Zusammenfassung
Es konnte gezeigt werden, daßLeber, Senftleben undW. Löhlein von falschen Voraussetzungen ausgingen, als sie geschädigte Hornhäute für tot hielten. Die Widerstandskraft der Cornea übertrifft alles in der Biologie bisher bekannte, denn sie erträgt — schwer geschädigt natürlich — Hitzeanwendungen von 170 und 175° C und stirbt erst oberhalb dieser Temperaturen völlig ab. Es sei weiteren Arbeiten vorausgegriffen, daß auch bei anderen menschlichen und tierischen Geweben ähnliche Verhältnisse festgestellt wurden.
In eine tote implantierte Hornhaut wandern niemals Leukocyten ein; ebensowenig in leicht oder schwer geschädigte und in normale Hornhäute. Das Bindegewebe hat polyblastische Eigenschaften und reagiert auf nutritive Reize mit Chromatinvermehrung. Normalerweise führt diese zur Rundzellenbildung; wenn das Gewebe aber geschädigt ist, können abortive Chromatinformen auftreten, wie das vor allem an mit Zinksulfat vorbehandelten implantierten Hornhäuten deutlich wird, wo ganze Faserbündel direkt in Chromatin übergingen, ohne daß daneben Rundzellen beobachtet wurden.
Damit ist aber erwiesen, daß die Implantation normaler, leicht und schwer geschädigter Gewebe eine aussichtsreiche Methode für die Zell-und Krebsforschung ist, weil sie erlaubt,in reiner Form die Reaktionen jedes unserer Gewebe gegen einfache, wiederholte und kombinierte Schädlichkeiten aller Art zu studieren und die bisher völlig unbekannte Widerstandsfähigkeit unserer Zellen und Gewebe zu prüfen, wie das erstmalig an der Cornea hier ausgeführt wurde. Das Carrelverfahren, das solche Prüfungen nicht zuläßt, findet dadurch eine glückliche Ergänzung.
Literaturverzeichnis
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Busse Grawitz, Paul: Virchows Arch.268, H. 1, 237. (Leider einige Druckfehler.)
Schmelzer: Mir war nur ein Referat dieser Arbeit zugänglich; Zbl. Ophthalm.39, H. 1, 29.
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Grawitz, P.B. Wann ist eine Hornhaut tot?. Graefes Arhiv für Ophthalmologie 141, 59–71 (1939). https://doi.org/10.1007/BF01854062
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF01854062