Zusammenfassung
Die großen multizentrischen Prophylaxestudien mit Fenretinid oder Tamoxifen laufen erst seit wenigen Jahren, so daß noch nicht beurteilt werden kann, ob tatsächlich das primäre Studienziel, nämlich die Verhinderung der Entstehung bösartiger Brusttumoren, erreicht werden kann. Bis zum Ende dieses Jahrtausends werden erste Ergebnisse der englischen Pilotstudie und mölicherweise auch der amerikanischen und europäischen Studien erhältlich sein. Zur Zeit steht die Frage einer Induktion von Zweitmalignomen im Zentrum der Diskussion. An der Tatsache der erhöhten Inzidenz von Endometriumkarzinomen unter langjähriger Tamoxifen-Behandlung besteht kein Zweifel. Umstritten ist jedoch das Ausmaß dieser äußerst unerwünschten Spättoxizität, ob es sich um besonders gut- oder bösartige Tumortypen handelt und ob latente Frühkarzinome durch die Tamoxifen-Stimulation und die intensivere gynäkologische Kontrolle früher entdeckt werden. Ob tätsachlich auch vermehrt Zweitmalignome im Magen-Darm-Trakt und in der Leber auftreten, bleibt fraglich. Von Bedeutung ist dabei nicht nur die Behandlungsdauer, sondern auch die Dosis, die in früheren Adjuvansstudien meist höher lag als die heute gebräuchlichen 20 mg täglich. Retinopathien scheinen kein ernsthaftes Problem zu sein. Dagegen ist klar, daß Tamoxifen eine sehr günstige Wirkung auf Knochen- und Fettstoffwechsel hat and damit die nichtkrebsbedingte Motalität senkt. Die Behauptung von Love [14] “toxicities for all and benefits to a few” ist nicht gerechtfertigt. Nach übereinstimmender Ansicht der meisten Autoren überwiegen die beabsichtigtengünstigen Effekte, in erster Linie natürlich die Verhinderung der Entstehung eines Mammakarzinoms, aber auch die Verhinderung der Osteoporose und möliche Lebensverlängerung durch güstige Beeinflussung des Fettstoffwechsels, dieungünstigen Nebenwirkungen v. a. die Induktion früh erkennbarer und meist heilbarer Endometriumkarzinome sowie die üblichen Nebenwirkungen der Therapie, die kaum je Anlaß zum Abbruch der Tamoxifenbehandlung waren, bei weitem. Entscheidend ist dabei die Auswahl der Probandinnen: Je höher das Brustkrebsrisiko — desto mehr Nebenwirkungen können in Kauf genommen werden. Dies betrifft besonders die prämenopausalen Frauen, während in der Postmenopause der zu erwartende Gewinn die kalkulierbaren Risiken zweifellos überwiegt. Der offenen Information der Kandidatinnen für eine Chemoprophylaxe mit Tamoxifen kommt daher große Bedeutung zu. Es besteht unseres Erachtens kein Anlaß, die laufenden Studien zu ändern oder gar abzubrechen. Aber erst wenn these Studien ausgewertet werden, d. h. erst in einigen Jahren, werden wir wissen, ob wir dem angestrebten hohen Ziel tatsächlich näher gekommen sind.
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Jungi, W.F. Ergebnisse laufender präventionsstudien. Arch Gynecol Obstet 256 (Suppl 1), S116–S121 (1995). https://doi.org/10.1007/BF02201945
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