Zusammenfassung
Auf Grund experimenteller Untersuchungen erwies sichLeucobryum glaucum Schpr. als heterothallisch=echt haplo-diözisch, d. h. jede Spore vermag nur einen eingeschlechtigen Gametophyten hervorzubringen.
Es liegt ferner beiL. glaucum Geschlechtsdimorphismus vor, der in der Gestaltung der ♂ und ♀ Stämmchen klar hervortritt. Die antheridientragenden Stämmchen bleiben, wenn beide „Geschlechtspartner” unter den gleichen Vegetationsbedingungen gehalten werden, hinter den ♀ Stämmchen an Größe mehr oder weniger zurück.
Während die archegontragenden Stämmchen in den Kulturen annähernd gleich kräftig entwickelt sind, ist das bei den ♂ Stämmchen nicht der Fall.
Während am Anfang verhältnismäßig große „Männchen” in den Kulturen entstehen, bleiben die später hinzukommenden ♂ Stämmchen hinter den zuerst gebildeten an Größe zurück und zuletzt entwickeln sich am ♂ Protonema nur winzige, bisweilen nur noch 1/2 mm große ♂ Stämmchen: die Zwergmännchen. Die Zahl der Antheridien kann bei den Zwergmännchen sogar bis auf 1 reduziert werden.
Es wurde ferner geprüft, ob sich der Sexualdimorphismus beiLeucobryum glaucum nur auf die verschiedene Ausbildung der ♂ und ♀ Stämmchen erstreckt, oder ob auch die übrigen Abschnitte der Gametophyten: Sporen, Protonemata, morphologische Unterschiede aufweisen. Wie umfangreiche, unter besonderen Vorsichtsmaßregeln durchgeführte Sporenmessungen zeigten, scheint Heterosporie im Sinne von Größenunterschieden nicht wahrscheinlich zu sein. Zur Klärung der Frage der Heterosporie diözischer Moose wurden im Anschluß an die Untersuchungen vonLeucobryum glaucum noch von einigen anderen diözischen Moosen Sporengrößenkurven aufgestellt: vonPogonatum aloides P. B.,Barbula unguiculata Hedw. undSplachnum pedunculatum (Huds) Lindb. Alle Sporengrößenkurven waren eingipfelig. Wenn man auch aus der Eingipfeligkeit dieser Kurven, selbst bei geringer Streuung derselben, nicht den endgültigen Beweis für das Fehlen der Heterosporie bei diesen Moosen erbringen kann, so kann man doch mit einiger Sicherheit annehmen, daß Heterosporie im Sinne von Sexualdimorphismus nicht wahrscheinlich ist.
Ob sich sekundäre Geschlechtsmerkmale auch an primären und sekundären ♂ und ♀ Protonemata finden lassen, muß noch geprüft werden.
Literaturverzeichnis
Arnell, H. W.: De Skandinaviska Löfmossornas Kalendarium. Uppsala Univ. Arsskr.1875, 1–129.
Blakeslee, A. F.: Differentiation of sex in thallus gametophyte and sporophyte. Bot. Gaz.42, 161–178 (1906).
Bornhagen, H.: Geschlechterverteilung und Geschlechtsdimorphismus beiSplachnum ampullaceum L. undSplachnum sphaericum (L. f.) Swartz. Beih. Bot. Zbl. I46, 407–434 (1930).
Brown, M. M.: The development of the gametophyte and the distribution of sexual characters inFunaria hygrometrica (L.) Schreb. Amer. J. Bot.6, 387–400 (1919).
Bruch, Ph., W. Ph. Schimper u.Th. Gümbel:Bryologia europaea seu generaMuscorum europaeorum, Bd. 1–6. Stuttgart 1836–1851.
Cardot, J.: Recherches anatomiques sur les Leucobryacées. Mém. Soc. nat. Cherbourg1900, 1–272.
Collins, E. J.: Sex Segregation in theBryophyta. J. Genet.8, 139–146 (1919).
Correns, C.: Untersuchungen über die Vermehrung der Laubmoose durch Brutorgane und Stecklinge. Jena 1899.
: Die geschlechtliche Tendenz der Keimzellen gemischtgeschlechtlicher Pflanzen. Z. Bot.12, 49–60 (1920).
Dixon, H. N.: The studeent's handbook of British Mosses. 3 ed. London 1924.
Fleischer, M.: Die Musci der Flora von Buitenzorg, Bd. 2. Leiden 1902–1904.
: Über die Entwicklung von Zwergmännchen aus sexuell differenzierten Sporen bei den Laubmoosen. Ber. dtsch. bot. Ges.38, 84–92 (1920).
Gerstner, P. J. J.: Vergleichende Studien über Laubmoosgeschlechterstände. Hedwigia (Dresden)65, 109–146 (1925).
Goebel, K.: Archegoniatenstudien 10. Flora (Jena)96, 1–202 (1906).
Organographie der Pflanzen, II, 1, Bryophyten. 3. Aufl. Jena 1930.
Greguss, P.: Die Sporenverschiedenheit der Musci. Bot. Arch.12, 473–480 (1925).
Grimme, A.: Über die Blütezeit deutscher Laubmoose und die Entwicklungsdauer ihrer Sporogone. Hedwigia (Dresden)42, 1–75 (1903).
Heitz, E.: Das Heterochromatin der Moose I. Jb. Bot.69, 762–818 (1928).
Janzen, P.: Die Blüten der Laubmoose. Ein Beitrag zur Kenntnis ihrer äußeren und inneren Gestaltung. Hedwigia (Dresden)62, 162 bis 281 (1921).
Klebs, G.: Über den Einfluß des Lichtes auf die Fortpflanzung der Gewächse. Biol. Zbl.13, 641–656 (1893).
Klingraeff, H. v.: Die Leber- und Laubmoose West- und Ostpreußens. Danzig 1983.
Kniep, H.: Geschlechterverteilung bei den Pflanzen. Tabulae Biologicae, Suppl.1 (Bd. 5), Botanik, 115 bis 171 (1929).
Ljubitzkaja, L.: Recherches sur les formes duLeucobryum glaucum (L.) Schrp. Bull. Jard. imp. bot. Pierre le Grand14, 351–419 (1915).
Lorch, W.: Die Polytrichaceen. Eine biologische Monographie. Abh. bayer. Akad. Wiss. Kl. II23, 447–546 (1908).
Marchal, Él. etÉm.: Recherches expérimentales sur la sexualité des spores chez les mousses dioïques. Mém. roy. Acad. Belg., II. s. 1, 1–50 (1906).
Aposporie et sexualité chez les mousses I–III. Bull. Sci. Acad. Belg.1907, 765 bis 789;1909, 1249–1288;1911, 750–778.
Milde, J.: Andeutungen von Dimorphismus bei den Laubmoosen. Bot. Ztg23, 388 (1865).
Ruhland, W.: Musci. Allgemeiner Teil. Die natürlichen Pflanzenfamilien, herausgeg. von A. Engler, Bd. 10, 1. Hälfte. S. 1–100, 2. Aufl. 1924.
Schratz, E.: Beobachtungen anPogonatum nanum (Schreb.) P. B. andPog. aloides (Hedw.) P. B. Planta (Berl.)6, 192–215 (1928).
Schweizer, J.: Polyploidie und Geschlechterverteilung beiSplachnum sphaericum (Linn. Fil.) Swartz. Flora (Jena), N. F.16, 1–72 (1923).
Sierp, H.: Über die Beziehungen zwischen Individuengröße, Organgröße und Zellengröße mit besonderer Berücksichtigung des erblichen Zwergwuchses. Diss. Münster 1913.
Verdoorn, Fr.: Manual of Bryology. The Hague 1932.
Warnstorf, C.: Laubmoose. Kryptogamenflora der Mark Brandenburg, Bd. 2. 1906.
Wettstein, Fr. v.: Genetische Untersuchungen an Moosen (Musci und Hepaticae). Bibliogr. genetica1, 1 bis 38 (1925).
: Morphologie und Physiologie des Formwechsels der Moose auf genetischer Grundlage I. Z. Abstammgslehre33, 1–236 (1924).
: Morphologie und Physiologie des Formwechsels der Moose auf genetischer Grundlage II. Bibliotheca genetica10, 1–216 (1925).
Woesler, A.: Entwicklungsgeschichtliche und cytologische Untersuchungen an den Vorkeimen einiger Laubmoose, sowie einige Beobachtungen über die Entwicklung ihrer Stämmchen. Beitr. Biol. Pflanz.21, 59 bis 116 (1933).
Additional information
Mit 5 Textabbildungen (10 Einzelbildern).
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Woesler, A. Zur Zwergmännchenfrage bei Leucobryum Glaucum SCHPR. I. Planta 24, 1–13 (1935). https://doi.org/10.1007/BF01908970
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF01908970