ophthalmo-neurologischen Grenzgebiet der Pupillotonie auch einer subtilen neurologischen Untersuchung zu unterziehen, nicht zuletzt auch um zu vermeiden, vielleicht eine Forme fruste einer heredodegenerativen Erkrankung lediglich als „Adiesches Syndrom“ aufzufassen. Andererseits ergibt sich aus obiger Untersuchung die Forderung, bei neuraler Muskelatrophie Pupillenstörungen eingehender zu untersuchen, als dies bisher meist geschehen ist.