Zusammenfassung
Die für den beiderseitigen Vestibularisausfall typischen und vonDandy als Jumbling visual of objects bezeichnete Scheinbewegung fester Sehobjekte während der Kopfbewegung kommen auch bei einseitigen Vestibularisstörungen vor, solange noch keine Angleichung der funktionstüchtigen Seite an die ausgefallene im Sinne einer vestibulären Untererregbarkeit stattgefunden hat. Regelmäßiger findet sich das Dandysche Symptom noch in larvierter Form und läßt sich mittels eines Schüttelversuches provozieren, wobei der Kopf in der Waagerechten schnell hin und her geschüttelt wird. Solche Patienten empfinden beim Gehen, wobei sich der Kopf auf und ab bewegt, vertikale Scheinbewegungen fester Objekte, oft besonders stark ausgeprägt bei erleuchteten Objekten in der Dunkelheit. Neben solchen Scheinbewegungen werden außerdem Bewegungsunschärfen empfunden, wofür sich einfache optisch-physiologische Erklärungen abgeben lassen. Vestibulär bedingte Scheinbewegungen der Sehdinge kommen dadurch zustande, daß der Funktionsuntüchtige die Objekte nicht fixieren kann, weil die Augen die Bewegungen des Kopfes im Gehen oder bei sonstigen Abweichungen des Körpers aus der Ruhelage mitmachen. Auch bei einseitigem Vestibularisausfall kann eine Ausrichtung der Sehachsen auf das zu fixierende Objekt nicht mehr stattfinden, so daß die Abbildungen auf der Netzhaut wandern und Scheinbewegungen empfunden werden. Die sonst unbewußte Ausrichtung der Sehachsen auf das Objekt während einer Kopfbewegung wie beim Gehen oder bei Drehungen innerhalb kleiner Winkelgrößen ist eine Funktion des Vestibularapparates, die ihre Erklärung in der langsamen Phase des Drehnystagmus findet. Photographische Aufnahmen nach dem gleichen Prinzip gemacht, wie Scheinbewegungen und Bewegungsunschärfen zustande kommen, sollen eine Vorstellung von diesen nur subjektiv faßbaren und für den Funktionstüchtigen schwer vorstellbaren Störungen der visuellen Wahrnehmung vermitteln.
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Jatho, K. Über die Bedeutung des Dandyschen Symptoms bei einseitigem Verlust der Vestibularisfunktion. Archiv f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilkunde 172, 543–552 (1958). https://doi.org/10.1007/BF02104938
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