Zusammenfassung
In letzter Zeit erweist es sich, daß die Zah| der Fälle, in welchen Hämo-lyse naeh Überleitung yon sogenannten U.S.B. an die Träger ungleich-namiger Blutgruppen auftritt, in stetigem Wachsen begriffen ist. Auf Grund des einschlägigen Sehrifttums und der eigenen Erfahrung konnten wir 46 Fälle, davon 20 mit tödlichem Ausgang, zusammenstellen. Die Überleitung großer Blutmengen - über 200 ccm - yon U.S.Blut kann bei einem blutarmen Empfänger, besonders wenn der Titer des Spenderserums den Erythroeyten des Empfängers gegenfiber hoch ist, eine ,,rückläufige“ Agglutination bedingen, auf die dann H~tmolyse folgt. Im Forschungs-institut fiir Bluttransfusion in Leningrad ist der Titer bei 104 U.S. be-stimmt worden ; er war in 42,3 % der Fälle gegenüber den Erythrocyten der A-Gruppe, in 32,7 % den Erythrocyten der B-Gruppe gegenüber mehr aIs 1 : 32, was schon eine Gefahr im Sinne einer ,,rückläufigen“ Agglutination im Blute des Empf/~ngers bedeutet (Blinov). I n 14 Fällen betrug der Titer 1:128, in 3 Fällen 1:256. Bei Überleitung von U.S.B. mit einem Titer unter i:16, kamen keinerlei Zwisehenfälle zur Beobachtuug. Wo jedoch der Titer mittelhoch und hoch war, tratcn schon Anzeichen eines hämolytischen Shocks zutage (Stroikova).
Bei Überleitung yon gruppengleichen Blur wiesen die orthostatischen und klinostatischen Proben keine Abwcichungen yon der Norm auf, w~h-rend nach Überleitung yon U.S.B. die Pulsfrequenz Schwankungen bis zu 40 Schlägen erreichte - als Norm gelten 4. - Das beweist, daß das Nerven-system der Unstimmigkeit der Blutgruppen gegenfiber sehr empfindlich ist, wenn auch sonstige klinische Symptome eines hämolytischen Shocks zunächst ausbleiben. Besonders gefährlich ist die Transfusion yon U.S.B. Empfängern der A-Gruppe. Unter 22 Fällen von hämolytischem Shock, wo die Gruppe des :Empfängers bekannt war, handelte es sich 15real um die Gruppe A, nur in 6mal um die Gruppe B, lmal um die Gruppe A:B. Die Angabe der Titerhöhe des Spenderblutes gegenüber den Standard-erythroeyten hat nut eine aproximative Bedeutung. Ausschlaggebend ist das Verhältnis gegenüber den Erythrocyten des gegebenen Empfängers.
Auf Grund unseres gesamten Materials kommen wit zum Schluß, daß es einen U.S. im eigentlichen Sinne des Wortes nicht gibt und daß daher Bluttransfusionen nur innerhalb gleichnamiger Blutgruppen aus-geführt werden sollten. Im Notfall diirfen yon einem U.S. nieht mehr als 200 ccm auf einen Trätgcr einer ungleichnamigcn Blutgruppe übergeleitet werden. Die Transfusion ist nur dann zulässig wenn die Erythrocytenzahl des Empfängers nicht unter 2 Millionen gesunken ist und der Titer ,des Spenderscrums den Erythroeyten des Empfängers gegenüber nicht mehr als 1:16 beträgt. Nur wenn der Empfiinger in Lcbensgefahr und kein anderer Spender zur Hand ist oder wenn die Blutgruppe des Empfängers nicht bestimmt werden kann, ist die Verwendung eines U.S. zulässig. In solchen Fällen wählt eben der Chirurg yon zwei Übeln das kleinere und bedient sich eines U.S.
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Hesse, E. Über die Verwendung des sogenannten Universalspenders bei der Bluttransfusion. Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie 245, 371–382 (1935). https://doi.org/10.1007/BF02802168
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