Zusammenfassung
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1.
Beim Wasserbelastungsversuch zeigt sich während der Dauer des reflektorischen Temperatureinflusses (feuchtwarme Umschläge um beide Arme während der ersten 11/2 Std.) ein deutliches Ansteigen der Diuresewelle (Polyurie) und ferner ein früheres Auftreten des Diuresemaximums als im einfachen Wasserbelastungsversuch. Ein entsprechendes Ergebnis haben wir beim Thyroxinwasserversuch bei Myxödem.
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2.
Zur Klärung der Frage, ob beim Wärme-Wasser-Versuch dieser besondere diuretische Effekt durch zentrale Mechanismen in Form einer Erregung des Wasserhaushaltzentrums im Zwischenhirn oder durch periphere Mechanismen in Form einer verstärkten Durchblutung der Niere zustande kommt, wurde der Wärme-Wasser-Versuch auch während gleichzeitiger Dämpfung des Zwischenhirns durch Stammhirnnarkotica durchgeführt. Die Dosis des Narkoticums war so gewählt, daß die Patienten in einen Halbschlafzustand kamen und vielfach zum Wasserlassen geweckt werden mußten. Daß dabei das Zwischenhirn und somit das Wasserzentrum in seiner Funktion herabgesetzt war, zeigt besonders der Vergleich der einfachen Wasserversuche mit den Wasserversuchen, die unter der Wirkung des Narkoticums abliefen: Bei letzteren sehen wir eine allgemeine Steigerung der 4-Std.-Gesamtdiurese, was in Übereinstimmung mit der Harnsekretionstheorie von Marx und Ergebnissen bei ähnlichen Versuchuen von Hoff und Wermer die herabgesetzte Erregbarkeit des Zwischenhirns beweist.
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3.
Wenn somit das Zwischenhirn unter der Einwirkung des Narkoticums in seinen nervösen Zentren als gedämpft vorausgesetzt werden kann und trotzdem unter dieser Bedingung beim Wärme-Wasser-Versuch genau derselbe besondere diuretische Effekt auftrat wie beim einfachen Wasserversch (one Narkoticum), so kann dessen Ursache kaum in einer besonderen diencephalen Erregung des Wasserzentrums gesehen werden, sondern ist wohl mit größter Wahrscheinlichkeit auf eine periphere Regulation eine vermehrte Durchblutung der Niere zurückzuführen.
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4.
Bei der Durchführung des Wärme-Wasser-Versuches bei einem Patienten mit Hypophysentumor kann auf Grund derselben Versuche angenommen werden, daß mit Wasserhaushaltstörungen keine merkliche vasomotorische Störung kombiniert sein muß. Somit ist ein weiterer Beweis dafür erbracht, daß pathologische Prozesse am Hypophysenzwischenhirnsystem auch auf einzelne Zentren beschränkt bleiben können und nicht stets das gesamte System in Mitleidenschaft gezogen ist.
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Wengenmayer, K. Der Wasserbelastungsversuch bei reflektorischen Temperatureinflüssen. Z. Ges. Exp. Med. 114, 163–171 (1945). https://doi.org/10.1007/BF02598658
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