Vergleichend Cytologische Untersuchungen an den Ruhe- und Arbeitskernen Verschiedener Pflanzlicher Gewebe

Zusammenfassung

• 1. Es wurde die Struktur der Ruhe- und Arbeitskerne verschiedener Gewebe einigerSolanaceen mit partiell heterochromatischen Chromosomen untersucht. Dabei ließ sich eine enge Beziehung zwischen dem Grad der Differenzierung einer Zelle und der Struktur ihres Kerns nachweisen. Chromocentren treten nur in den Ruhekernen noch teilungsbereiter Zellen auf. Sie werden mit zunehmender Differenzierung der Zellen mehr und mehr aufgelockert und sind in den Arbeitskernen voll ausdifferenzierter Zellen nicht mehr nachweisbar.

• 2. In den 8- bis 16ploiden Kernen voll differenzierter Tapetenzellen sind mehrwertige Sammelchromocentren vorhanden, bei denen die für die anderen Gewebearten charakteristische Auflockerung unterbleibt. Sie unterbleibt außerdem in den Kernen der Wurzelhaube und bei den stark heterochromatischen Satelliten der Nucleolenchromosomen der Kerne aller Gewebe.

• 3. Die Kerne vonSolanum lycopersicum undPhysalis philadelphica verhalten sich bezüglich der Auflockerung ihrer Chromocentren gleichartig, obgleich sich die Pachytänchromosomen dieser beiden Objekte in der Ausdehnung ihrer heterochromatischen Zonen stark unterscheiden. Der Vorgang verläuft also unabhängig vom Anteil des Heterochromatins am Gesamtchromosom.

• 4. Die Auflockerung wird als lokale Entspiralisierung der heterochromatischen Chromosomensegmente gedeutet. Das Charakteristikum der Arbeitskerne differenzierter Gewebe liegt gegenüber den Ruhekernen meristematischer Gewebe offenbar darin, daß nicht nur die euchromatischen, sondern auch die heterochromatischen Regionen in einer vollständig aufgelockerten, entspiralisierten Form vorliegen.

• 5. Die Auflockerung läuft mit Ausnahme des Tapetums und der Kalyptra in allen untersuchten Gewebearten gleichförmig ab. Sie steht offenbar nicht in Beziehung zu spezifischen, funktionsbedingten Differenzierungsvorgängen bestimmter Gewebe.