Zusammenfassung
Unter Zugrundelegung von 1137 Untersuchungen, die sich auf 426 Untersuchungen an 51 Müttern, 645 Untersuchungen des Nasen-Rachenraumes bei 52 Neugeborenen, sowie auf 66 Untersuchungen der Mundhöhle bei 12 Krankenschwestern und Pflegerinnen einer Wochenstation beziehen, wurde der Versuch unternommen, die Zusammensetzung der Nasen-Rachenflora der Neugeborenen von der Geburt bis zum Tage der Entlassung aus der Klinik unter Berücksichtigung der Mundhöhlenflora der Mütter und des Pflegepersonals festzustellen. Es sollte ferner die Herkunft der aus den oberen Atmungswegen neugeborener Kinder zu züchtenden Mikroorganismen festgestellt werden, insbesondere der Influenzabacillen und Pneumokokken.
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1.
Die oberen Atmungswege neugeborener Kinder sind bei der Geburt und wenige Stunden nach der Geburt als steril anzusehen.
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2.
Die Entstehung der kindlichen Mundflora ist — entgegen den in der bisher veröffentlichen Literatur niedergelegten Ansichten — nicht in erster Linie von der mütterlichen Vaginalflora, von der Keimbesiedlung der mütterlichen Brust und dem Bakteriengehalt der Hände des Pflegepersonals abhängig, sondern von der Mundhöhlenflora der Umgebung des Kindes.
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3.
Während der ersten Tage findet man mit großer Regelmäßigkeit im Nasen-Rachenraum aller Neugeborenen eine “banale” Flora, die aus Mundstreptokokken, Micrococcus catarrhalis, Staphylococcus albus besteht und zu der man im allgemeinen noch Colibakterien, saprophytische Vertreter der Gruppe der Corynebakterien und fusiforme Stäbchen rechnen kann.
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4.
Zunächst beherrschen die Gram-positiven Kokken das Bild, zu denen sich dann in den folgenden Tagen relativ häufig Gram-positive Stäbchenarten (Vaginalstäbchen und verwandte Mikroorganismen) gesellen. Unter den Gram-positiven Kokken treten zuerst Mikrokokken und Staphylokokken auf; Diplokokken (Mundstreptokokken) folgen meistens erst am 2. und 3. Tage.
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5.
Bei entsprechender Technik findet manPneumokokken und Influenzabacillenin den oberen Atmungswegen neugeborener Kinder relativ häufig. Sie treten durchschnittlich um den 2. bis 3. Tag nach der Geburt auf. Ihre Häufigkeit ist abhängig von dem zahlenmäßigen Vorkommen dieser Keime in der nächsten Umgebung, besonders in der Mundhöhle der Mutter.
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6.
Die Beziehungen zwischen Pneumokokken der Mundflora bei Mutter und Kind konnten — unter Berücksichtigung der Verhältnisse bei künstlich und natürlich ernährten Neugeborenen —eindeutig unter Heranziehung der serologischen Typendifferenzierung der Pneumokokken nachgewiesen werden.
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7.
Auf die praktischen Folgerungen, die sich aus den Ergebnissen der geschilderten Untersuchungen zwangsläufig ableiten, wird hingewiesen (s. Abschnitt 7).
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Studien über das Pneumonieproblem vonM. Gundel: VI. Mitteilung. Vgl. 1.M. Gundel u.H. Linden, Die Bedeutung des Tierversuches für die bakteriologische Diagnose der Influenza und Pneumonie. Klin. Wschr.1930, 1402 bis 1405. — 2.M. Gundel u.H. Linden, Über die Verbreitungsweise der menschlichen Pneumokokkeninfektionen. Z. Hyg.112, 1–39 (1931). — 3.M. Gundel, Zur Frage einer Behandlung der Pneumonie crouposa mit Rekonvaleszentenserum. Klin. Wschr.1931, 728–730. — 4.M. Gundel u.Ch. Wasu, Die Bedeutung der Virulenz des Erregers für die Pathogenese menschlicher Pneumokokkenerkrankungen. Z. Hyg.112, 436–462 (1931). — 5.M. Gundel u.H. Linden, Bakteriologische Untersuchungen an Leichenlungen unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für das Pneumonieproblem. Z. Hyg.112, 623–645 (1931).
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Gundel, M., Schwarz, F.K.T. Studien über die Bakterienflora der oberen Atmungswege Neugeborener (im Vergleich mit der Mundhöhlenflora der Mutter und des Pflegepersonals) unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für das Pneumonieproblem. Zeitschr. f. Hygiene. 113, 411–436 (1932). https://doi.org/10.1007/BF02177968
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