Zusammenfassung
1. Dekapsulation und Nierenquetschungen verursachen eine starke reflektorische Steigerung der Nierendurchblutung.
2. Diese Durchblutungssteigerung tritt auch dann auf, wenn die Nierengefäße durch eine Adrenalindauerinfusion in einen starken Kontraktionszustand versetzt sind.
3. Die bessere Durchblutung geht nicht mit einer Steigerung, sondern mit einer Verschlechterung der Urinsekretion einher.
4. Durch diese experimentellen Befunde werden die Heilerfolge bei nephritischer und eklamptischer Anurie erklärt. Auch Hämaturien können durch Beseitigung der Stasen zum Verschwinden gebracht werden. Die Ausheilung disseminierter Nierenabscesse kann durch die eintretende aktive Hyperämie zweifellos unterstützt werden. Bei chronischen Nephritiden und malignen Sklerosen ist ein bleibender Heilerfolg nicht zu erwarten.
5. Trotzdem die Zunahme der Durchblutung sicher nur beschränkte Zeit anhält, ist sie doch von nachhaltigem Einfluß auf das Organ. Denn die Dekapsulation verleiht den Nieren einen gewissen Schutz gegen die Einwirkung von Nierengiften (Cantharidin, Urannitrat). Bei Verwendung kleiner Giftmengen bleibt auf der dekapsulierten Seite die Urinsekretion besser, der Urin enthält weniger Eiweiß und auch die anatomischen Veränderungen sind in vielen Fällen geringer als auf der nicht entkapselten Seite. Bei Vergiftungen ist vor dem Auftreten stärkerer Nierenerscheinungen eine prophylaktische Nierendekapsulation in Betracht zu ziehen.
6. Durch Röntgenbestrahlungen konnten wir in unseren bisherigen Versuchen weder eine stärkere Durchblutung noch eine Schutzwirkung gegenüber Nierengiften (Sublimat) erzielen.
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Diese Untersuchungen hatVolhard in seinem Referat auf dem Urologenkongreß am 3. X. 1924 bereits erwähnt.
Zur Verhinderung der Blutgerinnung benutzten wir in diesem Versuch Hepatin, das uns von Herrn Dr.Becher zur Verfügung gestellt wurde.
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Bei der günstigen Wirkung der Entkapselung auf Nierenblutungen und Abscesse kann es sich zum Teil um eine unspezifische Reiztherapie handeln. NachH. Kürten (Münch. med. Wochenschr. 1924, S. 1350) bildet der aseptische Eingriff als solcher überhaupt den wesentlichsten Faktor bei der Heilwirkung der Dekapsulation.
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Die Röntgenbestrahlungen hat Herr Dr.Koch liebenswürdigerweise ausgeführt.
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Hülse, W., Litzner, S. Experimentelle Untersuchungen über die Wirkung der Nierendekapsulation. Z. Ges. Exp. Med. 52, 84–102 (1926). https://doi.org/10.1007/BF02625345
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