Zusammenfassung
Es werden Überlebungsversuche an dem vollständig abgetrennten Kopfe von Kaninchen und Hunden mittels eines Kreislaufapparates angestellt: Der Cornealreflex konnte bis zu 24, der Lichtreflex bis zu 27 Minuten nach Beginn des Versuchs ausgelöst werden; koordinierte Bewegungen waren noch 45 Minuten nach Beginn der künstlichen Durchströmung zu beobachten.
Literaturverzeichnis
Zuerst festgestellt vonH. E. Hering (Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol.99, 261. 1903); sodann bestätigt vonGuthrie, Pike undStewart (Americ. journ. of physiol.17, 344. 1906/07).
Kaninchen im Alter von 4–8 Tagen können allerdings bei künstlicher Durchspülung mit Ringerscher Lösung auch ohne Blutzusatz länger als I Stunde am Leben bleiben (H. Winterstein: Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol.138, 173. 1911).
Kaninchen:Mayer, S.: Zentralbl. d. med. Wiss. 1878, Nr. 32 u. 33;Scheren, U.: Arch. f. Psychiatrie u. Nervenkrankh.38, 926. 1904.
Hund und Katze:Stewart, Guthrie, Burns undPike: Journ. of exp. med.8, 287. 1906.
Die Methodik der gekreuzten Durchströmung stammt vonL. Fredericq (Bull. de l’acad. royale Bruxelles. 3 Série. Tome 13.57, 417. 1887). In der urprünglichen Form wurde sie benutzt vonFoà (Arch. internat. de physiol.18, 398. 1921) und vonTournade (Compt. rend. des Séances de la Soc. de physiol.10, 192. 1910). Eine modifizierte Präparationstechnik für Hunde ist vonA. B. Eisenbrey (Proc. of the soc. for exp. biol. a med.7, 113. 1909) angegeben worden.
Während in all diesen Versuchen der Kopf in Verbindung mit dem übrigen Körper blieb, durchblutetenGuthrie, Pike undStewart (Americ. journ. of physiol.17, 344. 1906/07) als erste auf diese Weise den vollständig abgeschnittenen Kopf von Hunden: sie sahen dabei etwa 19 Minuten lang Willkürbewegungen; der Cornealreflex war 27 und die Atmung 30 Minuten lang erhalten (Exp. 12). Eine bedeutend längere Überlebungszeit erreichten mit dem gleichen VerfahrenC. Heymans undA. Ladon (Arch. internat. de pharmacodyn. et de thérapie30, 415. 1925), die das Vaguszentrum noch nach 79 Minuten erregbar fanden (Vers. 19). Nach einer nur im Referat zugänglichen Mitteilung vonC. Heymans (Vlaamsch geneesk. tijdschr.6, 297. 1925) soll der Kopf sogar 2–3 Stunden überlebt haben.
Athanasiu undBarry: Compt. rend. des séances de la soc. de biol.87, 341. 1922.
Ergebnisse hinsichtlich Überlebungsdauer werden nicht mitgeteilt.
Herlitzka, A.: Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol.88, 185. 1911.
Renauld-Capard: Ber. üb. d. ges. Physiol.4, 26;7, 592. 1921.
L. v. Cyon (Ges. physiol. Arb. 1888, S. 139): Curaresierte Hunde; defibriniertes Blut aus Behältern in beide Carotiden; Ausfluß aus den Ven. jugulares; Vertebralarterien unterbunden.
Richards undDrinker (Journ. of pharmacol. a. exp. therapeut.7, 467. 1915): Katze; durch Vertebralarterien mittels eines Kreislaufapparates durchströmt. Nach 2 Stunden Durchströmung löste eine zugesetzte. starke Dosis Strychnin noch Konvulsionen im oberen Körperdrittel aus.
Brown (Journ. of pharmacol. a. exp. therapeut.8, 185. 1916): Hunde; rechte Carotis und linke Vertebralis an Durchströmungsapparat angeschlossen. Bei 23 Versuchen blieben die spontanen Atembewegungen in 9 Fällen noch keine 10 Minuten bestehen und nur 5 mal 10–20 Minuten lang; das längste beobachtete Erhaltenbleiben war 100 Minuten.
Foà (Arch. internat. de physiol.18, 398. 1911): Hunde; Methodik ähnlich der vonBrown verwandten; Kopf blieb durch Medullar- und Meningealgefäße mit Körperkreislauf in Verbindung. „Plus d’une heure“ überlebt.
K. Tagenaga (Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol.203, 72. 1924): Hunde; novirudinisiertes Blut aus Gefäß in beide Carotiden; Artt. vertebrales unterbunden. Überlebungsdauer: 2 Stunden und länger.
François-Franck (Travaux du Labor. de Marey4, 73. 1878): Hund; Einströmen von defibriniertem Blut in beide Carotiden unter konstantem Drucke von 140 mm Hg; Durchtrennen des Halses mit Ausnahme der Vagi.
Laborde (Arch. de physiol. 1887, S. 1?) soll den abgetrennten Menschen- und Hundeschädel mit Hundeblut durchströmt haben.
Hayem undBarrière (Arch. de physiol. 1887, S. 1) erzielten bei der Durchströmung dekapitierter Hundeschädel mit nicht defibriniertem Blute bessere Ergebnisse als mit defibriniertem; sie fanden auch, daß nach dem Verschwinden der Lebenstätigkeiten bei Fortsetzung des Durchleitens eine Erholung der Zentren möglich ist. (Die Originale der beiden letzten Mitteilungen waren nicht zu beschaffen.)
Die besten Erfolge habenC. Heymans undA. Ladon (Arch. internat. de pharmacodyn. et de thérapie30, 418. 1925) an Hundeschädeln zu verzeichnen: „en moyenne une survie des 30 à 45 minutes“. Durchströmt wurde mit defibriniertem Blute von 380, das zu 2/3 mit Tyrode-Lösung verdünnt war.
Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol.210, 305. 1925.
Atzler, E. undLehmann, G.: Dtsch. med. Wochenschr.49, 873. 1923.
Diese Ergebnisse stimmen mit den in der Literatur bereits vorliegenden Angaben überein.
R. Nothdurft (Zeitschr. f. exp. Path. u. Therapie9, 1911) fand im Jahre 1907 unterH. E. Hering, daß Kaninchen bei Verlust von 2/3 ihrer Blutmenge zugrunde gehen. Dabei war es gleichgültig, ob diese Menge durch 0,8% NaCl-Lösung ersetzt wurde oder nicht.
W. M. Bayliss (Journ. of pharmacol. a. exp. therapeut.15, 29. 1920) konnte Katzen nach Entblutung bis zu 70% des Gesamtblutes am Leben erhalten, wenn er die entnommene Menge durch Ringersche Lösung mit 6–7 proz. Gummizusatze ersetzte. Bei Verwendung von bloßer Ringerscher Lösung aber wurde nur ein Blutverlust bis zu 30% ertragen.
Tigerstedt, R.: Physiol. des Kreislaufes4, 234. 1923.
Die gleiche Erfahrung hatte schonT. G. Brodie (Arch. f. Physiol. 1907, Suppl. 42) gemacht.
Die vonE. Jakobj (Zentralbl. f. allg. Pathol. u. pathol. Anat.33, 288. 1923) hiergegen gemachten Einwände treffen für die eigenen Versuche nicht zu, da sowohl das Tier, dessen Schädel durchblutet werden sollte, als auch das zur Füllung des Apparates benutzte Blut reichlich hirudinisiert war; auch wurde das erste aus dem Präparate ausfließende venöse Blut nicht in die Zirkulation gelassen.
Eckhardt: Zentralbl. f. Physiol.9, 353. 1895.
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Wüllenweber, G., Koch, E. Überlebungsversuche am abgetrennten Warmblüterkopfe mittels künstlicher Durchblutung durch einen Kreislaufapparat. Z. Ges. Exp. Med. 50, 212–217 (1926). https://doi.org/10.1007/BF02627776
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF02627776