Zusammenfassung
Innerhalb einer umfangreichen Versuchsreihe über stumpfe Gewalteinwirkung auf das Zentralnervensystem am Kaninchen werden an einzelnen Tieren physikalisch-chemische und pathologisch-anatomische Paralleluntersuchungen vorgenommen. Es wird dabei am Gehirngewebe, getrennt nach Rinde und Mark, die Neutralisationsfähigkeit 2 bzw. 5 Min. nach dem durch Fallgewicht parietal gesetzten Schlag im wundfernen Gebiet elektrometrisch gemessen.
Es wird festgestellt, daß mit der Dauer der Zeit die Neutralisations-fähigkeit gegenüber zusätzlicher Säurebelastung deutlich abnimmt und gegenüber zusätzlicher Alkalibelastung fast in gleichem Maße zunimmt. Unterschiede zwischen Mark und Rinde finden sich dabei nicht.
Mit diesen Befunden wird erstmalig quantitativ bewiesen, daß es zur Anreicherung von sauren Stoffwechselendprodukten in unmittelbarem Anschluß an die Kontusion auch in herdfernen und tieferen Hirnabschnitten kommt. Die anatomisch-pathologischen Untersuchungen zeigen in der gleichen Zeiteinheit das Auftreten seröser Ergüsse in denVirchow-Robinschen Räumen, sowie im späteren Verlauf die für Ödem typischen Veränderungen des Grundgewebes und Volumenvermehrung der betreffenden Hirnabschnitte.
Aus der Verbindung beider Versuchsrichtungen wird in dem fast schlagartig erfolgenden Serumaustritt aus den Gefäßen auch in der weiteren Umgebung des Kontusionsherdes die Ursache für den mangelnden Abtransport der sauren Stoffwechselendprodukte gesehen.
Frühzeitige Säureanreicherung und Flüssigkeitsvermehrung im Gewebe werden als charakteristische Symptome für das Hirnödem (nach stumpfer Gewalteinwirkung) angesehen und eine scharfe Abtrennung vom Begriff derReichardtschen Hirnschwellung gefordert.
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Peters, G., Selbach, H. Über die Neutralisationsfähigkeit des Hirngewebes und ihre Beziehung zu den histopathologischen Veränderungen nach experimentellen Hirnkontusionen. Archiv f. Psychiatrie 116, 531–552 (1943). https://doi.org/10.1007/BF01873678
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