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Experimentelle Untersuchungen über simultane und sukzessive Gesichtswahrnehmungen

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Psychologische Forschung Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

A. Lehmann hat in seiner Psychophysiologie ein allgemeines Gesetz aufgestellt, wonach gleichzeitige Erregungen sich hemmen, sukzessive dagegen sich bahnen. Die Schwelle für einen Schallreiz ist z. B. höher, wenn gleichzeitig ein elektrischer Reiz einwirkt, wogegen, im allgemeinen von zwei einander folgenden gleich starken Reizen der zweite für stärker gehalten wird. Wir führen hier diesen Satz an, um die Vermutung ausdrücklich abzuweisen, als ob unsere Prinzipien diesen oder einen ähnlichen Sachverhalt ausdrückten. Wir sprachen nicht von einwirkenden Reizen oder physiologischen Erregungen, sondern von psychischen Inhalten, bzw. von deren gleichzeitigem oder sukzessivem Gegebensein. Und es war das Ergebnis unserer Versuche nicht, daß gleichzeitig erscheinende psychische Inhalte sich hemmen bzw. sukzessive sich bahnen, sondern es ergab sich nur,daß stückhafte Teile in einer einheitlichen simultanen Wahrnehmung in minderwertigerer Weise zur Geltung kommen als in zwei sukzessiven Wahrnehmungen, wo sie eben keine stückhaften Teile mehr sind, sondern selbständige Gegebenheiten. Die Umkehrung dieses Satzes trifft aber auch zu und ist z. B. ableitbar aus unseren Versuchen über den Entfernungsvergleich der Diagonalen eines Quadrates. In jeder simultanen Wahrnehmung ergibt sich ein einheitlicher Gesamteindruck, und die diesem entsprechende Wahrnehmungsart ist eben die simultane, in welcher er auch besser verwirklicht wird, als wenn er aus einigen sukzessiven Wahrnehmungen zu entstehen hätte.

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Literatur

  1. Vgl. Zur Analyse der Gedächtnistätigkeit und des Vorstellungsverlaufes, Bd. I, S. 130. Eg.-Bd.5 d. Zeitschr. f. Psychol. 1911.

  2. Vgl.Katona, Psychologie der Relationserfassung und des Vergleichens. Leipzig 1924, S. 110ff.

  3. Vgl.Cornelius, Transzendentale Systematik. München 1916, S. 70. «Das Gegebensein der sukzessiven Mannigfaltigkeit … läßt sich hiernach auch so beschreiben, daß wir sagen, es seien stets sukzessive Teile als voneinander unterschieden oder ‘abgehoben’ gegeben … Ohne Unterscheidung eines später Gegebenen vom vorher Gegebenen (oder umgekehrt) würde nicht sukzessive Mannigfaltigkeit gegeben sein.”

  4. Ich beabsichtige in dieser Arbeit den so erhaltenen Begriff der simultanen Wahrnehmung nicht näher zu untersuchen und möchte nur darauf hinweisen, daß innerhalb des so aufgefaßten gleichzeitigen Bewußtseinsinhaltes wieder eine theoretische Trennung notwendig ist, je nachdem, ob sich etwas in der simultanen Wahrnehmungals Simultanes oderals Sukzessives darstellt (z. B. Wahrnehmung einer geometrischen Figur oder einer Bewegung).

  5. Unterstückhaften Teilen verstehen wir also hier und auch im Laufe der weiteren Ausführungen immer nur solche Wahrnehmungsteile, die durch keine sinnvolle Beziehung verbunden sind.

  6. Gründe für die Geringfügigkeit der Assoziationen sind ohne Zweifel auch im Fehlen der zum Stiften einer Assoziation notwendigen Einstellung zu finden.

  7. E. Meyer, Über die Gesetze der simultanen Assoziationen und das Wiedererkennen, 1910; in den Untersuchungen zur Psych. und Phil., herausgeg. von Ach, I.

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  13. Bei allen Vpn. und bei den meisten Versuchsreihen benutzte ich außer der Grenzmethode auch dieHerstellungsmethode. Bei dieser saß die Vp. nur 50 cm vom Tisch und erhielt einen langen Stock in die Hand. Sie wurde eingeübt, mit dem Stock die Figuren zu schieben, ohne dabei Körper oder Kopf zu bewegen. Bei etwas schwierigeren Stellen half der Versuchsleiter nach Angabe der Vp. Die so ausgeführten Versuche sind in den weiter unten stehenden Tabellen nicht enthalten, doch sie bildeten eine wesentliche Ergänzung von deren Ergebnissen. Sie dauerten nämlich viel länger als die Versuche mit der Grenzmethode, und so könnte man zunächst die so erhaltenen Einstellungen für exakter halten als jene, denn die Vp. konnte eben länger über die Richtigkeit ihrer Einstellung «nachdenken». Aber eben darin liegt eine mögliche Fehlerquelle: durch das Nachdenken sind Beeinflussungen der Resultate durch verstandesgemäße Motive nahegelegt, die Urteile geben also evtl. nicht das unmittelbar Gesehene wieder. Infolge dieser Überlegungen war ich zunächst für die Versuche mit der Herstellungsmethode recht skeptisch, um so wertvoller war aber das Ergebnis, das wir hier nur nebenbei erwähnen möchten: Eine ziemlich gute Übereinstimmung mit den Werten der Grenzmethode.

  14. Die einzelnen mittleren Variationen sind in den folgenden Tabellen nicht mitgeteilt, nachdem ich diese nicht mit Zahlen, die für unser eigentliches Ergebnis bedeutungslos sind, belasten wollte. Hier möchte ich nur ein Beispiel für die Größe der Schwankungen anführen. Bei einem der nachfolgenden Versuche beträgt z. B. die Differenz zwischen objektiver und subjektiver Gleichheit der Entfernungen 10 cm, d.h. durchschnittlich war einer 30 cm langen Hauptstrecke eine Vergleichsstrecke von 40 cm gleich. Bei diesem Fall schwankten nun alle Einstellungen der Vp. zwischen 38 und 43 cm. Ähnlich sind die meisten Werte und nur hier und da sind ganz «ausgefallene» Finstellungen vorgekommen. Bei der Herstellungsmethode war allerdings die mittlere Variation etwas größer.

  15. s. Experimentelles über Vorstellungsinadaequatheit, Zeitschr. f. Psych.42, 1906, S. 22 ff.

  16. Vgl. auchBlumenfeld, Zeitschr. f. Psych.65, 349ff., 1912, und die dort besprochene Arbeit vonIssel.

  17. Vgl. denselben Satz für die Größenkonstanz aus Versuchen abgeleitet beiKatona, Experimente über die Größenkonstanz. Zeitschr. f. Psych.97, 245f. 1925.

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Mit 10 Figuren im Text.

Über einen Teil der nachfolgenden Experimente hat der Verf. schon auf dem Münchener Psychologenkongreß (April 1925) berichtet.

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Katona, G. Experimentelle Untersuchungen über simultane und sukzessive Gesichtswahrnehmungen. Psychol. Forsch. 7, 226–256 (1926). https://doi.org/10.1007/BF02424355

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