Das Verhältnis zwischen tuberkulöser Primärinfektion und progressiver Lungentuberkulose

Zusammenfassung

Die reine Primärtuberkulose im erwachsenen Alter ist wie die im Schulater in den meisten Fällen ungefährlich. Schon im ersten Jahr nach der Primärinfektion kann jedoch auf die latente oder manifeste Primärtuberkulose eine progressive, destruktive, tertiäre, postprimäre Lungentuberkulose folgen. Es liegen keine Untersuchungen vor, welche mit Sicherheit beweisen, daß sich progressive Lungentuberkulose in auffallend höherem Grade bei denen entwickelt, die als Erwachsene primärinfiziert worden sind, als bei denen, bei welchen die Primärinfektion im Kindesalter eingetreten ist. Zur Klärung dieser Frage dürften —am besten wiederholte—Tuberkulinuntersuchungen der ganzen Bevölkerung erforderlich sein. Die meisten Untersuchungen an Krankenpflegepersonal deuten ebenso wie diese darauf hin, daß die bei der Anstellung Tuberkulinnegativen größere Gefahr laufen, an destruktiver Tuberkulose zu erkranken, als die Tuberkulinpositiven. Diese destruktive Reinfektionstuberkulose scheint vor allem in den ersten 2 Jahren nach der manifesten oder latenten Primärtuberkulose aufzutreten. Diese Erfahrungen an Krankenpflegepersonal lassen sich indes nicht mit Sicherheit auf die Durchschnittsbevölkerung übertragen. Ob Phthise sich bei einem tuberkulös infizierten Individuum entwickeln wird, scheint jedoch nicht so sehr darauf zu beruhen, wann die Primärinfektion eingetreten ist, als vielmehr zu einem Teil auf der Infektionsfrequenz und vor allem auf der angeborenen und erworbenen unspezifischen Resistenz des Individuums.