Zusammenfassung
Veranlaßt durch die Zunahme der Tuberkulose in ganz Deutschland wurde bei etwa 1000 nicht eigens ausgesuchten Freiburger Kindern (Krankengut der Ambulanz der Freiburger Kinderklinik) im Alter von 1–10 Jahren eine Prüfung der Tuberkulinempfindlichkeit durchgeführt und das Ergebnis mit dem von 1000 Kindern gleicher Art aus der Zeit von dem Kriege verglichen. Dabei wurde folgendes festgestellt:
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1.
Die Tuberkulosedurchseuchung, geprüft mit der diagnostischen Tuberkulinsalle nachMoro, hat im Kleinkindesalter bis zu 4 Jahren gegenüber der Vorkriegszeit erheblich zugenommen (durchschnittlich um das Dreifache!).
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2.
Vom 5. Lebensjahr ab sinkt die Zahl der Moro-positiven Kinder ab und erreicht selbst bei 7–10jährigen nicht mehr dieselbe Höhe wie bei 4jährigen (also „scheinbar” geringere Durchseuchung der älteren Kleinkinder und jüngeren Schulkinder).
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3.
Bei Prüfung mit der Intracutanprobe nachMendel-Mantoux (1/10 mg) steigt dagegen die Durchseuchungszahl stetig und steil an, bis auf Werte von 45% bei 7–10jährigen.
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4.
Die ab 5. Lebensjahr stark herabgesetzte Reaktionsfähigkeit der Haut bei percutaner Tuberkulinprüfung wird auf die Unterernährung zurückgeführt.
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5.
Bei klinisch-röntgenologischer Untersuchung der Moro-negativen und Mendel-Mantoux-positiven Kinder, werden in einem unverhältnismäßig hohen Prozentsatz aktive Tuberkulosen festgestellt (etwa 6% Heilstättenbedürftige und 15% überwachungsbedürftige Kinder).
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6.
Es ergibt sich daher die Forderung, bei Tuberkuloseverdacht außer der percutanen Tuberkulinprobegrundsätzlich auch eine Intracutanprobe bis mindestens 1/10 mg durchzuführen und bei positivem Ausfall eine röntgenologische, wenn möglich auch klinisch-bakteriologische Untersuchung anzuschließen.
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7.
Auf strengste Kritik bei der Indikationsstellung zur Heilstätenbehandlung wird aus Gründen der beschränkten Aufnahmefähigkeit der Heilstätten kurz hingewiesen.
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Winkler, R. Über die derzeitige Tuberkuloseinfektion des Kindes und die Erschwerung ihres Nachweises. Beiträge zur Klinik der Tuberkulose 101, 585–594 (1949). https://doi.org/10.1007/BF02139389
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