Zusammenfassung
Ungünstige Ergebnisse (Hoffmann undPesch) hinsichtlich der Brauchbarkeit des Coli-Widals für die klinisch-serologische Diagnostik bei coliinf zierten Patienten ließen es angebracht erscheinen, den Ausfall vieler, anscheinend unspezifischer Ausflockungsergebnisse bei Colibakterien ganz allgemein nach physikalisch-chemischen Gesetzen und nicht als einen spezifischen Immunitätsvorgang zwischen Antigen und zugehörigem Antikörper zu erklären. Kataphorese- und Agglutinationsversuche mit 22 hämolysierenden und nicht hämolysierenden Colistämmen sowie mit einer Reihe von Kaninchen-Normal-. Coliimmunsowie Typhus- und Ruhr-Immunseren ließen u. a. folgendes erkennen:
-
1.
Es bestcht bei Colistämmen ein bedeutender Unterschied der Agglutinabilität, der unabhängig von dem kulturellen Verhalten, sehr stark abhängig jedoch von der im Kataphoreseversuch zu messenden elektrischen Ladung des betreffenden Stammes zu sein scheint. Je geringer die Ladung, je langsamer also die Bakterien im elektrischen Felde zur Anode wandern, um so leichter werden sie ausgeflockt.
-
2.
Ein weiterer wichtiger Faktor bei dem Zustandekommen der Coliagglutination ist der Globulingehalt des zur Untersuchung herangezogenen Serums. Je mehr elektropositiv geladene Globuline ein Serum (z. B. ein Immunserum) enthält, um so größer ist seine ausflockende Kraft.
-
3.
Eine Bakterienausflockung kommt zustande durch die Einwirkung der elektropositiv geladenen Globuline auf die elektronegativ geladenen Bakterien. Entladung der Bakterien, Überführung zum isoelektrischen Punkt sind die Vorgänge, die zur Ausflockung der Bakteriensuspension führen.
-
4.
Diese physikalisch-chemische Erklärung hat keine Gültigkeit für diespezifischen Agglutinationsreaktionen etwa zwischen einem Colistamm und dem zugehörigen homologen Immunserum.
-
5.
Unter den untersuchten 22 Stämmen neigten die hämolysierenden Stämme durch ihre geringere elektrische Ladung etwas stärker zur Ausflockung als die nicht hämolysierenden Stämme.
Literaturverzeichnis
Aschenheim u.Holstein: Monatsschr. f. Kinderheilk.23, 370. 1922.
Bechhold: Zeitschr f. physikal. Chem.48, 385. 1904.
Bitter u.Gundel: Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.104, 203 u. 752. 1925; Klin. Wochenschr. 1924, 2141 u. 1925, 1395.
Burk: Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. 1, Orig.45, 577. 1908.
Cenovodeanu u.Henri: Cpt. rend. des séances de la soc. de biol.61, 200. 1906.
Conradi u.Bierast: in Kolle-Wassermann, Handb. d. pathog. Mikroorg.6, 2. A., 483ff. 1913.
Czickeli: Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. 1, Orig.91, 459. 1924 u.0 2, 527. 1924.
Dudgeon, Wordley andBawtree: Journ. of hyg.21, 168, 1922. ref. Zentralbl. f. d. ges. Hyg.3, 307. 1923.
Hamburger u.Czickeli: Wien. klin. Wochenschr. 1924, 10.
Herrold: Journ. of urol.7, 473. 1922. ref. Zentralbl. f. d. ges. Hyg.3, 152. 1923.
Höber: Physikal. Chem. d. Zelle u. Gewebe 5. A. 1922 und Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol.101, 607, 1904.
Hoffmann u.Pesch: Klin. Wochenschr. 1925, 2345.
Kutscher u.Konrich: Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.48, 249. 1904.
v. Loghem: Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. 1, Orig.83, 401. 1919.
Löwenberg: Zeitschr. f. d. ges. exp. Med.41, 89. 1924.
Meyer u.Löwenberg: Klin. Wochenschr. 1924, 836.
Michaelis: Praktikum der physikal. Chem. 1921.
Much u.Schottmüller: Münch. med. Wochenschr. 1908, 433.
Paltauf: in Kolle-Wassermann, Handb. d. pathog. Mikroorg. 2. A.,2, 552ff. 1913.
Putter: Zeitschr. f. Immunitätsforsch. u. exp. Therapie, Orig.32, 538. 1921.
Salus: Biochem. Zeitschr.84, 378. 1917.
Simchowitz: Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, Orig. 1926 (im Druck).
v. Smoluchowski: in Grätz, Handb. d. Elektr. u. d. Magnetism.2, 382. 1912.
v. Szent-Györgyi: Biochem. Zeitschr.110, 116. 1920 und113, 29 u. 36. 1921.
Weinberg u.Ginsbourg: Cpt. rend. des séances de la soc. de biol.90, 992. 1924 ref. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. 1, Ref.77, 505. 1924.
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Pesch, K.L., Simchowitz, H. Praktische Bedeutung und theoretische Grundlagen der Coliagglutinationsreaktionen. Z. Ges. Exp. Med. 50, 301–317 (1926). https://doi.org/10.1007/BF02627783
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF02627783