Zusammenfassung
Aconitin in starker Konzentration bewirkt sowohl bei direkter wie indirekter Einwirkung auf den motorischen Nerven erst Erregung, dann Lähmung. Die Erregungserscheinungen treten entweder spontan (nach Eintauchen des Nerven bzw. des Muskels in die Giftlösung) oder (noch ausgeprägter) im Anschluß an elektrische Reize auf und dauern in der Regel nur kurze Zeit. Sie bestehen in Flimmerzuckungen, Herabsetzung der Reizschwelle und in dem Auftreten von träge verlaufenden sekundären Muskelzuckungen. Schwächere Aconitinlösungen lösen entweder gar keine oder nur geringe Erregungserscheinungen aus, führen aber nach längerer Zeit zur Lähmung des motorischen Nerven und erheblich später auch zur Lähmung der Muskelsubstanz. Die Tatsache, daß die erwähnten Kontraktionsabnormitäten nach vorhergehender Curarinisierung wegbleiben, spricht dafür, daß durch Aconitin eine Alteration des nervösen Erregungsvorganges bewirkt wird, die erst sekundär zu abnormen Zusammenziehungen der kontraktilen Substanz des Muskels führt. Da die maximale Wirkung des Aconitins in der Aufhebung des Leitungsvermögens der motorischen Nervenfasern besteht, so läßt sich natürlich über eine eventuelle gleichzeitige Wirkung auf die Nervenendapparate im Muskel nichts aussagen. Die Grenzkonzentration der toxischen Wirksamkeit liegt für den Nerven etwa bei 1∶2 bis 4 Millionen, für den Muskel etwa bei 1∶2 bis 4 Hunderttausend. Da jedoch Aconitin (ganz abgesehen von der Wirkung auf das Atemzentrum) das Herz (insbesondere den Ventrikel) ungleich rascher lähmt als den motorischen Nerven, so wird intra vitam eine vollkommene Lähmung des letzteren, wenn überhaupt, nur ausnahmsweise zustande kommen, noch weniger eine Lähmung der Muskelsubstanz.
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c x t=Produkt des Prozentgehaltes der Giftlösung und der mittleren Wirkungszeit bis zum Eintritt der totalen Lähmung.
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Die eingeklammerten Zahlen bedeuten den Zeitpunkt des Eintritts des Minimums (in Minuten seit der Giftzufuhr).
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 63. S. 220 (1910).
Vgl. vorausgehende Mitteilung S. 17.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 51. S. 312 (1904).
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Mit 2 Kurven.
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Hartung, C. Die Wirkung des kristallisierten Aconitin auf den motorischen Nerv und auf den Skelettmuskel des Kaltblüters. Archiv f. experiment. Pathol. u. Pharmakol 66, 58–70 (1911). https://doi.org/10.1007/BF01841004
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF01841004