Zusammenfassung
1. Nach Faradisation des undurchschnittenen rechten oder linken Halsvagus und nach Adrenalininjektion treten im Eng der Kaninchenniere regelmäßig bestimmte Schwankungen des von Kante und Hilus abgeleiteten Grundpotentials auf; sie sind wahrscheinlich nicht auf veränderte Blut- oder Harnströmung oder auf Tätigkeit glatter Muskeln der Niere zurückzuführen, sondern dürften mit Zellvorgängen im harnbereitenden Gewebsanteil der Niere in Zusammenhang gebracht und daher als Aktionsströme der Niere bezeichnet werden.
2. Der Aktionsstrom der Niere nach Vagusfaradisation ist biphasisch: 8–24 Sek. nach Reizbeginn kommt es zu einer positiven Schwankung, d. h. Zunahme des Bestandpotentials, von insgesamt 12–24 Sek. Dauer und anschließend zu einer negativen Schwankung von 45–70 Sek., jede mit Potentialabweichungen um bis zu 1,2 MV.
3. Der Aktionsstrom der Niere nach Adrenalininjektion ist ebenfalls biphasisch: 6–8 Sek. nach Beginn der Blutdrucksteigerung setzt eine positive Schwankung von bis zu 1,2 MV und 12–36 Sek. Dauer ein und anschließend eine negative Schwankung um bis zu 4,0 MV, die nur langsam in mehreren Minuten mit Normalwerden des Blutdruckes wieder zum Ursprungspotential zurückkehrt.
4. Vagusfaradisation und Erregung des sympathischen Systems wirken demnach, wie die Aktionsströme zeigen, deutlich auf die Zellvorgänge im harnbereitenden Gewebsanteil der Niere ein; doch ist daraus noch nicht sicher auf echte sekretorische Innervation der Niere zu schließen, da diese Zellveränderungen auch mittelbar durch Vasomotorenbeeinflussung, die im Aktionsstrombild nicht zum Ausdruck kommt, erfolgen können.
5. Aus den rhythmisch auftretenden kleinen und großen Biphasien im Spontan-Eng wird nach diesen Erfahrungen auf Rhythmen der Zellarbeit der Niere bei der Harnbereitung geschlossen; diese Auffassung steht im Einklang mit den vonRein gefundenen Rhythmen der Konzentrationsarbeit der Hundeniere und mit der vonVerney angenommenen „strukturellen Reserve“ der Niere, die demnach nicht einen bestimmten Anteil der Niere dauernd, sondern rhythmisch alle Nierenteile abwechselnd zu erfassen scheint.
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von Dungern, M.F. Aktionsströme der Niere nach Vagusreizung und Adrenalininjektion. Z. Ges. Exp. Med. 97, 110–120 (1936). https://doi.org/10.1007/BF02624308
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