Zusammenfassung
Es wird über die nach parenteraler Einverleibung homologen Serums beim Menschen auftretenden Erscheinungen berichtet (darunter 4 eigene Beobachtungen). Sie unterscheiden sich von den auf heterologes Serum folgenden 1. dadurch, daß sie fast immer sofort nach der Injektion auftreten, 2. daß die Hauteruptionen gegenüber den Shocksymptomen zurücktreten. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß ein großer Teil dieser Zwischenfälle nicht auf Überempfindlichkeit im engeren Sinne zurückzuführen ist, sondern auf kolloidalen Shock oder (bei Transfusionen) auf Einverleibung unverträglichen Blutes; hierbei wird auf dieLandsteinerschen Agglutinine hingewiesen. In einer Minderzahl aber dürften dennoch anaphylaktische Phänomene vorliegen. Gesichert erscheint dies in einem Fall vonGyörgy undWittebsky, sowie in einem Fall vonP. L. Marie, wahrscheinlich in einem von Verfasser beobachteten Fall (Serumexanthem bei 2 von 7 Kindern im unmittelbaren Anschluß an eine Zweitinjektion von Masernrekonvaleszentenserum), möglich in einem Fall vonBode.
In darauf gerichteten Untersuchungen gelingt es, I Fall von idiosynkrasischer Hautreaktion festzustellen (ein Säugling K. H. reagiert auf Serum E. V. mit Urticaria, nicht aber auf Serum J. A; ebensowenig reagiert ein zweites Testkind G. M. auf Serum E. V.). Ferner konnten Verfasser die menschliche Haut gegenüber homologem Serum durch simultane intracutane Einverleibung von Lymphe bzw. von Pferdeserum und Menschenserum sensibilisieren. Das Menschenserum verhält sich hier also wie ein Halbantigen. In diesen Versuchen zeigte sich die Haut nicht nur gegenüber dem zur Sensibilisierung verwendeten, sondern auch gegenüber einem zweiten überempfindlichen; in dem vonP. L. Marie veröffentlichten Fall traten Präcipitine mit verschiedenen Seris auf; dagegen lag in dem von uns beobachteten Fall von Idiosynkrasie, sowie in dem Fall vonGyörgy undWittebsky Überempfindlichkeit gegenüber einem bestimmten Menschenserum vor; es kommen also scheinbar beide Arten von Allergie vor.
Zwecks genauerer Erforschung der betreffenden Phänomene empfiehlt es sich, bei Transfusionen außer der Gruppenbestimmung noch die direkte Agglutinationsprobe zwischen Spendererythrocyten und Empfängerserum, Komplementablenkung und Präcipitationsproben, sowie insbesondere die intracutane Injektion von Spenderserum in die Haut des Empfängers vorzunehmen und zwar vor und nach erfolgter Transfusion.
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Tezner, O., Reiter, F. Überempfindlichkeitserscheinungen nach Injektion arteigenen Serums. Z. Ges. Exp. Med. 72, 666–683 (1930). https://doi.org/10.1007/BF02623267
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