Zusammenfassung
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1.
Unvollständige Irrenzählungen, die sich nicht auf die Untersuchung ganzer Bevölkerungsschichten, sondern nur auf von Anstaltsärzten, den Verwandten usw. als krank angezeigte Individuen erstreckten, ergaben in der Schweiz: Zürich 1888 0,967% Geisteskranke; Appenzell a. Rh. 1893 0,94%; Bern 1902 0,82%.
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2.
Die Prüfung des Geisteszustandes aller Kinder im schulpflichtigen Alter der Schweiz durch die Lehrer im Jahr 1897 ergab (inklusive Taubstumme) 2,09% geistig Defekte. — Der besonders viel geistig Abnorme aufweisende Kanton Appenzell a. Rh. zählte 1897 3,48%, bei einer genaueren Zählung 1907 4,3% geistig Defekter im Verhältnis zu der Gesamtheit der Kinder.
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3.
Bei der statistischen Bearbeitung von 963060 Rekrutenuntersuchun-gen der Schweiz, die seit 1883 vorgenommen wurden, zeigt es sich, daß der Prozentsatz der wegen psychischer Defekte Untauglichen im langsamen aber stetigen Steigen begriffen ist, nämlich (für je 5 Jahre zusammengezogen) von 1,67 auf 1,75, 1,78, 1,79, 2,15 (dieses überschnelle Steigen kann aus äußeren Momenten erklärt werden) und 1,87 (letzteres ist nicht als Abfall zu betrachten, siehe Text).
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4.
Der Prozentsatz der wegen psychischer Defekte in den letzten 9 Jahren militäruntauglichen jungen Leute in der Schweiz beträgt 2,01%.
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5.
Diese Verhältniszahl dürfte sich unter Berücksichtigung verschiedener Fehlerquellen und der meist erst nach dem Rekrutierungsalter ausbrechenden erworbenen Psychosen für den Durchschnitt der erwachsenen Bevölkerung noch um 1/4–1/2% erhöhen; es betrüge also die Häufigkeit psychischer (angeborener und erworbener) Störungen bei Erwachsenen ca. 2 1/4–2 1/2%, d. h. es käme 1 psychisch Abnormer auf ca. 40–45 Gesunde.
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Maier, H.W. Über die Häufigkeit psychischer Störungen. Z. f. d. g. Neur. u. Psych. 8, 644–658 (1912). https://doi.org/10.1007/BF02866055
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF02866055