Zusammenfassung
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1.
Es wurde gezeigt, daß ganz allgemein dem Pruritus eine bedeutungsvolle Stellung in der Semiotik zukommt. Denn er ist offenbar keine Krankheit sui generis, sondern weist regelmäßig auf andere krankhafte Zustände des Körpers oder der Psyche hin.
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2.
Fall 19 mahnt nachdrücklich, bei allen in Betracht kommenden Fällen von Pruritus auch auf maligne Tumoren hin zu untersuchen. Wäre in unserem Fall dies geschehen, so hätte der Tumor vielleicht noch im operablen Stadium entdeckt werden können.
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3.
Nach unseren Fällen hat es den Anschein, daß Urinretention bei indolenten Patienten früher am Pruritus wie an den Miktionsbeschwerden als Erkrankung empfunden werden kann.
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4.
Praktisch empfiehlt es sich, bei Pruritus in Anamnese und Untersuchung sorgfältig nach einem festen Schema vorzugehen, welches alle bekannten Möglichkeiten der prurigenen Ursachen berücksichtigt, da man schon wegen der Indolenz der Patienten sonst leicht vermeidbare Mißerfolge hat.
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5.
Verschiedenen kasuistischen Fällen der Literatur konnten analoge Fälle zur Seite gestellt werden.
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6.
Die Einsicht in den psychologischen Mechanismus der Juckempfindung zeigt, daß bei jeder Pruritus-Therapie (wir haben besonders gute Erfahrungen mit Höhensonnenbestrahlungen gemacht) auch dassuggestive Moment stark betont werden muß, ebenso wie bei der Behandlung des Ohrensausens bei oder nach Tubenverschluß (vgl. Fall 14).
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7.
Die biologische Bedeutung und Zweckmäßigkeit des Pruritus für die Regulation der Hautdurchblutung wurde geschildert.
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8.
Die große Wichtigkeit der CO2-Spannung im Gewebe für dessen normalen Erregungszustand (Meyer-Gottlieb S. 448) wurde durch die Tatsache illustriert, daß sich von 20 organischen Pruritus-Fällen 19 als dyspnoisch bedingt erklären ließen, während alle anderen prurigenen Ursachen viel seltener gefunden wurden.
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Cohen, G. Pruritus als dyspnoisches Symptom mit Bemerkungen über prurigene Summation. Arch. f. Dermat. 148, 32–41 (1924). https://doi.org/10.1007/BF01827495
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