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Über Selbstbeobachtungen beim Erwachen

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Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie

Zusammenfassung

An Hand einer tagebuchähnlichen Sammlung von Selbstbeobachtungen des Erwachens werden inerster Linie rein deskriptive Beispiele gegeben für das Erwachen auf Grund der äußeren, der inneren und der körperlichen Situation. Besonders hervorgehoben wird das allmähliche Erwachen, der Zustand des Halbschlafes im Übergang zum vollen Wachbewußtsein. Anhangsweise wird auf einige dem Erwachen ähnliche Zustände hingewiesen.

Inzweiter Linie ergeben sich in psychologisch-analytischer Hinsicht Einblicke in die Genese des symbolhaften Denkens und in die Analogie des schlafhaften mit dem schizophrenen Erleben. An Stelle des bewußten, apperzeptiven, allgemeingiltigen Denkens tritt das assoziative, komplexgebundene, subjektive Denken, das nicht auf Handeln, sondern auf Wunscherfüllung gerichtet ist, und das in vielen gleichzeitigen als Realität empfundenen Bildern abläuft. Dieser Zustand ist die Folge des Stehenbleibens auf der Stufe des schrankenlosen Subjektivismus, des ungeformten Ichs, der triebhaften Tatenlosigkeit (P. Schilder), in der der Normale den Traum und der Schizophrene die Realität erlebt. Das Einzigartige des Aufwacherlebnisses ist die Form des Überganges vom Bedeutungsbewußtsein für die geträumten Symbole und Bilder über einen Zustand der Ratlosigkeit zur Fähigkeit des Wachbewußtseins, die reale, festgelegte Bedeutung der Außenwelt erfassen zu können; der Schizophrene dagegen sucht noch, nachdem er schon physisch erwacht ist, im Zustand seinesnun schizophren zu nennenden Wachbewußtseins nach den Bedeutungen, die er hinter den Dingen der Realität wähnt. (Gruhle; er bleibt in seiner Wahngewißheit befangen.)

Indritter Linie ergibt sich ein Einblick in die Veränderung der Intentionalität bei der Entwicklung des schlafenden Individuums zur wachen Person. Das Streben nach der Totalität des Personseins, das beim Einschlafen aus Angst vor dem Ichverlust, vor dem antizipierten Tod, zur Störung der Intentionalität führt, dies selbe Streben ist auch beim Erwachen das dynamische Agens zur Wiederherstellung der normalen, realitätsgerechten Intentionalität, d. h. zur Selbstheit der wachen, vollbewußten Person. Reste des Totalitätsstrebens wie des Bewußtseins bleiben im Tiefschlaf und in der Schizophrenie erhalten und sind die Voraussetzungen einerseits des Erwachens, andererseits der Remission während der Psychose.

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Grotjahn, M. Über Selbstbeobachtungen beim Erwachen. Z. f. d. g. Neu. u. Psych. 139, 75–96 (1932). https://doi.org/10.1007/BF02864656

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