Zusammenfassung
1. Nach einer in der Einleitung dieser Arbeit zusammengestellten Übersicht über die Entwicklung der Akkommodationstheorien, die vonH. v. Helmholtz bisv. Pflugk mechanistische sind und physikalische Anschauungen, wie Zug- und Druckwirkung also bevorzugen, wird im I. Teil ein Überblick über die neueren und neuesten Ergebnisse der Entwicklungsgeschichte, der Topographie, Morphologie, Physiologie, Chemie und Polarisationsmikroskopie der Linse gegeben.
2. Nach Beschreibung der Methodik werden die nun folgenden experimentellen Ergebnisse besprochen.
a) Acetylcholin und Histamin, körpereigene, parasympathicusreizende Wirkstoffe synthetischer Herstellung, sind imstande, in der Linsenrinde am Linsenäquator deponiert, Kontraktions- und Erschlaffungsvorgänge im Tonus der Linsenfaserzellen auszulösen. Die Linsenfaserzellen sind demnach keine Protoplasmaschläuche oder elastische Fasern, sondern contractile Elemente, ähnlich wie glatte Muskelfasern an anderen Organen.
b) Wieweit die Konvergenzeinstellung und die konsensuell gekoppelte Pupillenverengerung an der Akkommodation beteiligt sind, mußte experimentell außer acht gelassen werden.
c) Ob Iris, Ciliarmuskel, Glaskörper und Kammerwasser bei der Akkommodation eine Rolle spielen und unter Umständen welche, ist zwar durch die experimentellen Versuche nur wenig geklärt, läßt sich aber schon weitgehend vermuten und wird Gegenstand neuer Untersuchungen sein.
3. Die Ergebnisse der angestellten Versuche schaffen eine neue Grundlage für eine biologische Erklärung, und bestätigen die Ansicht vonW. Krauß, daß die lebenden Linsenfasern in weitem Maße an dem Akkommodationsvorgang beteiligt sind.
4. An Stelle der bisherigen mechanistischen Vorstellungen tritt die biologische vonKrauß, die dabei auf die Tätigkeit der ⌈ebenden Zelle“ zurückgreift.
5. Die bei der Tätigkeit der Linsenfaserzellen freiwerdende Energie wirkt sich aus am elastischen Kern und der elastischen Kapsel der Linse.
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Gilleßen, P. Experimentelle Untersuchungen zur Frage der Kontraktilität der Linsenfasern. Graefes Arhiv für Ophthalmologie 138, 598–619 (1938). https://doi.org/10.1007/BF01853149
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