Experimentelle Untersuchungen über die allergische Natur und den primären Angriffspunkt der Überempfindlichkeit bei der Prurigo simplex acuta (Strophulus)

Zusammenfassung

Bei einem 12jähr. Knaben, der klinisch eine Prurigo simplex acutaBrocq aufweist, wird experimentell als Ursache des Juckreizes und der Knötchenbildung der Genuß von gewissen Fleischsorten sowie von Eiern festgestellt. Ausschaltung dieser Allergene oder aber Zuführung der spezifischen Peptone verhindert das Auftreten des Krankheitsbildes. Die Idiosynkrasie ist im vorliegenden Falle eine polyvalente, da auch die verschiedensten Säuren und Alkalien, per os genommen, Pruritus und Knötchenbildung hervorrufen. Rindfleischextrakt und rohes Hühnereiweiß erzeugen auch epicutan deutlichen Juckreiz. Die passive Übertragung der Überempfindlichkeit gegen Rindfleischeiweiß gelingt weder nachPrausnitz-Küstner nochKönigstein-Urbach.

Auf experimentellem Wege wird weiters zu beweisen gesucht, daß bei den allergisch bedingten Prurigofällen eine primäre Irritation der sensiblen Nerven nicht in Frage kommt, daß vielmehr die Noxe an den Gefäßzellen bzw. am vasomotorischen Apparat der Gefäße angreift. Entsprechend dieser Anschauung werden der Juckreiz und Knötchenbildung bei der Prurigo als koordinierte Symptome aufgefaßt, hervorgerufen durch physikalisch-chemische Störungen im Gewebe bei allergischer Reaktion der Hautgefäße. Das rasche Auftreten des Juckreizes bei epicutaner Auflage des Idiosynkrasiogens wird neben der raschen Resorption auf das Vorhandensein eines Axonreflexes im Sinne vonBruce zurückgeführt, d. h. der die Haut treffende zentripetale Impuls geht nicht zu dem entsprechenden Spinalganglion, sondern nimmt nach kurzem Verlauf in der afferenten Nervenfaser seinen Weg peripherwärts (antidrom) in derselben Faser zur Wand der allergischen Blutgefäße der Haut.