Zusammenfassung
Nach viertägiger Behandlung noch in den Samen befindlicher, undifferenzierter Embryonen vonEranthis hiemalis mit Phenylborsäure (600–1200 ppm) treten bei 70–80% der Sämlinge charakteristische Anomalien auf: Chorikotylie, Anisokotylie aller Grade, Monokotylie und Akotylie.
Entwicklungsgeschichte und Anatomie der monokotylen Morphosen zeigen eindeutig, daß am Embryo-Apex nur einer der beiden Kotyledonarpole zu einem einfachen Primordium auswächst, während der gegenüberliegende Bereich anlagefrei bleibt. Keinerlei Anzeichen weisen auf eine Kotyledo-Verwachsung hin.
Die anisokotylen Formen bilden eine lückenlose Übergangsreihe von chorikotylen Exemplaren mit fast gleich starken Keimblättern bis zu extremer Rudimentierung des einen Kotyledos. Sie gleichen insofern normalenEranthis-Sämlingen, als die Sproßspitze beim Auskeimen lediglich aus einer Gruppe weniger großkerniger Zellen besteht, während bei den mono- und akotylen Exemplaren, korrelativ zum Kotyledo-Verlust, eine verfrühte Plumula ausgebildet wird.
Da sich der geschilderte Effekt als selektive Hemmung eines engbegrenzten und sicher sehr frühen Entwicklungsstadiums der Kotyledo-Anlagen erklären läßt, kann aus dem hohen Prozentsatz an monokotylen Anomalien geschlossen werden, daß diese besonders hemmungssensiblen Entwicklungsprozesse nicht für beide Kotyledonen gleichzeitig ablaufen.
Folgerungen für das Verständnis der Einkeimblättrigkeit als Art-Merkmal gewisser Dikotylen-Arten werden diskutiert.
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Haccius, B. Experimentell induzierte Einkeimblättrigkeit beiEranthis hiemalis . Planta 54, 482–497 (1960). https://doi.org/10.1007/BF01990005
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