Über ein akutes Ausschaltungssyndrom beider Stirnlappen in Höhe der prämotorischen Rindenfelder und frontalen Augenbewegungszentren

Zusammenfassung

Eine Schußverletzung im hinteren Teil der mittleren Frontalwindung beiderseits mit Schädigung der angrenzenden Rindengebiete und der Marksubstanz sowie der medialen Rindenfläche entsprechend der Verbindungslinie der beiderseitigen Verletzungsstellen führt zu einem Symptomenkomplex, welcher als Folge der akuten Ausschaltung der Rindenfelder 6 a und 8 (Brodmann-Vogt) sowie der rostral von diesen gelegenen Stirnhirngebieten aufzufassen ist. Als charakteristische Zeichen der akuten Ausschaltung der frontalen Rindenfelder werden beobachtet: 1. völliger Ausfall jeden Antriebes sowohl für spontane als auch für reaktive Handlungen, 2. die Tendenz zum kataleptischen Verharren und sonstigen Befehlsautomatismen und 3. die Steigerung der sog: Medianreflexe. Symptome der Schädigung des Feldes 6a (oder seiner absteigenden Faserung) sind: 1. Zwangsgreifen, 2. Steigerung desMayerschen Grundgelenkreflexes und desLérischen Zeichens. Zwischen diesen Erscheinungen und den Stützreaktionen bestehen hinsichtlich ihrer topographischen Bedingtheit enge Beziehungen. Eine gleichzeitige, erheblichere Schädigung des Pyramidensystems löscht die Katalepsiebereitschaft, das Zwangsgreifen, denMayerschen undLérischen Reflex, sowie die Stützreaktionen auf der gelähmten bzw. paretischen Seite aus. Für die hirnpathologische Erklärung der frontalen Symptome (im engeren Sinne) sind tierexperimentelle Beobachtungen von Bedeutung, nach welchen die isolierte beiderseitige Abtragung vom Feld 8 bei Affen zu einem Ausfallssyndrom führt, welches im wesentlichen den Folgen einer frontalen Lobektomie bis auf die Felder 4 und 6 gleichkommt.