Zusammenfassung
1. Stierlin beschrieb 1914 einen Fall von kongenitaler Fraktur des Unterschenkels, als dessen Ursache durch die histologische Untersuchung eine Ostitis fibrosa Recklinghausens festgestellt wurde. Wir hatten kürzlich selbst Gelegenheit, einen solchen Fall zu beobachten, bei dem neben dem mikroskopischen Bild der Ostitis fibrosa sich durch Röntgenbild und Operation eine ausgesprochene echte Knochencyste feststellen ließ.
Während der Stierlinsche Fall einen Zusammenhang zwischen Ostitis fibrosa und angeborener Fraktur zum erstenmal histologisch feststellen läßt, fanden wir einen direkten Zusammenhang von kongenitalem Knochenbruch und Knochencyste, wobei sich histologisch wiederum das Bild der Ostitis fibrosa zeigte. Dieser Befund festigt einerseits die Behauptung, daß die angeborenen Knochenbrüche eine Ostitis fibrosa zur Grundlage haben können, andererseits ist er auch ein Beitrag zu der ostitischen Genese der Knochencysten.
2. Die operative Behandlung der Pseudarthrose bestand in Excision des makroskopisch erkrankten Gewebes und Bolzung der Fragmente durch einen Knochenspan der gesunden Tibia. Nach ` Jahr ist eine Heilung noch nicht eingetreten, dagegen haben die durch Pseudarthrose verbundenen Knochenenden im Röntgenbild das Aussehen normalen Knochens angenommen und zeigen, jedes für sich, ziemlich lebhafte Callusbildung. Immerhin muß, da gewisse Anzeichen für das Fortbestehen des ostitischen Prozesses vorhanden sind, die Prognose vorsichtig gestellt, und auch bei nochmaliger Operation mit der Möglichkeit einer erneuten Pseudarthrosebildung gerechnet werden.
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v. Beust, A.T. Ostitis fibrosa und Knochencyste bei angeborener Unterschenkelfraktur. Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie 152, 60–91 (1920). https://doi.org/10.1007/BF02798511
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