Zusammenfassung
In Sachen Funktionalanalyse befaßte man sich in der allgemeinen Wissenschaftstheorie anfänglich überwiegend mit der Logik funktionaler Erklärungen. Diese bedarf einer Ergänzung durch eine Semantik der Funktionalanalyse. Nach einer einleitenden Erörterung einiger Schwachpunkte und Grenzen der klassischen Literatur zur Logik der Funktionalanalyse wird eine Wortfeldanalyse von ‘Funktion’ und ‘System’ sowie eine phänomenologische Beschreibung der Wirkungsweise von Motiven angeboten. Im Unterschied zu Zielen, die man nur Entitäten zuschreibt, die als selbständig angesehen werden, spricht man (in nichtmetaphorischer Weise) Funktionen nur Entitäten zu, die als nichtselbständig angesehen werden, die jedoch mit ihrer Funktion bezogen sind auf eine solche zielorientierte selbständige Entität.
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Dieser Aufsatz ist ein Teil einer mehrgliedrigen Studie unter dem TitelTeleologie — Teleonomie: Zur Methode funktionaler Analysen. Nach einem provisorischen Entwurf des Status quaestionis (Holenstein 1978) und „phänomenologischen“ Studien zum Thema Plurifunktionalität insbesondere im Bereich der Sprache und der Architektur (Holenstein 1979 und 1980) folgt nun zusammen mit einer Kritik der „Logik der Funktionalanalyse“ eine dringend notwendige „terminologische“ Studie. Als nächstes ist eine Studie zum innovatorischen Funktionspotential von Redundanz undnoise in natürlichen Systemen geplant. Die traditionelle Funktionalanalyse ist zu sehr an statischen Aspekten (Homöostasie) orientiert. Mit dem Phänomen der Plurifunktionalität gelingt es, dynamische Aspekte von natürlichen Systemen (Evolution, Kreativität) wenigstens teilweise verständlich zu machen.
Die eigentliche Crux des phänomenologisch-semantischen Approach zum ThemaTeleologie sind die Kategorien derInformation und desProgramms, auf die man bei teleonomischen Prozessen rekurriert. Eine Information wirkt, wenigstens in prototypischen Fällen, im Unterschied zu einer klassischen ‘Wirkursache’ ähnlich wie (nach der Analyse in diesem Aufsatz) ein Motiv, nämlich selektiv/diskret, nicht additiv/kontinuierlich. Ein Programm unterscheidet sich von ordinären Antecedensbedingungen durch seine Abhängigkeit von einem Ziel. Die Übergänge zwischen Informationen und ‘Wirkursachen’ und zwischen Programmen und ‘gewöhnlichen Antecedensbedingungen’ scheinen unscharf zu sein, was nicht ausschließt, daß ihre prototypischen Realisationen sich kategorial voneinander unterscheiden.
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Holenstein, E. Zur Semantik der Funktionalanalyse. Zeitschrift für Allgemeine Wissenschaftstheorie 14, 292–319 (1983). https://doi.org/10.1007/BF01801651
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