Über kolloidchemische Veränderungen bei der Ermüdung des Warmblütermuskels

Zusammenfassung

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen sind kurz folgende:

• 1. In der zerkleinerten Muskulatur von Kaninchen, die durch Strychninkrämpfe ermüdet worden waren, ist die Fähigkeit, anorganische Phosphorsäure und Kohlehydrat zu Hexosephosphorsäure aufzubauen, meistens in erheblichem Maße abgeschwächt. Es wurde festgestellt, daß diese Herabsetzung der Synthesefähigkeit oft erst nach dem Tode erfolgt und zwar im engen Zusammenhang mit dem Eintritt der Totenstarre. Aus einer Reihe von Versuchen konnte jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, daß bei genügend starker Ermüdung schon während des Lebens auch beim Kaninchen diejenigen physikalisch-chemischen Änderungen im Zustand des Muskels eintreten, welche die Abschwächung der Synthesefähigkeit der zerkleinerten Muskulatur bedingen. Es kann also auch an der Kaninchenmuskulatur ähnlich wie nach früheren Untersuchungen des hiesigen Institutes an der des Frosches schon während des Lebens als Teil-erscheinung der Ermüdung eine Verminderung der Synthesefähigkeit cintreten.

• 2. Es wird nachgewiesen, daß die Herabsetzung der Synthesefähigkeit weder als unmittelbare Folge des hohen Phosphorsäuregehaltes, noch als Folge der Glykogenverarmung des ermüdeten Muskels aufgefaßt werden kann.

• 3. Es zeigt sich, daß in jenen Fällen, in denen schon eine intravitale Herabminderung der Synthesefähigkeit eingetreten ist, ein weiteres Fortschreiten dieser Herabminderung während der ersten 30 Minuten nach dem Tode nicht oder kaum beobachtet wird, auch dann, wenn während dieser Zeit der Muskel in Totenstarre übergeht. Hierin unterscheiden sich die Versuche mit „intravitaler“ Verminderung der Synthesefähigkeit von jenen, in denen diese Verminderung crst während des Aufbewahrens der Muskulatur einsetzt.