Zusammenfassung
Der Raum für die bei Anlage eines ein- wie doppelseitigen Pneumothorax eingefüllte Luft wird durch Kollaps der Lunge und Vergrößerung des Thoraxinnenraumes geschaffen. Die Vergrößerung des Thoraxinnenraumes kommt auch beim einseitigen Pneumothorax durch beiderseitige Erweiterung des Brustkorbes und Tiefertreten beider Zwerchfellhälften zustande. Entsprechend wird auch beim einseitigen Pneumothorax die Amplitude der Atembewegungen der Brustwand beiderseits kleiner. Der Lungenkollaps, der bei der Anlage des ersten Pneumothorax eintritt, wird durch die Anlage des zweiten Pneumothorax nicht mehr verstärkt. Beim zweiten Pneumothorax tritt im Gegensatz zum ersten Pneumothorax allein eine Erweiterung des Brustkorbes ein.
Auch beim einseitigen Pneumothorax beteiligt sich die kollabierte Lunge an der Atmung. Die Vitalkapazität als Ausdruck der Atmungsreserven nimmt beim einseitigen Pneumothorax weniger, als der Menge der eingefüllten Luft entspricht ab, während ihre Verringerung beim doppelten Pneumothorax das Maß der eingefüllten Luft bei weitem überschreitet. Die respiratorische Mittellage ist beim Pneumothorax nicht geeignet zur Beurteilung der Atmungsbedingungen, da beim Pneumothorax Lungenvolumen und Thoraxstellung sich nicht mehr entsprechen. So wird in der Regel beobachtet, daß trotz Abnahme von Residual-und Reserveluft der Thorax in erhöhter Inspirationsstellung steht.
Vorstehende Ergebnisse sind nur durch die Annahme erklärbar, daß nicht physikalische Gesetze allein zu ihrer Deutung herangezogen werden können, sondern die mechanische Wirkung eines Pneumothorax reflektorisch eine Umstellung der Atmung bedingt.
Der ein- wie doppelseitige Pneumothorax beeinflußt das Schlag- und Minutenvolumen des Herzens nicht. Der Pneumothorax hat keinen Einfluß auf den Venendruck, abgesehen von einseitigen Venendrucksteigerungen, die mit lokalen Einflüssen des Pneumothorax auf die großen Venen in Zusammenhang gebracht werden. Die Sauerstoffsättigung des Blutes ist beim einseitigen Pneumothorax normal, während sie beim doppelseitigen Pneumothorax gering herabgesetzt ist. Bei gegen die Norm veränderter Durchblutung und Durchlüftung der gesamten Lunge muß beim einseitigen Pneumothorax eine Mehrdurchblutung und Mehrdurchlüftung der nicht kollabierten Seite mit Minderdurchblutung und Minderdurchlüftung der kollabierten Seite vorhanden sein. Beim Doppelpneumothorax ist eine geringere Durchlüftung der peripheren stärker kollabierten Lungenpartien jeder Seite im Verhältnis zu den mehr durchlüfteten weniger kollabierten zentralen anzunehmen. Da die Sauerstoffsättigung im Blut bei ihm gegen die Norm vermindert ist, kann die der Durchlüftung entsprechende Umstellung der Durchblutung nicht eingetreten sein.
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Reichel, H. Atmung und Kreislauf beim künstlichen Pneumothorax. Beiträge zur Klinik der Tuberkulose 87, 647–679 (1936). https://doi.org/10.1007/BF02141384
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