Literatur
Die Nachteile dieses Vorgehens hat schon Albrecht von Graefe klar Er sagt in seinen „Aphorismen über Tenotomie“ (1864): beim Lähmungsschielen vermag die Tenotomie des Antagonisten einerseits die Wirkung des paretischen Muskels nur wenig oder gar nicht zu erhöhen, so daß die Diplopie in dem bezüglichen Teil des Blickfeldes bestehen bleibt, andererseits kann infolge der postoperativen Insuffizienz des Antagonisten auch in dessen Wirkungsbereich, wo bisher binokular einfach gesehen wurde, Diplopie auftreten. Rationeller als die „äquilibrierende“ Tenotomie des Antagonisten wäre nach A. von Graefe die „kompensatorische“ Tenotomie des dem paretischen assoziierten Muskels am gesunden Auge, also des linken Medialis bei Parese des rechten Lateralis, da bei gleichmäßiger Schwächung eines assoziierten Muskelpaares keine Diplopie bestehen kann. Da aber auch gegen dieses Verfahren Bedenken zu erheben sind — es disponiert zur schiefen Kopfhaltung und Insuffizienz der Konvergenz —, gab A. von Graefe doch der Tenotomie des Antagonisten bei nicht zu hochgradiger Lähmung den Vorzug und riet, falls danach störende Diplopie verblieb, auch noch beide Seitenwender des gesunden Auges zu tenotomieren, ein Verfahren, das „als ein etwas kompliziertes er sich nicht erkühnen würde, anders als aus Erfahrungsgründen zu empfehlen“. Übrigens erklärte er ausdrücklich die Vorlagerung des paretischen Muskels bei erheblicher Lähmung für angezeigt.
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Graefe, Alfr., Indikation bei operativer Behandlung der paralytischen Deviationen eines Auges. v. Graefes Arch. f. Ophthalmol.33, 3. 1887.
Landolt, Les operations sur les muscles moteurs verticaux des yeux. Arch. d'ophth. Nov. 1912.
Näheres bei F. B. Hofmann u. A. Bielschowsky, Die Verwertung der Kopfneigung zur Diagnostik von Augenmuskellähmungen aus der Heber- und Senkergruppe. v. Graefes Arch. f. Ophthalmol.101, 174. 1900.
Näheres siehe Bielschowsky, Die Motilitätsstörungen der Augen. Handb. v. Graefe-Saemisch Lieferg. 111. S. 58. § 75ff.
Zur Aufdeckung der latenten Ablenkung reicht bei sehr kräftigem, lange Zeit ununterbrochen wirkenden Fusionszwang erfahrungsgemäß die vorübergehende Aufhebung des B.S. durch farbige Differenzierung oder dgl. nicht aus. Eine Erschlaffung der Ausgleichsinnervation (s. Anmerkung. S. 675) wäre zwar durch Beeinflussung des Fusionszwanges in einem die antagonistische Innervation anregenden Sinne (mittels Doppelprisma) herbeizuführen gewesen, ist aber von mir absichtlich unterlassen worden.
Näheres siehe Bielschowsky, Über einseitige bzw. nichtassoziierte Innervation der Augenmuskeln. Arch. f. d. ges. Physiol.136. 1910.
Sachs, M., Isolierte Lähmung des Obl. inf. dext. behandelt mittels Tenotomie des Rect. sup. sin. Deutschmanns Beitr. z. Augenheilk. Heft 14. 1894.
Bielschowsky, Über doppelseitige Trochlearislähmung und ihre Behandlung. Ber. über die 41. Vers. der ophthalmol. Ges. in Heidelberg 1918.
Bielschowsky und Ludwig, Das Wesen und die Bedeutung latenter Gleichgewichtsstörungen usw. v. Graefes Arch. f. Ophthalmol.62, 409ff. 1906.
Apparat zur Untersuchung der Augenstellung beim Nahesehen (25 cm) unter Ausschließung des Fusionszwanges. (Siehe Bielschowsky, Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. XLIX 1911. S. 772.)
Bielschowsky, Die Verwendung des Doppelprisma in der augenärztlichen Praxis. Zeitschr. f. ophthalmol. Optik1, Heft 5/6. 1913.
Arch. f. Augenheilk.69. 1911.
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Bielschowsky, A. Beitrag zur operativen Behandlung der Vertikalablenkungen der Augen. Graefes Arhiv fær Ophthalmologie 105, 656–687 (1921). https://doi.org/10.1007/BF01927304
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