Zusammenfassung
Am spontan atmenden Ganztier (Hund) wurden der Druck in der Art. femoralis, die Durchblutung der Lungenarterie und-vene, das Pneumotachogramm und der Luftverbrauch fortlaufend registriert und durch Gasanalysen der Atemluft, des arteriellen und venösen Blutes, des Zellvolumens, der Erythrocytenzahl und des Hämoglobingehaltes der Einfluß verschiedener Narkosemittel (Evipan, Morphium, Äther) und der Vagosympathikusreizung auf den Gasaustausch in der Lunge untersucht. Als Ursache der Anoxämie bei der tiefen Narkose wird, nachdem Änderungen in der Sauerstoffspannung in den Alveolen und physikalisch-chemische Umstellungen des Blutes bereits von früheren Untersuchern abgelehnt werden konnten, eine Erschwerung des Sauerstofftransportes aus der Alveolarluft nach dem Blute angenommen. Die Ursache dieser Störung kann in einer direkten anatomischen Schädigung oder in einer nervös bedingten Funktionsminderung des Alveolarepithels bzw. der Lungenkapillaren gelegen sein. Die Reizung des Vagosympathikus mit elektrischen Strömen, die lediglich eine mäßige Blutstauung der Lunge ohne Änderungen der Hämadynamik des großen Kreislaufes und der Atemmechanik erzeugt, bewirkt regelmäßig eine Erhöhung der O2-Sättigung des arteriellen Blutes. Wir beziehen diese Abnahme des O2-Defizits in erster Linie auf die durch die Lungenstaunug eintretende Vergrößerung der Atemoberfläche. Als weitere Faktoren, die bei der Vagosympathikusreizung die O2-Aufnahme erleichtern können, kommen die günstige Wirkung der Stauungshyperämie auf das durch die Narkose geschädigte Alveolarepithel, sowie eine direkte nervöse Beeinflussung des O2-Austausches zwischen Alveolarluft und Blut auf dem Wege über den Lungensympathikus in Frage. Ein direkter Einfluß des Vagosympathikusreizes auf die Diffusionsfähigkeit der peripheren Kapillaren kann aus unseren Befunden nicht eindeutig geschlossen werden. Wir sehen daher in der häufig eintretenden Besserung der Sauerstoffausnützung mehr den Ausdruck einer durch die Steigerung des arteriellen O2-Niveaus gebesserten Stoffwechselökomonie.
Auf die praktische Bedeutung dieser Beobachtung für die Beurteilung und Behandlung von Lungen- und Kreislauferkrankungen wird kurz hingewiesen.
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Becker, H., Hochrein, M. & Matthes, K. Über den Einfluß der Vagosympathikusreizung auf den Gasaustausch in der Lunge. Archiv f. experiment. Pathol. u. Pharmakol 173, 466–478 (1933). https://doi.org/10.1007/BF01860918
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